Sein Vorhaben, die Titelverteidigung würdevoll in Angriff zu nehmen, wurde empfindlich gestört; die letzten Tage vor dem Saisonstart am 29. März...

Hamburg. Sein Vorhaben, die Titelverteidigung würdevoll in Angriff zu nehmen, wurde empfindlich gestört; die letzten Tage vor dem Saisonstart am 29. März verlaufen für Lewis Hamilton alles andere als erfreulich. Der Silberpfeil ist am Ende der Wintertests noch nicht in die Gänge gekommen, und bei der Generalprobe in Jerez rangierte der McLaren-Mercedes gar auf dem letzten Platz.

Als wäre das nicht schon genug, versetzten ihm die Funktionäre des Automobilsport-Weltverbandes Fia einen ehrverletzenden Hieb. Einstimmig verabschiedeten sie ein neues Wertungssystem, das von der neuen Saison an denjenigen Piloten zum Weltmeister erhebt, der die meisten Siege errungen hat; erst wenn zwei Piloten zum Schluss dieselbe Anzahl an Grand-Prix-Gewinnen aufweisen, zählen wie bis 2008 die insgesamt gesammelten Punkte.

Die neue Regel aufs alte Jahr angewandt hätte aus Felipe Massa (sechs Siege) einen Champion gemacht, Hamilton (fünf Siege) wäre wie im Jahr davor WM-Zweiter geworden. Die Clique der Motorsportfunktionäre überraschte vor Saisonstart nicht nur Hamilton und dessen Team, im Handstreich stellte sie den gesamten Formel-1-Zirkus vor vollendete Tatsachen. "Typisch Fia", raunte Ex-Weltmeister Niki Lauda, der die Aufwertung der Siege aber für "sinnvoll und im Sinne des Sports" hält. Offenbar empfanden es die Männer von der Fia als branchenschädigend, dass Hamilton beim Saisonfinale in Sao Paulo vor allem darauf erpicht schien, kalkuliert ins Ziel zu kommen, statt durchgängig aufs Gas zu treten.

Die Piloten halten den Vorstoß für Aktionismus: "Mit kommt es so vor, als ob verzweifelt versucht wird, die Formel 1 noch interessanter, noch spektakulärer zu machen", sagte Force-India-Fahrer Adrian Sutil. BMW-Pilot Nick Heidfeld "fand die alte Regel besser. Mit Punkten ist des nachvollziehbarer. Es sollte am Ende der gewinnen, der konstant vorn ist." Chefvermarkter Bernie Ecclestone gefällt dagegen die Idee. "Jemand, der Zweiter ist, muss nun versuchen, zu gewinnen, anstatt darüber nachzudenken, dass er nur zwei Punkte mehr bekommt, wenn er siegt", sagte der Brite der BBC: "Die Jungs sollen Rennen fahren."

Gleichwohl steht die Vorgabe, alles auf Sieg zu setzen, im Widerspruch zum Appell der Fia an Teams und Fahrer, möglichst schonend mit dem Material umzugehen. Jeder Pilot darf in dieser Saison zum Beispiel noch höchstens acht Triebwerke benutzen. Die Fia rechnet insgesamt mit einer Halbierung, riskiert aber mit ihrem Sparprogramm einen Crashkurs mit den zehn Teams.

Denn deren erst 2008 gegründete Vereinigung Fota fühlt sich brüskiert und übergangenen. Stolz hatten die Rennställe monatelang ihre Pläne für eine Formel 1 der Zukunft ausgetüftelt und vorvergangene Woche mit viel Brimborium in Genf vorgestellt - nicht ein Vorschlag wurde vom Weltrat am Ende in die Tat umgesetzt.