Das neue Reglement hat eine Debatte über den Magerwahn in der Königsklasse des Motorsports entfacht. BMW-Sauber-Pilot Robert Kubica wiegt bei einer Körpergröße von 1,84 m gerade mal 69 Kilogramm. „Mehr geht nicht“, sagt der Pole.

Melbourne. Die Skispringer hungerten einst für ein paar Zentimeter mehr, die Supermodels für ein Schönheitsideal - und jetzt fasten die Rennfahrer für einige Hundertstelsekunden: Ausgerechnet in dem Jahr, in dem wegen der Finanzkrise ohnehin alle den Gürtel enger schnallen müssen, werden die Formel-1-Helden zu Hungerhaken. Spargeltarzan Robert Kubica nahm nochmal ein paar Pfunde ab und wiegt bei einer Körpergröße von 1,84 m gerade mal 69 Kilogramm. "Mehr geht nicht", sagt der Pole in Diensten von BMW-Sauber.

Für den Magerwahn in der Königsklasse des Motorsports ist das neue Reglement verantwortlich. 605 Kilo beträgt das Mindestgewicht eines Formel-1-Autos samt Fahrer. Das war bisher kein Problem. Doch durch das bis zu 40 Kilo schwere Energierückgewinnungssystem KERS wird das Gewichtslimit nun deutlich überschritten. Die Konsequenz: Die Kilos müssen runter. Da an den Autos diesbezüglich allerdings längst nichts mehr zu holen ist, müssen die Fahrer abspecken.

"Weihnachten ist ausgefallen", sagt der zweimalige Weltmeister Fernando Alonso. Kalorien zählen statt Kraft bolzen heißt es jetzt auch für den Spanier. Er habe fast vier Kilo abgenommen, berichtet der Renault-Pilot. Er habe gehungert, damit sein Team das KERS-System problemlos einbauen kann, meint Alonso: "Unsere Ingenieure sagten, für den Einbau von KERS wären 65 Kilo des Piloten ideal. Das habe ich fast hinbekommen, ohne dabei Kraft zu verlieren."

Nick Heidfeld versucht, bei dem Thema auf Sparflamme zu kochen. Nein, er habe nicht gehungert, denn das wäre auch falsch, lässt ihn sein Arbeitgeber BMW-Sauber in einem offiziellen Pressetext sagen. Gewicht und Leistungsfähigkeit stehen in Zusammenhang, heißt es im Hause BMW weiter. Und da würden radikale Hungerkuren nur schwächen.

Heidfeld räumt aber ein, dass er sehr auf seine Ernährung geachtet habe. "Ich habe trotz des zusätzlichen Muskelaufbaus durch das Training sukzessive zweieinhalb Kilo abgenommen", sagt der Mönchengladbacher. BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen hat sich für eine Erhöhung des Mindestgewichts der Formel-1-Autos ausgesprochen: "Damit die Formel 1 nicht zu einer Jockey-Liga ausartet."

Nico Rosberg schmeckt die Hungerkur überhaupt nicht. "Ich habe Gewicht verloren und sogar zu Weihnachten Kalorien gezählt", meint der Williams-Pilot. Im Nachrichtenmagazin Der Spiegel klagte der Wiesbadener offen: "Es kann nicht richtig sein, dass wir wie Skispringer oder Jockeys aussehen sollen."

Rosberg fordert deshalb ein Mindestgewicht: "Ist einer beim Wiegen zu leicht, kommen halt Zusatzgewichte in den Sitz." Auf den Fahrern laste ein enormer Erfolgsdruck. Er würde aber niemals seine Gesundheit gefährden, nur um eine Zehntelsekunde schneller zu sein, betont der Sohn des ehemaligen Weltmeisters Keke Rosberg.

Laut Williams-Technikchef Sam Michael hat Rosberg im Winter zwei Kilo abgenommen. "Mehr würden wir aber nicht verlangen, weil irgendwann seine körperliche Stärke leidet." Die zwei Kilogramm würden allerdings schon eine Menge bewegen, meint Michael: "Wir bauen manche Teile neu, wenn sie nur 100 Gramm leichter sind."

Rosberg arbeitet seit einiger Zeit wie auch Toyota-Kollege Timo Glock, der auch ein paar Kilo verloren hat, weil er nicht mehr von seinen Mechanikern aufgezogen werden wollte, mit der Sportklinik in Bad Nauheim intensiv zusammen. Dort war auch Rekord-Weltmeister Michael Schumacher zu seiner aktiven Zeit Stammgast. Rosberg: "Ich stimme mich dort mit den Ärzten ab, was ich esse und wie ich trainiere."

Für Dr. Johannes Peil aus der Sportklinik Bad Nauheim sind etwa zehn Prozent Gewichtsverlust die kritische Grenze. "Irgendwann ist das Immunsystem beeinträchtigt. Dann genügt ein kleiner Infekt, um die Leistungsfähigkeit leiden zu lassen", sagte der Mediziner dem Fachblatt Motorsport aktuell.