Der Isländer besiegte einst die Alkoholsucht. “Das hat mich stark gemacht.“

Hamburg. Sigfus Sigurdsson sagt, es gehe ihm gut in Spanien. "Mir gefällt es super." Gut, es gibt gewisse Differenzen mit Manolo Cadenas, seinem Trainer bei Ademar León. "Er hat eine andere Auffassung vom Handballspiel als ich", bekennt der Isländer freimütig. Seit der Weltmeisterschaft in Deutschland Anfang des Jahres kam der 31 Jahre alte Kreisläufer im Verein nur noch sporadisch zum Einsatz, aber das hängt auch mit der Achillessehne zusammen, die einige Wochen lang geschmerzt hat. Aber was ist das alles schon gegen das, was er vor acht Jahren erlebte, als er schon einmal in Spanien aktiv war.

Auch damals sagte Sigurdsson, es gehe ihm gut. Es war gelogen. In Wirklichkeit trank er jeden Tag literweise Alkohol, rauchte mehrere Packungen Zigaretten, konsumierte harte Drogen. Heute sagt er: "Es war eine höllische Zeit." Nach wenigen Monaten wurde Sigurdsson von seinem Verein Santander gefeuert.

Zurück in Island, verfiel er in Depressionen, trank bis zur Besinnungslosigkeit, ernährte sich von Fast Food, verlor den Führerschein und fand sich irgendwann auf der Intensivstation wieder, 162 kg schwer. Den Handballspieler Sigurdsson, der mit seiner hünenhaften 1,99-Meter-Statur und seinem Vollbart ein bisschen wirkt wie ein tapsiger Bär, gab es zu diesem Zeitpunkt nicht mehr.

Vielleicht würde er heute gar nicht mehr leben, hätten seine Mutter und Islands damaliger Nationalcoach ihn nicht Anfang 1999 zu einer Entziehungskur gedrängt. Seitdem ist Sigurdsson Mitglied bei den Anonymen Alkoholikern in Reykjavík. "Sie haben mir sehr geholfen, um aus dem Sumpf herauszukommen." Er fing wieder an zu arbeiten, sich um seinen Sohn zu kümmern. Und im Oktober 2000 stand er erstmals wieder auf der "Platte".

Knapp zwei Jahre später holte ihn sein Landsmann Alfred Gislason zum SC Magdeburg, damals amtierender Champions-League-Sieger. Mit dem Wechsel ließ Sigurdsson sein altes Leben endgültig hinter sich. Er hat seinen Frieden damit gefunden: "Ich würde nichts anders machen. Dass ich die Schattenseiten des Lebens kenne, hat meine Mentalität gestärkt."

Vier erfolgreiche Jahre hat er beim SCM verbracht. Er wäre gern geblieben, der Verein hatte andere Pläne. In Hamburg habe er stets gern gespielt, sagt er und hofft, dass das auch nach dem Finalhinspiel des Europacups der Pokalsieger am Sonntag (15.15 Uhr/NDR) beim HSV noch gilt.

In der spanischen Liga könne man es gegen schwächere Teams schon mal ruhiger angehen lassen, , erzählt Sigurdsson: "Genau das Richtige für alternde Spieler wie mich." Sein Vertrag in León läuft bis 2008. Nationalspielmacher Raúl Entrerrios und der Halblinke Viran Morros verlassen am Saisonende den Klub. Dafür sollen drei Topspieler kommen. Und ein neuer Coach: Jordi Ribera, derzeit noch Nationaltrainer Brasiliens. "Der Trainerwechsel war die Bedingung, dass ich bleibe", sagt Sigfus Sigurdsson freimütig. Er will nicht mehr lügen.