Der Bundestrainer wollte Fußball im ICE-Tempo sehen. Doch seine Mannschaft spielte in Düsseldorf zu langsam und kassierte eine verdiente Niederlage gegen den Außenseiter. Bilder vom Spiel.Bilder: Debakel des DFB-Teams.

Düsseldorf. Die Enttäuschung war allzu deutlich in seinem Gesicht abzulesen. Frustriert zog Bundestrainer Joachim Löw gestern Abend in der Düsseldorfer LTU-Arena nach der 0:1 (0:0)-Niederlage gegen Norwegen die Bilanz eines völlig verkorksten Fußball-Abends: "Die Niederlage ist nicht unverdient. Unser Spiel war zu langsam, zu behäbig und zu wenig inspirierend. Es hat an Tempo gefehlt und wir haben uns zu wenige Chancen erarbeitet."

Tempo! Das war doch schon in den Tagen zuvor das Schlüsselwort im deutschen Quartier gewesen. Fußball im ICE-Tempo hatte Löw eingefordert. Doch sein Team bot den 45 000 Fans nur Schlafwagen-Fußball. Am Ende war es so wie oft: Wenn die Nationalelf nicht unbedingt "muss", dann kommt viel zu wenig.

Während zu Beginn zumindest noch das Bemühen erkennbar war, den Ball nicht allzu lange zu halten und mit druckvollen, bevorzugt vertikalen Pässen weiterzuverarbeiten, die vor allem beim fleißigen Michael Ballack landeten, so verflachte die Partie mit zunehmender Spieldauer. Einfallslosigkeit und viele individuelle Fehler kennzeichneten das Geschehen. Negativ besonders hervorzuheben ist dabei Torsten Frings, der sich bei seiner Rückkehr nach den Dissonanzen im Herbst nicht für weitere Aufgaben empfehlen konnte. Mit seinen Ballverlusten leitete der Bremer, der in dieser Verfassung keine Option für die WM 2010 sein kann, mehrfach gefährliche Konter der Norweger ein, die mit einfachen Mitteln die defensiven Schwächen der Deutschen offen legten. Sogar ein früher Rückstand war möglich, als Braaten von Westermann elfmeterreif gefoult wurde (20.), der Pfiff aber ausblieb.

Erstaunlich und erschreckend, wie viele Löcher sich zwischen Abwehr und Mittelfeld ergaben, Balance und Abstimmung waren praktisch nicht vorhanden. Dies lag auch, aber bei weitem nicht nur an Frings - auch Heiko Westermann glänzte vor allem als Unsicherheitsfaktor in der Innenverteidigung, Philipp Lahm leistete sich links selten gesehene Fehler, während der mutlose Andreas Hinkel rechts kaum einen Kopfball gewinnen konnte. Im rechten Mittelfeld wiederum war Bastian Schweinsteiger nur mittendrin, aber nicht dabei: So passiv darf sich ein erfahrener Nationalspieler wie er nicht präsentieren.

"Wir haben uns viel zu wenig bewegt", analysierte Günter Netzer in der ARD, "der Weg in die Spitze fehlt. Die Norweger müssen doch gehetzt werden. Es geht zu langsam." Auch Assistenztrainer Hansi Flick sagte: "Wir haben es versäumt, das Tempo hochzuhalten."

Auch nach der Pause, als wie geplant der Hoffenheimer Andreas Beck sein Debüt feiern durfte, das gleiche Bild: Weder das Ergebnis noch der Unterhaltungswert stimmten. Auch wenn das Bemühen nicht abzusprechen war und Gomez nach einer Stunde endlich einmal Torwart Jarstein prüfte - an diesem Abend lief einfach nichts zusammen.

So war das 0:1 durch Grindheim alles andere als unverdient. Und wieder einmal offenbarte sich die Schwäche im Deckungsverband. Auch der Hamburger Trochowski war an der Entstehung nicht unbeteiligt - er ließ Norwegens Pedersen ungehindert flanken.

Mit den weiteren Wechseln litt der Spielfluss zusätzlich, die Chancen wurden kläglich vergeben. So war es auch ein bitterer Einstand für den Bremer Mesut Özil, der in der 78. Minute zu seinem viel diskutierten Debüt kam. Doch auch der Deutsch-Türke konnte nichts mehr bewegen. Im Gegenteil, Norwegen hatte noch Chancen, auf 2:0 zu erhöhen.

Nein, auf diesem Länderspiel lässt sich nicht aufbauen. Außer, es soll als abschreckendes Beispiel dienen. Die Fans versuchten sich in Galgenhumor und sangen: "Oh, wie ist schön." Kapitän Ballack gab zu: "Das war zu langsam, zu behäbig." Stimmt. Fußball im Schlafwagen-Tempo.

Deutschland: Adler - Hinkel (46. Beck), Mertesacker (46. Tasci), Westermann, Lahm - Schweinsteiger, Ballack, Frings (69. Marin), Trochowski (78. Özil) - Gomez (69. Kießling), Klose (46. Helmes).

Norwegen: Jarstein - Högli, Waehler, Hangeland, Bertelsen - Braaten (87. Nevland), Grindheim (79. Strömstad), Skjelbred (87. Huseklepp), Pedersen - Helstad (64. B. Riise).

Tor: 0:1 Grindhelm (62.). Schiedsrichter: Stefan Messner. Zuschauer 45 000.