Die südafrikanische 800-Meter-Weltmeisterin Caster Semenya muss sich auf Veranlassung des Weltverbandes IAAF einem Geschlechtstest unterziehen. Zweifel, ob die 18-Jährige eine Frau ist, waren wegen ihrer männlichen Erscheinung aufgetreten.

Berlin. Die Ergebnisse der genetischen Untersuchung sollen innerhalb einer Woche vorliegen. Caster Semenya war vor drei Wochen aus dem Nichts kommend mit einer Zeit von 1:56,72 Minuten Weltjahresbestzeit gelaufen. Gestern Abend gewann sie den Endlauf in neuer Weltjahresbestzeit von 1:55,45 Minuten vor Titelverteidigerin Janeth Jepkosgei aus Kenia (1:57,90) und Jennifer Meadows aus Großbritannien (1:57,93).

"Wir haben keine Beweise, um ihr einen Start nicht zu erlauben", sagte IAAF-Sprecher Nick Davies. "Wir warten auf das Ergebnis der Untersuchung. Es wäre falsch gewesen, sie im Finale nicht laufen zu lassen." Der südafrikanische Leichtathletik-Verband ließ mitteilen, dass es keinen Grund für den Verdacht gebe, dass Semenya ein Mann sei.

"Wir haben den Aspekt der Diskriminierung zu beachten", sagte IAAF-Councilmitglied Prof. Helmut Digel (Tübingen). "Es stehen aber bei Jugend- und Junioren-Weltmeisterschaften Vermutungen im Raum, dass Manipulationen in dieser Richtung staatlicherseits begünstigt werden." Dies passiere besonders in Entwicklungsländern. Digel betonte aber: "Wir müssen uns an die Regeln halten und auch den Athleten schützen. Deshalb ist der Test angeordnet worden."

Geschlechtstests sind bei den Olympischen Spielen 1968 eingeführt worden, nachdem eine Reihe von osteuropäischen Athleten in Verdacht geraten waren. Vor den Sommerspielen 2000 in Sydney wurde die sogenannte Gender verification jedoch wieder abgeschafft. Sie ist seitdem nur noch in strittigen Fällen vorgesehen. In einigen Sportverbänden gibt es diese Tests noch.

In der Sportgeschichte gab es wiederholt Fälle, bei denen diese Tests belegten, dass Männer unwissentlich als Frauen an den Start gingen. Die als Polin geborene US-Amerikanerin Stella Walsh etwa holte über 100 Meter 1932 in Los Angeles Gold und vier Jahre später in Berlin Silber. Als sie 1980 bei einem Überfall erschossen wurde, stellte sich heraus, dass Walsh männliche Geschlechtsorgane hatte.

Bei den Asienspielen 2006 in Doha (Katar) musste die indische Leichtathletin Santhi Soundarajan ihre 800-Meter-Silbermedaille wieder abgeben, nachdem bei einem Geschlechtstest herausgekommen war, dass sie von der Chromosomen-Konstellation her männlich ist.

In der Regel weisen Frauen zwei X-Chromosomen (XX) in ihren Zellen auf, Männer ein X- und ein Y-Chromosom (XY). Manche mit einem Y-Chromosom geborenen Menschen entwickeln alle körperlich charakteristischen Merkmale einer Frau - ausgenommen die internen Sexual-Organe.