Was der einzige Hamburger im Feld mit dem Traditionsturnier verbindet - und welche Ziele er sich gesetzt hat.

Hamburg. An den letzten Sieg eines deutschen Profis am Hamburger Rothenbaum hat Mischa Zverev keine Erinnerungen. 1993, als der heutige Turnierdirektor Michael Stich triumphierte, war Zverev fünf Jahre alt. Wenn heute der Spielbetrieb bei den International German Open aufgenommen wird, hat der inzwischen 21-Jährige jedoch ein klares Ziel vor Augen. Er, der einzige Hamburger im 48-köpfigen Hauptfeld, möchte Stichs Nachfolger werden. Davon träumt der gebürtige Moskauer, der als Vierjähriger mit seinen Eltern nach Hamburg kam und später Mitglied des Uhlenhorster HC wurde, seit er 1995 zum ersten Mal als Zuschauer an der Hallerstraße dabei war.

"Ich habe seit 1995 kein Turnier verpasst", sagt er rückblickend. "Ich erinnere mich besonders an den Sieg von Gustavo Kuerten im Jahr 2000 gegen Marat Safin, an die wenig berauschenden Auftritte der US-Stars Andre Agassi und Pete Sampras, die immer früh ausschieden, und auch an einige Spiele des Damenturniers, das es bis 2002 hier gab", sagt er. "Allerdings war mir das Zuschauen etwas langweilig. Ich wusste schon von meinem ersten Besuch an, was mein Ziel war: einmal selbst am Rothenbaum mitspielen zu dürfen!"

Als dieser Traum im Jahr 2005 Wirklichkeit wurde, war Zverev überrascht darüber, wie aufgeregt er war. "Ich kannte alles, wusste, wie das Turnier funktioniert, und trotzdem war ich total nervös", erinnert er sich. Drei Jahre in Folge kam er über die Qualifikation nicht hinaus. Im vergangenen Mai, als am Rothenbaum zuletzt ein Mastersturnier ausgetragen wurde, scheiterte er in Runde eins am Kroaten Ivo Karlovic. "Ich habe also noch viel Luft nach oben", sagt er.

Dass die Herrentennis-Organisation ATP dem Rothenbaum in diesem Jahr den Mastersstatus aberkannte, stört den Weltranglisten-45. nicht. "Hamburg bleibt immer mein persönliches Masters", sagt er. Alle Spieler, die Informationen über das Turnier in seiner Heimat wünschen, bekommen von ihm dieselbe Antwort: "Hamburg ist wunderschön und immer eine Reise wert." Auf sein Heimspiel freut er sich vor allem auch deshalb, weil er seinen gesamten Freundeskreis einladen kann. Zudem entfällt in dieser Woche das bisweilen lästige Hotelleben. Zverev wohnt im Haus der Familie in Lemsahl. Die Eltern Alexander und Irina, beide frühere russische Topspieler, sind voraussichtlich mit Bruder Sascha (12), für den sie ebenso als Trainer fungieren wie für Mischa, auf Reisen. Betreut wird der Daviscupspieler, der vor Wochenfrist in Spanien sein Debüt feierte, von seinem Physiotherapeuten Ludger Jung.

Zverev, der am Sonnabend im Viertelfinale des ATP-Turniers in Stuttgart ausschied und gestern für den Rochusclub Düsseldorf im Bundesligamatch in Aachen aufschlug, wird heute erstmals auf die Anlage kommen. Sein Auftaktmatch im Einzel wurde auf Mittwoch terminiert, seinen Gegner ermitteln heute der Reutlinger Simon Greul und Janko Tipsarevic aus Serbien. Im Doppel erwartet ihn an der Seite seines Idols Stich morgen gegen die hoch eingeschätzten Simon Aspelin/Paul Hanley (Schweden/Australien) eine harte Aufgabe.

Auf einen Favoriten für den Turniersieg kann sich der 190 cm große Linkshänder nicht festlegen. "Hamburg ist immer für eine Überraschung gut", sagt er. Zverev, so viel ist klar, wird alles dafür tun, dass die Überraschung am Ende seinen Namen trägt.