DFB-Torhüter René Adler fällt für die WM aus. Bundestrainer Löw braucht nun eine neue Nummer 1. Manuel Neuer und Tim Wiese sind die Kandidaten. Stimmen Sie hier für Ihren Favoriten ab.

Leverkusen. Schock für Joachim Löw – nach dem bitteren WM-K.o. von Stammkeeper René Adler startet ein neues Torhüter-Roulette für Südafrika. Fünf Wochen vor dem Ernstfall gegen Australien am 13. Juni in Durban steht der Bundestrainer nach der überraschenden Absage des 25 Jahre alten Leverkuseners urplötzlich ohne Nummer 1 da.

Adler war untröstlich, als er Löw am Dienstag seinen WM-Verzicht telefonisch mitteilte. „Das war die schwierigste Entscheidung meines Lebens. Aber es wäre mir selbst, meinem Verein und der Nationalmannschaft gegenüber letztlich unverantwortlich gewesen, an der WM teilzunehmen“, erklärte der Schlussmann, der nach seinem Rippenbruch am 17. April am vergangenen Wochenende nach nur zwei Wochen Pause sein Comeback in der Bundesliga gefeiert hatte.

„Natürlich tut es uns sehr leid, dass René nun doch operiert werden muss und somit für die Weltmeisterschaft ausfällt“, erklärte Löw in einer Mitteildung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). In der nächste Woche beginnenden WM-Vorbereitung der Nationalmannschaft bahnt sich nun ein Duell zwischen dem Schalker Manuel Neuer (24) und Bremens Tim Wiese (28) um den Platz im WM-Tor an. Dabei gilt der hochtalentierte und sowohl von Löw als auch von Torwartcoach Andreas Köpke sehr geschätzte U 21-Europameister Neuer als der Favorit.

Löw muss darüber hinaus bis zur Nominierung des erweiterten WM-Kaders an diesem Donnerstag (12.00 Uhr) in Stuttgart einen neuen dritten Torwart aus dem Hut zaubern. Als erste Lösung bietet sich Bayern Münchens erfahrener Meister-Keeper Hans-Jörg Butt an. Der 35-Jährige war schon bei der EM 2000 und der WM 2002 jeweils dritter Schlussmann im DFB-Team. Auch Roman Weidenfeller (29) von Borussia Dortmund darf nach einer guten Saison hoffen. Löw selbst hielt sich am Dienstag bedeckt: „Wir werden nun im Trainerteam gemeinsam darüber beraten, wer als weiterer Torhüter mit nach Südafrika fährt.“

Riskant und spektakulär, aber höchst unwahrscheinlich ist eine Rückholaktion von Jens Lehmann, der nach der Europameisterschaft 2008 aus dem Nationalteam zurückgetreten war und am Saisonende seine Profi-Karriere beendet. Der 40-Jährige konnte in seiner letzten Spielzeit beim VfB Stuttgart seine Klasse nochmals beweisen und ist mit 61 Länderspielen auch viel erfahrener als Neuer und Wiese (je 2 Einsätze). Lehmann käme aber nach seinem Stammplatz bei der WM 2006 und EM 2008 kaum als eine leise Nummer 2 oder 3 infrage. „Ich sage gar nichts dazu“, äußerte Lehmann kurz und knapp am Dienstag.

Die Torwart-Frage wird Löw weit mehr Sorge bereiten als die ebenfalls am Dienstag eingegangene WM-Absage von Simon Rolfes. Der 28 Jahre alte Mittelfeldspieler und Vereinskollege von Adler war im Januar wegen eines Knorpelschadens im rechten Knie operiert worden und kann erst Mitte des Monats wieder mit Lauftraining beginnen. „Die Absage ist mir nicht leicht gefallen“, sagte Rolfes nach einem Anruf bei Löw, der längst mit dem Ausfall gerechnet hatte. „Die Entscheidung von Simon ist die einzig richtige für eine optimale Regeneration nach der Operation“, erklärte der DFB-Chefcoach.

Nach dem schockierenden Selbstmord von Robert Enke im November 2009 hatte Löw den zuvor im WM-Qualifikationsspiel gegen Russland (1:0) stark haltenden Adler Anfang März vor dem Länderspiel gegen Argentinien (0:1) in München zur Nummer 1 für die WM ernannt. Nach dem Rippenbruch feierte Adler am letzten Samstag beim 1:1 von Leverkusen gegen Hertha BSC sein Comeback. Adler spielte mit einem Brustpanzer, hielt stark – litt aber auch unter „extremen Schmerzen“, wie Bayer-Sportdirektor Rudi Völler dem „Express“ sagte.

Adler ließ sich vor seiner Absage von Nationalmannschafts-Arzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt untersuchen. Aus medizinischer Sicht wäre eine WM-Teilnahme wohl möglich gewesen, wie der Keeper sagte: „Doch die Schmerzen sind so erheblich, dass ich auf Dauer sowohl im Training als auch in den Spielen keine Bestleistung hätte bringen können. In einem derart langen und intensiven Turnier aber ist das unerlässlich. Da braucht es topfitte Spieler. Nach dem Spiel gegen Berlin musste ich einsehen, dass es keinen Sinn macht.“

Mitgefühl erntete der Pechvogel sogar von seinen Konkurrenten. „Für ihn tut es mir leid“, sagte Wiese und ergänzte: „Ich weiß nicht, ob ich jetzt die Nummer eins bin. Das muss der Trainer entscheiden.“ Wiese kann den direkten Kampf gegen Favorit Neuer allerdings erst nach dem DFB-Pokal-Finale mit Bremen am 15. Mai in Berlin gegen den FCBayern München aufnehmen. Die Nationalmannschaft trifft sich schon drei Tage früher und bestreitet am 13. Mai in Aachen gegen Malta das erste von drei WM-Testspielen – nun mit Neuer statt Adler im Tor.