Nach dem 3:1-Sieg im Viertelfinal-Hinspiel will das Jol-Team dem Traum vom Titelgewinn ein Stück näher kommen. Erinnerungen an das Hinspiel HSV - Manchester City. Die voraussichtliche Anfangself des HSV

Manchester. Stürmisch und wacklig war es. Als die Flieger am Mittag in Manchester aufsetzten, wurden die Passagiere ordentlich durchgeschüttelt. Dabei soll es erst heute existenziell zugehen, wenn der HSV um 20.45 Uhr (Sat.1 live) im Rückspiel des Uefa-Cup-Viertelfinals auf Manchester City trifft. Der Tabellenelfte der Premier League hat auf seiner Internetseite die Fans aufgefordert, im Spiel gegen die Hamburger alles für City zu geben: "Es geht um Leben oder Tod". Nach dem 3:1-Hinspielsieg des HSV müsste die Mannschaft von Trainer Mark Hughes mindestens 2:0 gewinnen, um ins Halbfinale zu gelangen.

Der Klub hat die Tickets zum Teil zu Schleuderpreisen (ab sechs Euro) abgegeben, um das "City of Manchester Stadium" zu füllen. Mit Erfolg: Die Arena wird mit 47 000 Zuschauern erstmals in dieser Saison ausverkauft sein.

Shaun Wright-Phillips ist vom "kleinen Wunder" überzeugt: "Wir werden zurückkommen und die Hamburger besiegen." Was den Mittelfeldspieler optimistisch stimmt, ist die Heimstärke. Hinter den "Big Four" (ManU, Arsenal, Chelsea und Liverpool) hat Man City in der Premier League zu Hause die meisten Punkte gesammelt: 30 von insgesamt 38.

Für die "Blues" geht es um sportliche Lorbeeren, aber auch um Trainer Mark Hughes. Der logiert seit Wochen auf einem Schleudersitz. Gute Ergebnisse seiner Millionen-Truppe bleiben aus, in der Liga läuft es schlecht, und nun droht im Uefa-Cup das Aus. Dies könnte, so wird seit Tagen spekuliert, auch das Ende für Hughes sein. Zumal der Klub-Besitzer, Scheich Mansour bin Zayed Al Nayhan, erstmals aus Abu Dhabi anreist.

Kurioserweise ist ein für City äußerst interessanter Mann bereits vor Ort: Martin Jol. Der HSV-Coach soll ganz oben auf der Liste der Engländer stehen, falls der frühere Bayern-Spieler Hughes nach dem HSV-Spiel gekippt werden sollte. Angeblich sollen auch weitere englische Klubs an Jol dran sein. Längst hat sich herumgesprochen, dass er in Hamburg sehr gute Arbeit leistet. Zudem genießt der ehemalige Tottenham-Coach auf der Insel einen hervorragenden Ruf - auch in Manchester. Alle sieben Pflichtspiele als Tottenham- und HSV-Trainer hat er gegen City gewonnen.

Die Zuneigung für Jol ist offensichtlich. Die Fans mögen ihren "Big Martin", viele wollten gestern Fotos mit ihm knipsen, Autogramme haben. Und die britischen Medienvertreter gingen vertraut und wie mit einem Freund mit Martin Jol um. Der wollte allerdings von einem Wechsel, von einem Fortgang weg von Hamburg, nichts wissen. Noch nicht? Immerhin ist der bis 2010 laufende Vertrag mit dem HSV noch nicht verlängert worden. Es gab schon Gespräche, es wird auch noch weitere geben, aber konkret ist eben nichts. Und der Niederländer ist bekannt für seinen Ehrgeiz.

Jol nimmt es offiziell von der leichten Seite, aber wie denkt er tatsächlich über die Verzögerung? Er lässt sich nicht in die Karten schauen. Spricht er über "seinen Fall", schweift er ab vom Thema: "Der HSV steht sportlich unter den besten 15 Klubs Europas, knapp vor ihm ist Real Madrid. In Deutschland wird immer nur zu den anderen, zu den großen Vereinen geblickt, weil gedacht wird, dort sei alles besser - das ist aber nicht normal. Es gibt nämlich kaum einen Klub, der besser ist als der HSV." Dann zählt Martin Jol auf: "Der HSV ist in Sachen Zuschauerzahlen ganz vorne dabei, der HSV hat ein super Umfeld, dazu ist Stadion eines der besten der Welt. Der HSV ist ein großartiger Klub."

Das klang fast wie eine Liebeserklärung an Hamburg, aber scheidet Manchester City heute aus, könnte das jetzt schon sehr heiße Thema Martin Jol für den Verlierer noch ein wenig heißer werden.

Obwohl: Der HSV-Coach wird an diesem Punkt richtig gallig. Jol fühlt - englisch fair - mit dem Kollegen Hughes und sagt: "Ich finde es peinlich, dass vor einem solchen Uefa-Cup-Viertelfinale nur von einem Trainerwechsel gesprochen wird." Das Spiel City gegen HSV scheint zur Nebensächlichkeit zu verkümmern, anscheinend geht es nur um die Trainer. Martin Jol knurrig: "Das passt gar nicht zum englischen Fußball."