Die Engländer sind bereit, über 20 Millionen Euro zu zahlen. Damit verlässt der nächste Star den HSV. Trainer Jol will drei neue Spieler

Hamburg. Geld allein macht nicht glücklich. Aber es beruhigt. Sagt der Volksmund in Deutschland. So gesehen war es nicht verwunderlich, dass Nigel de Jong absolut ruhig und relaxt durch den kleinen Flughafen von Murcia schlenderte. Der Niederländer stöpselte sich vor dem gestrigen Rückflug aus dem Trainingslager nach Hamburg Musik in die Ohren, setzte sich in den Warteraum, holte eine Zeitung hervor - und löste in aller Ruhe Kreuzworträtsel. Von Aufgeregtheit keine Spur. Dabei soll der 24 Jahre alte Mittelfeldspieler den Vertrag seines Lebens unterzeichnen: Manchester City will den HSV-Profi für 20,5 Millionen Euro nach England lotsen und ihm jährlich vier Millionen Euro netto zahlen. Wer kann da schon Nein sagen? Die Vereine nicht, die sind sich einig.!

Nigel de Jong vielleicht? Er sagte gelassen: "Noch ist nichts perfekt, noch ist nichts entschieden, ich werde mir das jetzt erst einmal in Ruhe ansehen und anhören." Mehr wollte er nicht verraten. Weil er selbst noch unschlüssig ist? Im Sommer könnte er für geradezu lächerlich anmutende zwei Millionen Euro Hamburg verlassen. Dann vielleicht doch zu Real Madrid? Oder zu einem vergleichsweise ebenfalls großen Verein? Manchester City gehört nicht zu den ersten Adressen des Weltfußballs, obwohl de Jong davon sprach ("In England ein Kult-Klub, in Europa ein großer Verein").

Ein Mann will mit Manchester City nach oben. Um jeden Preis: Scheich Mansour Bin Zayed Al Nahyan aus Abu Dhabi. Der Besitzer von ManCity pumpt Öl aus der Erde und das damit verdiente Geld gleich weiter in sein neuestes Hobby. So lockt er mit einer Offerte von 120 Millionen auch den Brasilianer Kaka vom AC Mailand zum englischen Tabellenelften, der noch nicht aller Abstiegssorgen entledigt ist.

Derzeit setzt sich beim HSV einmal mehr die Erkenntnis durch, dass in Hamburg einer der größten, weil besten Ausbildungsvereine für die europäischen Eliteklubs beheimatet ist. Die Liste ist lang, sie ließe sich beliebig erweitern und dürfte auch in Zukunft Bestand haben. In jüngster Vergangenheit gingen Spieler wie Hasan Salihamidzic, Niko Kovac (beide FC Bayern), Thomas Gravesen (FC Everton), Tomas Ujfalusi (AC Florenz), Khalid Boulahrouz (FC Chelsea), Vincent Kompany (Manchester City), Rafael van der Vaart (Real Madrid), Ivica Olic (FC Bayern) und nun wohl Nigel de Jong. Von den 25 Millionen, die es im Spätsommer für van der Vaart und Kompany gab, kaufte der HSV quasi über Nacht vier Spieler ein: Alex Silva (6,2), Mladen Petric (4,5), Thiago Neves (6,5) und Marcell Jansen (8). Damit war das Geld sofort wieder ausgegeben.

Nun darf der HSV dank de Jong auf den nächsten Geldregen hoffen. Doch die Politik der Star-Verkäufe sorgt auch für Frust. Auch bei Trainer Martin Jol, der bekennt: "Ich bin das ja nun schon gewohnt." Der Coach denkt aber pragmatisch. "Wenn wir einen Schritt zurück machen, müssen wir anschließend drei nach vorne machen. Wie zuletzt im Fall von Rafael van der Vaart. Wir werden nicht einen Spieler für viele Millionen Euro verkaufen und die gesamte Summe nur in einen anderen investieren. Ich hoffe, dass unser Vorstand das erneut umsetzt, sollte uns de Jong verlassen." Das heißt: Ein Spieler weg, drei neue hinzu. So wie im Spätsommer 2008.

Für den HSV sind zwar nicht alle Abgänge ein lukratives Geschäft, weil es ja auch immer mal Spieler gibt, die ablösefrei gehen dürfen, aber dennoch hat der Klub einige Millionen an den Transfers verdient. Für de Jong zum Beispiel zahlte der HSV im Januar 2006 eineinhalb Millionen Euro an Ajax Amsterdam. Kein schlechtes Geschäft also.

Die Frage, die sich nun dem Vorstand um Bernd Hoffmann stellt, ist die: Wie viele Millionen müssen reinvestiert werden, um eine Mannschaft, die noch in drei Wettbewerben aktiv ist (DFB-Pokal, Uefa-Cup und Meisterschaft), wettbewerbsfähig zu halten - oder sogar zu verbessern? Martin Jol möchte mehr Konkurrenzkampf in seinem Team. Er weiß aber auch, dass der HSV die ganz großen Spieler (finanziell) nicht angreifen kann. Deshalb sind auch Profis der Mittelklasse vorstellbar. Profis, die den HSV weiterbringen könnten, die aber für die Eliteklubs nicht infrage kommen. Und es ist auch vorstellbar, dass "alte Bekannte" an die Elbe zurückkehren. Etwa van der Vaart, dessen Rückkehr indes frühestens im Sommer ein Thema werden könnte. Und auch ein neuer Stürmer wird schon gehandelt: Milan Jovanovic (27). Der Serbe spielt bei Standard Lüttich, ist Linksfuß und Nationalspieler, hat einen Marktwert von sieben Millionen Euro und war schon bei Klubs wie Schalke, Bayern, Tottenham, Everton und Sevilla auf dem Einkaufszettel. Und der HSV sucht ja auch einen Olic-Nachfolger.