Noch nie konnten die Hamburger beim Meister THW siegen. Steht die Deckung, ist die Chance größer denn je - mit neuem Sponsor im Rücken.

Hamburg. Zwischen beiden liegen gut 90 Kilometer - und Nordhorn als Tabellenzweiter. Wenn sich der THW Kiel und der HSV Hamburg heute vor laufenden Kameras (DSF) von 20.15 Uhr an die Bälle um die Ohren und zwischen die Beine werfen, erlebt die Handball-Bundesliga dennoch das Spitzenduell. Sowohl der Turnverein Hassee-Winterbek (THW) als auch der mit der Raute ausgestattete Handball- Sportverein (HSV) wollen erneut respektive erstmals Meister werden. Das Spiel der beiden besten Klubmannschaften der Welt - der THW gewann 2007 deutsche Meisterschaft, DHB-Pokal, Champions League, Supercup und Champions Trophy, der HSV deutsche Vizemeisterschaft und Europacup der Pokalsieger - elektrisiert die Fans.

Obwohl der HSV noch nie in Kiel siegen konnte, liegt er in der "ersten Sieben" fast mit dem Rekordmeister (13 Titel, davon zehn seit 1994) gleichauf.

Etat: Kiel ist bei 6,5 Millionen Euro Budget und mit Hauptsponsor Provinzial auch wirtschaftlich in Handball-Deutschland oben. Der HSV zog gestern endgültig gleich - und mit dem Deutschen Ring einen neuen Hauptsponsor in seinen Kreis. Schon heute Abend ist der Hamburger Finanzdienstleister auf dem Rücken der Trikots präsent; er unterstützt das Team bis 2011 (inkl. Option) pro Saison mit 200 000 Euro. So wird die Abhängigkeit von Präsident und Mäzen Andreas Rudolph ein Stück weit gemindert.

Mannschaft: Beim THW meldeten sich mit dem französischen Weltstar Nikola Karabatic (Schulter-) und Weltmeister Christian Zeitz (Hüftverletzung) zwei Rückraumstützen zurück. Mit Ales Pajovic hat Kiel einen Top-Werfer nachverpflichtet. Kapitän Stefan Lövgren kann mit Anspielen auf den schwedischen Landsmann Markus Ahlm eine Abwehr knacken, der weltbeste Torwart Thierry Omeyer (Frankreich) die seine zusammenhalten. Mit Liga-Torschützenkönig Kyung-Shin Yoon (zuletzt 11 Treffer) aus Korea und Weltmeister Pascal Hens ist der HSV im Rückraum ähnlich gefährlich, mit dem neuen Dänen Hans Lindberg auch auf Rechtsaußen stärker als zuvor. Beim Toreverhindern baut der HSV auf Weltmeister Johannes Bitter und Per Sandström (Schweden). Erwischen sie einen Top-Tag und zeigt die Deckung in 6:0- oder 5:1-Fomation wahre (und legale) Aggressivität, liegt in der Abwehr der Schlüssel zum Sieg.

Erfahrung: Im Team des seit 1993 amtierenden "Generals" Zvonimir "Noka" Serdarusic ist Lövgren (fast 300 Länderspiele) der Kopf. Das Team von HSV-Coach Martin Schwalb hat mit Dimitri Torgowanow (215 Länderspiele für Russland) vor allem in der Abwehr an Stabilität gewonnen. Außer mit Yoon stehen mit den Brüdern Guillaume und Bertrand Gille zwei weitere Männer auf der "Platte", die mehr oder fast 200 Länderspiele aufweisen.

Publikum: Die Ostseehalle ist zwar immer ausverkauft. Da die 10 000 Dauerkarten quasi vererbt werden, beherbergt sie aber ein verwöhntes und gesättigtes Publikum, das bei Rückständen ihres THW schnell verstummt. Die Chance für 114 HSV-Fans, die heute Tickets haben.

Kondition/Fitness: Pluspunkt HSV. Im Gegensatz zum Champion Kiel hatte der HSV in der vergangenen und dieser Saison nie Langzeitverletzte und konnte trotz hoher Belastung fast kontinuierlich trainieren oder regenieren. Kreisläufer Bertrand Gille (Schulterprobleme) wurde für den heutigen Hit geschont.

Psyche: Als der HSV im Februar in Kiel antrat, wollte er nicht verlieren, um zumindest in die Champions League zu kommen - vergab aber beim 33:33 den möglichen Sieg und später Titel. Jetzt ist die Zuversicht größer. "Wenn wir in Kiel was holen, ist Aufruhr. Wenn wir da verlieren, ist Liga-Alltag", sprach Bitter für den selbstbewussten Außenseiter.

Trend: Kiel gewann so hoch wie nie in Lübbecke (42:25), der HSV ließ gegen Essen (31:15) zur Halbzeit nur fünf Tore zu. Hamburg gewann von zehn Bundesligavergleichen gegen Kiel zwar erst einen, unterlag im Halbfinale der Champions Trophy in Celje aber nur 30:31. Es dürfte heute also richtig eng werden.