Michael Stich, Wimbledon-Sieger von 1991 und Turnierchef, verteidigt die Eintrittspreise und kritisiert seinen Doppelpartner Zverev.

Abendblatt: Herr Stich, am Rothenbaum hat sich nichts geändert. Ob wie früher Mitte Mai oder jetzt Ende Juli - es regnet. Verhagelt das Wetter Ihre Bilanz?

Michael Stich: Nein. Wir sind sehr zufrieden mit dem bisherigen Turnierverlauf. Als am Dienstag und Mittwoch die Sonne schien, haben wir gesehen, dass die Veranstaltung von den Hamburgern und den Menschen aus dem Umland angenommen wird. Wir haben Weltklassetennis gesehen, auch wenn die ganz großen Namen fehlen. Das Feedback, das wir erhalten, ist durchweg positiv.

Abendblatt: Was gefällt den Leuten besonders?

Stich: Die Stimmung auf der Anlage. Die Angebote für Erwachsene und Kinder sowie der Service haben sich verbessert, wird uns immer wieder berichtet. Es herrsche eine angenehme, entspannte Atmosphäre, die zum Verweilen einlade. Genau das wollten wir erreichen.

Abendblatt: Wir haben wiederholt die Kritik vernommen, die Eintrittspreise seien gegenüber 2008, als noch fast die gesamte Weltelite in Hamburg zu einem Masters-Turnier aufschlug, nur moderat gesenkt worden. Da sei es kein Wunder, dass in den ersten vier Turniertagen insgesamt nur 25 000 Zuschauer kamen.

Stich: Die Besucherzahl entspricht unseren Erwartungen. Wir bieten weiter Weltklassetennis. 15 oder 25 Euro am Tag sind dafür ein faires Angebot. Wir werden trotzdem über die Preisgestaltung nachdenken, vielleicht im nächsten Jahr ein Familienticket einführen oder eine Dauerkarte von Montag bis zum Donnerstag.

Abendblatt: Am Rothenbaum wird also auch 2010 gespielt?

Stich: Davon gehe ich fest aus. Wir haben einen Dreijahresvertrag mit dem Deutschen Tennisbund geschlossen, den gedenken wir zu erfüllen. Wir rechnen weiter damit, dass das Turnier erstmals seit acht Jahren keinen Verlust machen wird. Wir werden eine schwarze Null schreiben. Das war unter den schwierigen Rahmenbedingungen und dem Termin zu Beginn der Hamburger Schulferien nicht unbedingt zu erwarten.

Abendblatt: In diesem Jahr trat mit dem Franzosen Gilles Simon nur ein Spieler aus der Top Ten der Weltrangliste am Rothenbaum an. Müssen Sie im nächsten Jahr nicht doch Antrittsgelder für Stars zahlen?

Stich: Wenn wir das Geld dafür haben, bleibt das natürlich eine Option. Aber es wäre unverantwortlich gegenüber den Tennisfans, den Sponsoren und der Stadt, wenn wir wieder einen Verlust von einer halben Million Euro machen und die Veranstaltung deshalb in Zukunft nicht mehr stattfinden kann. Aber noch einmal: Das Tennis, das in diesen Tagen hier geboten wird, hat absolutes Weltklasseniveau. Und: Acht der 20 weltbesten Spieler hatten gemeldet. Dass drei von ihnen wegen Verletzungen kurzfristig absagen mussten, hat es am Rothenbaum immer gegeben.

Abendblatt: Großes Tennis mag den Liebhabern genügen, die breite Masse fordert große Namen.

Stich: Die hätte ich auch gern. Aber die Situation ist, wie sie ist. Die Spieler müssen im Jahr bei vier Turnieren der Rothenbaum-Kategorie antreten. Antrittsprämien wie in Dubai oder Rotterdam können wir nicht zahlen. Ein Roger Federer oder ein Rafael Nadal kosten einige Hunderttausend Euro.

Abendblatt: Die deutschen Spieler haben die Chancen, die sich ihnen in diesem Teilnehmerfeld boten, auch nicht konsequent genutzt. Enttäuscht Sie das?

Stich: Da gilt es zu differenzieren. Ein Daniel Brands hat sich hervorragend verkauft. Gegen einen Paul-Henri Mathieu darf er ausscheiden. Philipp Kohlschreiber hat gekämpft, aber leider nicht sein bestes Tennis gespielt. Für das Turnier wäre ein Sieg von ihm natürlich schöner gewesen, aber auch so wird den Besuchern in den nächsten Tagen Tennis auf allerhöchstem Niveau geboten. Nicht so gut hat mir der Auftritt von Mischa Zverev gegen Simon Greul am Mittwoch gefallen. Das war vor allem im dritten Satz zu wenig, da muss Mischa bei seinem Heimatturnier ein wenig mehr Gas geben. Als Lokalmatador hätte er dem Turnier einen speziellen Akzent geben können. Das ist schade für die Veranstaltung, aber besonders schade für ihn.

Abendblatt: Sie haben mit Zverev Doppel gespielt. Können Sie ihm nicht ein paar Tipps geben?

Stich: Ich weiß leider zu wenig von seiner Trainingsarbeit, als dass ich ihm Ratschläge erteilen könnte. Mischa hat das nötige Potenzial, weit nach oben zu kommen, aber er hat dafür auch nicht beliebig viel Zeit.