KANU: Alster und Elbe haben Wildwasser-Tradition.

Hamburg. Das wäre doch eine ideale 10 000-Euro-Frage für ein Hamburg-Quiz: In welchem Wassersport gehören Hamburger seit mehr als 30 Jahren zur Weltspitze? Wildwasserkanu! Richtig! Aber wie viele Menschen an Alster und Elbe wissen das schon. Wilde Gewässer in der Hansestadt oder im Umland - wo soll es die denn schon geben? Bei der Qualifikation für die Weltmeisterschaften in Oberitalien zählten zu den besten Wildwasserkanuten auch die Brüder Johannes und Florian Wohlers vom Wassersportverein Süderelbe. Der 25-jährige Florian geht als Vizeweltmeister in der Königsdisziplin, dem Einer-Kajak, ins Rennen. Von solchen gefährlichen Herausforderungen träumt Jeanne Todt allerdings noch nicht. Die Zwölfjährige, die das Albert-Schweizer-Gymnasium besucht, gehört seit zwei Jahren zum Nachwuchskader des Oberalster-Vereins für Wassersport (VfW). Der Club, der in diesem Jahr seinen 90. Gründungsjahrestag feiert, hat sein Boots- und Clubhaus an der Wellingsbütteler Landstraße, direkt am Alsterufer. Für 20 Mädchen und Jungen ist der Oberlauf der Alster das sportliche Revier. Und manchmal, wenn sie hier trainieren, sehen sie einen Graureiher oder einen der seltenen Eisvögel im Winter. Zum Kanusport gehört auch die Liebe zur Natur. "Wer aber an sportlichen Wettkämpfen teilnehmen will", so Oberalsters Jugendtrainer Dirk Schürer, "muss mindestens zweimal in der Woche im Kunststoffboot sitzen, um Kraft und Geschicklichkeit zu trainieren. Mitglieder in den Leistungskadern paddeln mindestens viermal in der Woche, die Besten trainieren sogar täglich." Und das bei Wind und Wetter. Selbst im Winter, wenn sich Eis auf den Booten bildet, treiben die ehrgeizigsten Wildwasserkanuten ihre Kajaks oder Kanadier (darin kniet man) durchs Wasser. Auch Jeanne Todt ist da schon ziemlich abgehärtet. Am Sonntag hat sie mit der Gruppe auf der "Döhler Aue", einem kleinen Seitenbach der Seeve, trainiert. "Der Regen, das war doch nicht schlimm", erzählt die Zwölfjährige. "Dafür haben wir doch Regenjacken." Am meisten Spaß macht ihr übrigens, Rennen zu fahren. In ihrer Alstersklasse ist Jeanne ja auch Hamburger Meisterin. "Die Liebe zum Kanusport wird oft in den Familien vererbt", weiß Dirk Schürer. Auch Jeanne hat schon mit fünf im Boot ihrer Eltern gesessen und ist mit ihnen über die Mecklenburgische Seenplatte geglitten. "Wir haben in Hamburg große Kanutradition", sagt Norbert Schmidt, der Sportwart der Hamburger Wildwasserkanuten. "Wir wissen, wie wir die Mädchen und Jungen im Boot stark machen können. Kraft, Ausdauer und die Paddeltechnik holen sie sich auf Alster, Elbe oder Seeve. Aber um die Tricks und die Technik für die wirklich wilden Stromschnellen und Strudel zu erlernen, müssen wir halt weit reisen." "Bovec" heißt ein kleiner, idyllischer Bergort in Slowenien, in dem die Hamburger Wildwasserkanuten im Frühjahr immer ihr Trainingslager aufschlagen. Sie sind aber auch auf Bergbächen in den Alpen unterwegs. "Wir lernen nicht nur Deutschland, sondern halb Europa kennen", sagt Peer Schröder vom WSV Süderelbe. Auch wenn täglich trainiert wird, sind die Reisen der Kick für alle Strapazen. Eine Art Entschädigung. "Der Spaß geht nicht verloren", ergänzt Lars Walter. Zusammen mit Peer Schröder gehört der junge Mann aus Harburg zu den ehrgeizigen und hoffnungsvollen Nachwuchskanuten. Die beiden Junioren sind im Zweierkanadier Vizeeuropameister. Sportwart Norbert Schmidt war mit Hermann Roock im Zweierkanadier zwischen 1967 und 1977 fünfmal Mannschaftsweltmeister. Das legendäre Doppel hat den internationalen Ruf der Hamburger Wildwasserkanuten mitbegründet. Die beiden haben als Trainer junge Kanuten zu internationalen Größen im Wildwassersport gemacht. Brigitte Gödecke, inzwischen mit Norbert Schmidt verheiratet, gehörte dazu, setzt als Landestrainiern die Tradition fort.