Die beiden am strengsten abgeschirmten Bereiche der Derbybahn sind die Jockeystuben im Waagegebäude - eine für die Männer, die andere für Amazonen. Zutritt in die Herzkammer des Turfsports haben nur die Reiter und, in wenigen Ausnahmen, direkt an den Rennen Beteiligte.

Hamburg. Hier ziehen sich die Aktiven um, bemühen sich um Konzentration vor dem nächsten Start oder verfolgen die gerade laufenden Rennen vor den Monitoren. Wer noch auf die Schnelle etwas Gewicht verlieren muss, besucht die Sauna nebenan. Eine halbe Stunde bringt etwa 600 bis 700 Gramm. Gute Seele der Räume ist Karl-Heinz Hoffmann aus Köln: Der frühere Jockey kümmert sich seit 19 Jahren um die Sportler.

Zwei uniformierte Ordner vor der Tür schützen die Tabuzone. Exklusiv für das Abendblatt ermöglicht Berufsreiter Andreas Helfenbein (41) Einblick hinter die Kulissen des Turfs. Der gebürtige Frankfurter ist Stalljockey bei Mario Hofer in Köln, gilt als einer der Besten seiner Zunft und gewann bisher mehr als 1300 Rennen. Rennbahn-Motto: "Willst du an der Kasse sein, setz' dein Geld auf Helfenbein!" Im Derby fällt die Umsetzung nicht leicht: Mit Marlow sattelt er einen Außenseiter. Dem Abendblatt erklärt Helfenbein, was in der Kabine alles zu sehen ist.

1 bis 3: Rennsättel wiegen zwischen 250 Gramm und einem Mehrfachen davon - inklusive Steigbügel und Gurt. Die Wahl hängt davon ab, wie viel Kilogramm ein Vollblüter tragen darf. Deshalb hat der Jockey mehrere Sättel zur Auswahl. Im Schnitt kostet ein Rennsattel aus Vollleder 300 Euro.

4: Strumpfhosen werden benutzt, um besser in die Stiefel gleiten zu können - und wieder heraus. Zwischen den Starts kommt es manchmal auf Sekunden an.

5: Seitdem Karbon-Schutzwesten vorgeschrieben sind, geht die Zahl der Querschnittslähmungen zurück. Sie wiegen 700 Gramm und verteilen bei Stürzen die Stöße auf Wirbelsäule und Brustkorb auf eine breitere Fläche.

6: Der Sattelgurt aus Gummi dient der Befestigung und Stabilisierung des Sattels.

7: Reithosen, Bluse sowie Kappe, einstmals aus Seide hergestellt, sind meist aus Kunststoff - in den Farben des Besitzers oder Stalles. Das ist pflegeleichter und windschlüpfriger. Sie werden von Rennen zu Rennen gewechselt.

8: Helfenbein besitzt drei verschiedene Paar Reitstiefel. Heute sind sie meist aus Kunststoff, nur noch selten aus Leder. Sie wiegen nur 400 Gramm, kosten aber bis zu tausend Euro. Die Stars lassen sie nach Maß anfertigen.

9: Die Satteldecke (mit Ledertaschen) wird mit Bleiplättchen bestückt - je nachdem, wie viel Gewicht das Pferd tragen soll.

10: Der Einsatz der Peitsche (aus Fiberglas mit Leder ummantelt) ist in der Rennordnung genau festgelegt. Die Pferde dürfen im Endkampf mit der Peitsche berührt, aber nicht geschlagen werden. Auf dem Rennfilm ist eine genaue Überprüfung möglich. Missbrauch wird bestraft.

11: Die Rennbrille schützt vor kleinen Steinchen und Splittern, die während des Rennens von den Hufen der Vollblüter aufgewirbelt werden.

12: Vier kleine Manschetten aus Gummi sind zur Befestigung der Reitkleidung an Armen und Beinen da. Die große garantiert den Sitz der Seidenkappe über dem Schutzhelm aus Kohlefaser (beide schräg rechts über den Manschetten).

13: Die Handschuhe aus leichtem Textil mit Noppen an den Innenflächen sorgen für Halt an den Zügeln.

14: Stutzen (Gamaschen) sind eher Aspekt der Mode als von großem Nutzen.

15: Die Schaumgummidecke verhindert Satteldruck und das Verrutschen des Sattels.