Abendblatt:

Herr Leslie, seit dieser Saison sind Sie ausschließlich als Sportdirektor bei den Hamburg Freezers tätig. Wie viel Leslie-Philosophie steckt im neuen Team?

Bob Leslie (58):

Mein Ziel ist es, eine junge und schnelle Mannschaft aufzubauen, deren Basis deutsche Spieler sind. Uns ist es gelungen, mit Richard Mueller, Thomas Pielmeier und Max Schmidle Leute zu verpflichten, die da gut reinpassen. Grundsätzlich wurden alle Neuzugänge von mir und Trainer Bill Stewart besprochen. Am Ende hätte Boris Capla als Chef ein Vetorecht gehabt, von dem er aber keinen Gebrauch gemacht hat.



Abendblatt:

Was können die Freezers diese Saison erreichen?

Leslie:

Ich würde gerne erst alle Mannschaften sehen. Es wird in jedem Fall eine enge Sache. Fragen Sie mich in drei Wochen noch mal, was realistisch ist.



Abendblatt:

Gegen Düsseldorf waren am Freitag gerade einmal 6000 Fans in der Halle. Spüren Sie den stark erhöhten Druck, eine erfolgreiche Saison abliefern zu müssen, um nicht noch die verbliebenen Sympathien in Hamburg zu verspielen?

Leslie:

Druck hat man immer. Natürlich wissen wir, dass die Erwartungen hoch sind. Wir sind ja nicht doof. Mein Job ist es allerdings nicht, die Meinung der Zuschauer zu kontrollieren. Nach der Auftaktpleite gegen Kassel war ich auch enttäuscht, an Selbstmord habe ich aber nicht gedacht. Gegen Düsseldorf haben wir viel besser gespielt. Wenn wir am Freitag auch in Köln gewinnen, stehen wir mit zwei Siegen und zwei Niederlagen ganz gut da.



Abendblatt:

Ihr Aufgabe muss es sein, die Mannschaft qualitativ zu verbessern. Wo ist Ihnen das bislang gelungen?

Leslie:

Außer bei den jungen Deutschen auch in der Verteidigung. Kris Redlihs war sehr defensiv orientiert, ich glaube, dass Sean Blanchard mehr Akzente in der Offensive setzen kann. Für Marty Wilford haben wir Jere Karalahti geholt. Mit ihm müssen wir ein bisschen Geduld haben, aber ich glaube, dass man in einem Monat sehen wird, was wir an ihm haben.



Abendblatt:

Wegen seiner Vorgeschichte ist der Finne ein Risiko.

Leslie:

Ich nenne es eher eine Gelegenheit. Er ist nicht super teuer, hat einen korrekten Vertrag bekommen. Als Typ hat er sich schon sehr gut in die Mannschaft integriert.



Abendblatt:

Muss man sich nach den Debatten um Jean-Marc Pelletier Sorgen um die Torhüterposition machen? Eigentlich wollten Sie doch einen starken zweiten Mann verpflichten.

Leslie:

Es ist richtig, dass wir beispielsweise mit Hannovers Alexander Jung gesprochen haben. Aber er hatte noch einen Vertrag. Ich glaube aber, dass Pelletier motiviert genug ist, er sich quasi einen inneren Konkurrenzdruck aufbaut. Es gibt aber keine Garantie, dass es besser als in der letzten Saison wird.



Abendblatt:

Planen Sie noch weitere Neuverpflichtungen?

Leslie:

Wir haben noch zwei Ausländerlizenzen zu vergeben. Aber etwas zu verändern kostet Geld. Das ist das Problem.



Abendblatt:

Vermissen Sie eigentlich Ihre Trainertätigkeit?

Leslie:

Nein, ich bin glücklich mit meinem neuen Job. Manchmal fühle ich mich aber wie ein Taxifahrer, weil ich so viel in Hamburg unterwegs bin. In Zukunft will ich mich verstärkt um das Sichten von jungen deutschen Spielern kümmern. Das geht nicht, wenn man als Trainer zeitgleich an der Bande stehen muss.



Interview: bj, dst, KRS