Das Café “Cassellius“ mitten in Quakenbrück ist voll. An einem Tisch sitzt der 2,12 Meter große Center Dirk Mädrich und isst ein Sandwich, am Tresen fragt der vier Zentimeter kleinere Adam Chubb nach “Ham and Eggs“.

Quakenbrück. Das Cafe "Cassellius" mitten in Quakenbrück ist voll. An einem Tisch sitzt der 2,12 Meter große Center Dirk Mädrich und isst ein Sandwich, am Tresen fragt der vier Zentimeter kleinere Adam Chubb nach "Ham and Eggs". Inhaberin Christa, die ihre "Kleinen" wie eine Mutter versorgt, muss ihn aber vertrösten: "Sorry, mein Junge, we don't have any more Schinken." Trainer Chris Fleming schließt sein Rad vor dem Cafe an und begrüßt alle mit einem "Hallo zusammen". Man kennt sich in Quakenbrück.


Abendblatt:

Mr. Fleming, glauben Sie, dass die Erfolge der Artland Dragons genügend Stoff für einen Hollywoodfilm bieten?

Chris Fleming:

In Hollywood dreht man keine Filme über den Vizemeister und den Vizepokalsieger. In Hollywood gibt es nur Sieger.



Abendblatt:

Obwohl Sie mit den Dragons zweimal Zweiter wurden, gelten Sie als ein Trainer, der nie zufrieden ist. Wie kann man Sie glücklich machen?

Fleming:

(lacht) Ich bin zufrieden, wenn wir gute Resultate erzielen. Sollten wir also den Pokal am Wochenende beim Top Four in Hamburg gewinnen, dann können Sie davon ausgehen, dass ich rundum glücklich bin.



Abendblatt:

Sie waren auch 2007 beim Top Four in Hamburg dabei. Wie gefällt Ihnen das Event in der Color-Line-Arena?

Fleming:

Ich finde es zunächst mal wichtig, dass das Pokalwochenende, anders als früher, in einer neutralen Stadt stattfindet. Und Hamburg ist der perfekte Austragungsort. Die Halle war trotz des gleichzeitig stattfindenden Marathons sehr gut besucht, und die Stimmung war einfach super.



Abendblatt:

Seit Jahren versucht man in Hamburg eine Erstliga-Mannschaft ins Leben zu rufen. Warum klappt das nicht in der 1,7-Millionen-Metropole, wenn Sie das im 13 000-Seelen-Ort Quakenbrück schaffen?

Fleming:

In Quakenbrück war das Projekt Erstliga-Basketball nur möglich, weil wir einen regionalen Textilunternehmer als Großsponsor haben, der Visionen hat. So einen starken Mann wünsche ich auch Hamburg.



Abendblatt:

Nerven Sie Fragen über die Basketball-Provinz?

Fleming:

Nein. Quakenbrück hat 13 000 Einwohner und daran können und wollen wir auch gar nichts ändern. Wir fühlen uns wohl, wenn wir als Basketball-Provinz bezeichnet werden.



Abendblatt:

Sie sind vor 14 Jahren aus den USA nach Quakenbrück gekommen. Hätten Sie gedacht, dass Sie so lange bleiben?

Fleming:

In den ersten neun Jahren hatte ich immer nur einen Einjahresvertrag, also habe ich nie großartig an die Zukunft gedacht. Aber mittlerweile fühle ich mich als Einheimischer. Ich habe mir hier ein Haus gekauft, meine Frau kommt aus der Stadt. Man kann sagen, dass ich ein echter Quakenbrücker bin.



Abendblatt:

Was macht den Ort für Sie so lebenswert?

Fleming:

Die Menschen. Die Leute hier sind sehr gastfreundlich. Ich kann mich noch erinnern, wie ich 1994 als erster Ausländer im Team hier in Quakenbrück ankam und mit offenen Armen empfangen wurde. Quakenbrück ist zwar keine große Stadt, aber man kann das Leben hier noch richtig genießen.



Abendblatt:

Es spielen zehn Landsleute von Ihnen bei den Dragons. Was haben Sie denen im ersten Gespräch über Quakenbrück erzählt?

Fleming:

Die Wahrheit. Ich habe nicht verschwiegen, dass Quakenbrück nur eine Kleinstadt ist. Aber natürlich habe ich allen Neuzugängen auch von unseren sportlichen Möglichkeiten berichtet. Trotzdem gab es den einen oder anderen Spieler, der wegen der vermeintlichen Provinz abgesagt hat.



Abendblatt:

Vermissen die, die gekommen sind, McDonald's?

Fleming:

(lacht) Der nächste McDonald's ist 15 Minuten entfernet. Das ist also kein Problem.



Abendblatt:

Verfolgen Sie derzeit den Präsidentschaftswahlkampf in Ihrer Heimat?

Fleming:

Ja. Ich werde per Postwahl wählen.



Abendblatt:

Demokraten oder Republikaner?

Fleming:

In der Vergangenheit habe ich einmal für einen Republikaner gestimmt, aber ich bin eher ein Demokrat.



Abendblatt:

Hillary Clinton oder Barack Obama?

Fleming:

Noch bin ich unentschlossen, aber ich tendiere zu Obama.



Abendblatt:

Wie informieren Sie sich?

Fleming:

Sowohl über deutsche Zeitungen als auch über CNN. Während die US-Medien republikanisch geprägt sind, scheint es in Deutschland und im Rest von Europa eher demokratische Tendenzen zu geben.



Abendblatt:

Haben Sie das Gefühl, dass die Deutschen amerikafeindlich sind?

Fleming:

Meine Spieler und ich wurden fast überall freundlich empfangen. Nur über Politik wurde immer viel diskutiert. Ich habe noch keinen einzigen Deutschen getroffen, der sich positiv über Präsident George Bush geäußert hat. Aber die Kritik ist berechtigt. Viele Entscheidungen von Bush waren einfach falsch, zum Beispiel der Irak-Krieg.



Abendblatt:

Sprechen Sie mit Ihrem Team Englisch oder Deutsch?

Fleming:

Die Hauptsprache ist Englisch, aber mit den deutschen Spielern spreche ich im Einzelgespräch Deutsch.



Abendblatt:

Und mit Ihrer Frau?

Fleming:

Deutsch.



Abendblatt:

Wo lernt man in Quakenbrück die Frau seines Lebens kennen?

Fleming:

Der Ort ist so klein, da läuft man sich irgendwann zwangsläufig über den Weg.



Abendblatt:

Ein letztes Mal nachgefragt: Sie sind vor 14 Jahren nach Quakenbrück gekommen, haben nach einer Verletzung den Verein als Trainer in der Zweiten Liga übernommen, ihn zu einem Topverein in Europa gemacht, und dann auch noch eine Einheimische geheiratet. Und das soll kein Stoff für Hollywood sein?!?

Fleming:

Ich bleibe dabei: Hollywood ist nur für Sieger. Aber wenn wir Meisterschaft und Pokal gewinnen, würde ich mir einen Kinofilm über Quakenbrück angucken.