Es ist kein Geheimnis, dass interne Duelle im Hamburger Profiboxstall Universum bei Sportlern und Trainern verhasst sind. Der Grund ist klar: Für den Verlierer heißt es häufig, gerade in Zeiten knapper Finanzen, Abschied nehmen.

Hamburg. Am Sonnabend (22.30 Uhr, ZDF live), wenn am Vorabend des Formel-1-Rennens auf dem Nürburgring die neue Ring-Arena mit einem Boxevent der Spitzenklasse eingeweiht wird, steht mit der Mittelgewichts-WM zwischen WBA-Champion Felix Sturm (30, Leverkusen) und seinem Pflichtherausforderer Koren Gevor (30, Hamburg) das nächste Aufeinandertreffen zweier Universum-Sportler an. Und die Stimmung ist hoch explosiv, weil Gevor schwere Vorwürfe gegen seinen Arbeitgeber erhoben hat.

"Ich habe schon lange das Gefühl, dass man mich loswerden will", schimpfte der Europameister in einem Gespräch mit dem Abendblatt. Seine Befürchtung: "Selbst wenn ich Felix klar ausboxe, glaube ich nicht, dass ich den Punktsieg bekommen würde. Ich muss ihn schon ausknocken, um zu gewinnen." Das ZDF habe Sturm ihm immer vorgezogen und viel Geld in sein Zugpferd investiert. Deshalb werde Sturm intern protegiert und bevorteilt. "Ich hatte immer das Gefühl, dass man nicht an mich glaubt. Dabei mache ich gute Kämpfe, die vom Publikum gut angenommen werden", sagt er. Als Antwort auf seine Frage an das Universum-Management, warum das ZDF nicht auf ihn setze, habe man ihm mitgeteilt, er sei kein Deutscher und deshalb nicht interessant.

Gevor fühlt sich zudem von Universum unterbezahlt und benachteiligt. "Für meinen letzten Kampf, als ich mir in Helsinki den EM-Titel geholt habe, habe ich 50 000 Euro bekommen. Davon geht fast die Hälfte für Managerprovisionen und Trainergehalt weg. Vom Rest leben meine Frau, die drei Kinder und ich seit acht Monaten", sagt er. Nur deshalb habe er dem Duell mit Sturm zugestimmt. "Es war der lukrativste Kampf, den ich kriegen konnte. Ich muss Geld verdienen, um für die Familie sorgen zu können." Dem Vernehmen nach kassiert Gevor die persönliche Rekordbörse von 175 000 Euro. Die Angebote, die ihm Universum für eine EM-Titelverteidigung gemacht habe, seien schlecht gewesen. "Ich sollte für 50 000 Euro, also das gleiche Geld, was ich in Deutschland bekommen hätte, in England kämpfen. Mit dem Risiko, dort betrogen zu werden. Das wollte ich nicht", sagt er.

Bei Universum-Chef Klaus-Peter Kohl haben die Vorwürfe großes Befremden ausgelöst. "Wenn wir ihn loswerden wollten, hätten wir das schon lange machen können. Das Gegenteil ist aber der Fall", sagt der 65-Jährige. So habe man Gevor schon Ende 2002 nach dessen beiden Niederlagen gegen den Tschechen Lukas Konecny weiter unterstützt. Tatsächlich wurde Gevor nach der Gründung von Universum-Tochter Spotlight in deren Eurosport-Sendekonzept eingebunden, durfte mehrfach als TV-Kämpfer antreten. Im August 2007 verschaffte Universum dem gebürtigen Armenier eine WM-Chance gegen IBF-Weltmeister Arthur Abraham, die er in Runde elf durch einen brutalen Knockout vergab. "Selbst danach haben wir Koren nicht fallen lassen, sondern ihm eine EM-Chance geboten. Jetzt bekommt er die zweite WM-Chance. Da kann von Loswerden keine Rede sein", sagt Kohl.

Während Gevor der Meinung ist, er habe sich seine Chancen durch eigene Leistung verdient, verweist Universum auf das aus der freien Wirtschaft bekannte Zusammenspiel aus Angebot und Nachfrage. "Koren hat oft auf ZDF-Veranstaltungen geboxt, aber es gab immer zwei, drei Kämpfer, die interessanter waren als er. Die Nachfrage nach ihm ist leider gering", so Kohl weiter, "und dass das ZDF ihn nicht zeigt, weil er kein Deutscher ist, hat nie jemand von uns behauptet."

Eins steht fest: Durch seine Aussagen hat Gevor sein Ansehen bei Universum und ZDF nicht gerade verbessert. Wenn er am Sonnabend verliert, kann ihm das egal sein. Wenn er gewinnt, stehen spannende Gespräche ins Haus.