Er hat schon einige Fälle miterlebt - leichte, mittlere und schwere. Im Alter von elf bis zwölf Jahren hatte sich Christoph Garbrands gern auf die Matte gelegt - wie viele Kids in diesem Alter.

HAMBURG. Er hat schon einige Fälle miterlebt - leichte, mittlere und schwere. Im Alter von elf bis zwölf Jahren hatte sich Christoph Garbrands gern auf die Matte gelegt - wie viele Kids in diesem Alter. "Fallübungen, Gürteltraining und solche Sachen", erzählt der heute 23-Jährige vom typischen Judo-Anfänger-Training. Kämpfe waren damals kein Thema. Dann doch eher Punktspiele im Fußballverein. In seiner Geburtsstadt Oldenburg blieb er bis 2001 am Ball.

In jenem Jahr nahm ihn ein Freund auch zum Ju-Jutsu mit. Es gab eine Wettkampfgruppe, und während der Kumpel mangels greifbarer Erfolge recht bald wieder ausstieg, fand Garbrands Gefallen an der Selbstverteidigungsdisziplin. Mehr noch: Im Juni 2007 gewann der Kämpfer des Norderstedter Vereins Kodokan in Rastatt seinen ersten Titel - den des deutschen Meisters. Zwar gab es in seiner Klasse bis 62 kg zwei Sieger, doch das war ihm "total egal", sagt er. Kurz vor Kampfende waren sein bayerischer Finalgegner Andre Hötzel und er mit den Köpfen zusammengerasselt und k. o. gegangen. "Ich habe ihn schon in der Vorrunde besiegt. Zudem hat er mir versichert, dass ich der bessere Mann gewesen sei", erzählt der Sport- und Geschichtsstudent.

"Zwei Drittel von Ju-Jutsu sind Judo", urteilt er über die Ende der 60er-Jahre entwickelte Disziplin, die für Polizeischüler noch immer Ausbildungspflichtfach ist. Sie vereint außer Judo Techniken des Karate und Aikido. Ju-Jutsu heißt übersetzt, durch "Nachgeben oder Ausweichen mit der Kraft des Angreifers zu siegen". Das schließt Faust- und Fußstöße, Würfe, Hebel- und Würgegriffe nicht aus.

Es verwundert zunächst, dass es Garbrands nach dem Abitur dank einer Zivildienststelle, die ihm Kodokan vermittelt hatte, nach Norderstedt (ver-)schlug. Obwohl er damals noch keinem Kader angehörte, wollte er intensiver trainieren. Auch ein Verdienst des engagierten Kodokan-Geschäftsführers Stefan Jacobs (46), der Garbrands Talent erkannte und den drahtigen Burschen im Training förderte und forderte.

So erkämpfte Garbrands, inzwischen C-Kader-Athlet, 2007 auch Bronze bei den German Open in Hanau. Der Sprung in den B-Kader ist sein nächstes Ziel. "Es sollte mit dem Teufel zugehen, wenn ich das nicht schaffe", meint der nur 1,73 m große Kämpfer. Dann wäre er auch im Ausland, bei Europacups und Europameisterschaften startberechtigt.

Obwohl er an der Uni Oldenburg studiert und in seiner Heimatstadt mit Coach Alexander Siems arbeitet, hält er seinem Verein Kodokan die Treue. In heißen Trainingsphasen mit bis zu 15 bis 20 Stunden pro Woche kommt Garbrands zwei- bis dreimal pro Monat nach Harksheide.

"Ich habe in Hamburg noch einige Freunde. Mit denen geht's zum Feiern auch mal auf den Kiez", erzählt er. Nicht ganz so lustig findet er, dass er von seinen knapp 70 kg Normalgewicht immer erst gut fünf Kilo abtrainieren und "den Rest wegschwitzen muss", um auf sein Kampfgewicht zu kommen: "Oft hat sich das Abkochen nicht gelohnt, wenn der Kampf nur vier bis fünf Minuten gedauert hat."

Gelohnt haben sich für ihn indes die zehn Monate Zivildienst in einem Norderstedter Altersheim. Garbrands: "Dort habe ich eine Menge gelernt - auch über Menschen, die nicht mehr richtig lebensfähig sind." Diese Schicksale waren für den Sportler oft richtig schwere Fälle.