Am vergangenen Sonnabend hat Ina Menzer wieder einmal gespürt, wie sich ihr Stellenwert geändert hat.

Hamburg - Die 28 Jahre alte Federgewichts-Weltmeisterin aus dem Hamburger Profiboxstall Universum wurde gebeten, für das Zweite Deutsche Fernsehen den WM-Kampf ihres Stallkollegen Felix Sturm anzumoderieren. "Da sind mir die Knie schon ein wenig weich geworden", gibt sie zu, "vor Millionen Zuschauern frei zu reden, das ist gar nicht so einfach."

Vor Millionen Zuschauern zu boxen, daran hat sich die Mönchengladbacherin gewöhnt. Sie ist die Nachfolgerin von Regina Halmich, der "Quoten-Queen", deren Kämpfe bis zu acht Millionen Menschen verfolgten, bis sie im November 2007 zurücktrat. Das entstandene Vakuum musste schnell gefüllt werden. Das mühsam etablierte Frauenboxen sollte nicht wieder in der Bedeutungslosigkeit verschwinden. Nach kurzer Diskussion entschieden sich ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz und Universum-Chef Klaus-Peter Kohl dazu, auf Menzer zu setzen, die zu diesem Zeitpunkt als Weltmeisterin im Vorprogramm antrat. "Ina kam wegen ihrer Erfolge und ihres Auftretens infrage", sagt Gruschwitz, was Kohl unterstreicht. "Die Frauen, die bei uns unter Vertrag stehen, sind alle sportlich top, aber Ina ist wunderbar zu vermarkten."

Menzer hört solcherlei Lob gern, auch wenn sie stets klarstellt: "Ich bin nicht die neue Halmich! Aber der Fakt, dass man mir so viel Verantwortung gibt, zeigt, dass meine harte Arbeit sich gelohnt hat". Längst hat sich die 168 cm große Athletin mit der Tatsache abgefunden, dass im Frauenboxen, wo die meisten Gegnerinnen so unbekannt sind wie die US-Amerikanerin Franchesca Alcanter (36), gegen die sie am Sonnabend (23 Uhr, ZDF live) ihre Titel verteidigt, die sportliche Leistung allein nicht ausreicht. "Ich weiß, dass ich vor allem auch außerhalb des Rings auffallen muss", sagt sie.

Weil Menzer nicht nur gut aussieht, sondern als gelernte Fremdsprachen-Assistentin auch nicht auf den Mund gefallen und dazu noch sehr selbstbewusst ist, macht ihr das Auffallen keine Probleme. Wichtig ist ihr aber, ihr Gesicht nicht in jede Kamera zu halten. Einen Auftritt im "Big Brother"-Container lehnte sie sofort ab. Lieber geht sie zu Charity-Galas wie "Ein Herz für Kinder", von einem Auftritt als Wettpatin bei "Wetten, dass..." träumt sie. Dabei hat sie immer ihre Mission im Blick, den Anspruch, für ihren Sport und vor allem die Werte zu kämpfen, für die er steht: "Disziplin, Fairness und das Einhalten von Regeln, das sind Werte der alten Schule, die in der Gesellschaft verloren gehen. Ich will dabei helfen, dass sie nicht vergessen werden", sagt die gebürtige Kasachin, die in ihrer Freizeit Boxcamps für sozial benachteiligte Jugendliche leitet.

Ihre Hamburger PR-Managerin Frauke Constantin hilft ihr, im Dschungel der Anfragen den Überblick zu behalten. Ein Geschäft mit einem potenten Werbepartner steht kurz vor dem Abschluss. Ein spezielles Medientraining hat Menzer jedoch nicht gemacht. "Leute, die sich damit auskennen, haben mich gewarnt, ich könnte dadurch mein Ich verlieren. Ich möchte keine Rolle spielen und wie ein Dummchen irgendetwas daherplappern, sondern ich selbst bleiben, ein Mensch mit Macken", sagt sie. Dieses Authentische sei ja gerade ihr Erfolgsgeheimnis, sagt auch Gruschwitz. "Ina ist gerade heraus, man nimmt ihr das, was sie nach außen darstellt, ab."

Dass Menzer bislang noch nicht in die Halmichschen Quoten-Sphären vorgestoßen ist, macht den ZDF-Mann nicht nervös. "Es war klar, dass sie nicht sofort an diese Zahlen herankommt. Aber es ist noch viel Luft nach oben", sagt Gruschwitz. Die Planungen für die nächsten großen Menzer-Events laufen. Am 22. August soll sie in Budapest als Hauptkämpferin boxen, weil Universums Ungarn Zsolt Erdei und Karoly Balzsay die gewünschten Quoten nicht liefern. Ein Open-Air-Event im Hockeystadion ihrer Heimatstadt Mönchengladbach ist angedacht. Ihr Stellenwert wird weiter wachsen. Ina Menzer freut sich schon darauf.