TOKIO. Ingo Steuer ballte die Faust und Aljona Sawtschenko fiel ihrem Partner Robin Szolkowy um den Hals. Mit einer brillanten Kurzkür haben die Chemnitzer Europameister alle Voraussetzungen für den großen Coup bei den Eiskunstlauf-Weltmeisterschaften in Tokio geschaffen.

Zehn Jahre nach ihrem Trainer wollen sich die Sachsen am Mittwoch in der Kür ihren großen Traum von der Goldmedaille erfüllen - auch wenn sie dafür die starken Doppel-Weltmeister Xue Shen/Hongbo Zhao hinter sich lassen müssen. "Wir haben schon einige Chinesen geschlagen, jeder ist zu bezwingen", sagte Ingo Steuer, für den allerdings die Asiaten die Favoriten sind.

Für ihren stilvollen Vortrag zu "Es war einmal in Mexiko" vor 5000 begeisterten Zuschauern im Metropolitan Gymnasium bekam das deutsche Traumpaar vom Preisgericht eine persönliche Bestleistung von 67,65 Punkten bescheinigt. Die technisch einwandfreien Shen/Zhao haben allerdings mit 71,07 Zählern mehr als vier Zähler Vorsprung. Die Titelverteidiger Qing Pang/Jian Tong (China/66,75) sind vorerst Dritte.

"Ich möchte ganz oben auf dem Treppchen stehen", sagte die 23 Jahre alte Sawtschenko, die ebenso wie ihr Partner wegen des Jetlags und der Nervosität kaum geschlafen hatte. "Wir haben große Ziele, dafür müssen wir uns zusammenreißen", pflichtete ihr der vier Jahre ältere Szolkowy bei.

Im Training am Morgen klappte deshalb auch nur die Hälfte bei den viermaligen deutschen Meistern. "Sie sind richtige Wettkampftypen und können in Stresssituationen ihr Potenzial trotzdem abrufen", sagte Udo Dönsdorf, Sportdirektor der Deutschen Eislauf-Union (DEU).

Steuer hatte im heimischen Chemnitz wiederholt besondere Drucksituationen simuliert. "Ich habe da so meine Tricks. Und es hat genau so geklappt, wie ich es gefordert habe. Ich wollte ein sauberes Programm sehen", sagte der wegen seiner Stasi-Vergangenheit umstrittene Coach, der fast schweißüberströmter war als seine Schützlinge ("Ich habe bis zur letzten Sekunde gezittert."). "Ich bin noch nicht ganz zufrieden, es kann noch besser werden in der Kür", kündigte die ehemalige Junioren-Weltmeisterin aus der Ukraine an.

Ihre Nervosität nicht in den Griff bekamen die Dortmunder Mari-Doris Vartmann/Florian Just, die nach drei Fehlern auf Rang 20 liegen. Zuvor hatten die deutschen Eistanz-Meister Nelli Ziganschina/Alexander Gazsi (Chemnitz/Berlin) ebenfalls auf Platz 20 im Pflichttanz ihre Chancen gewahrt, bei ihrer Premiere das Kür- Finale der besten 24 Paare zu erreichen. Gehandicapt durch eine Handverletzung ging der 22 Jahre alte Sachse Gazsi mit seiner Moskauer Partnerin in die Weltmeisterschaft.

"Ich dachte, dass die Verletzung nach den Europameisterschaften ausheilt, aber ich hatte in Moskau nicht die beste medizinische Versorgung", erzählte der Sachse, der in Russland trainiert. Mit 25,56 Punkten war er so äußerst zufrieden. Die Kanadier Marie-France Dubreuil/Patrice Lauzan führen mit 38,96 Punkten vor den Bulgaren Albena Denkowa/Maxim Stawijski (37,42) und Oksana Domnina/Maxim Schabalin aus Russland (37,32).