Touristen reiben sich oft verwundert die Augen: Egal ob morgens um vier oder der Abend weit fortgeschritten, es wird einfach nicht dunkel.

Oslo. Die Sonne scheint hinter den Wolken hervor. Es ist hell – und doch erst vier Uhr morgens. Kein Wunder, es ist Mittsommerzeit in Oslo, nachts wird es nie richtig dunkel. Dafür ist es lange hell. An Schlaf ist da kaum zu denken. Beste Voraussetzungen für fröhliche Partys in der norwegischen Hauptstadt.

Oslo liegt so weit im Norden, dass die Sonne im Sommer früh auf- und erst spät untergeht – die nordischen Nächte sind lang. Wochenlang ist es spätabends noch so hell wie bei uns am frühen Abend. Und wenn am 23. Juni das Sankt-Hans-Fest vor dem Gedenktag an Johannes den Täufer gefeiert wird, wird es nachts sogar fast gar nicht dunkel. Das ist dann auch für die Menschen in Oslo ein besonderer Tag.

Schon am Nachmittag laufen die ersten Jugendlichen und Familien mit einfachen Einmal-Grillen oder exklusiveren Metall-Grill-Köfferchen zum Strand an den Fjord, zu Freunden oder in einen der zahlreichen Parks. Zum Beispiel im Park im Multikulti-Bezirk Grünerløkka: Auf den Grillen liegen Würstchen und Fleischstücke, Rauchschwaden weisen Neuankömmlingen den Weg.

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„Wir feiern das Fest nicht nur anlässlich der längsten Nacht des Jahres“, erzählt die Fremdenführerin Margareth Sveen. „Wir zünden dann auch große Feuer an, um die Hexen zu verscheuchen, die sich in dieser Nacht treffen.“ Doch damit nicht genug: „Ein alter Glaube besagt, dass junge Mädchen verschiedene Pflanzen pflücken und in dieser Nacht unter ihr Kopfkissen legen müssen. Dann träumen sie von dem Mann, den sie heiraten werden“, sagt Sveen. Daran glaubt heute wahrscheinlich niemand mehr so wirklich, dennoch sind auch bei diesen Feiern zur Mittsommerzeit viele Mädchen und junge Frauen zu sehen, die selbst gesteckte Blumenkränze im Haar tragen.

Besonders ausgelassen ist die Stimmung beim Folkemuseum auf Oslos Halbinsel Bygdøy. Hier feiern vor allem Eltern mit ihren Kindern. Überall liegen Picknickdecken, auf denen Salatschalen, Keksdosen und Getränke stehen. Männer grillen, Kinder toben über die Wiese. „Es ist Sommerbeginn, das muss gefeiert werden“, findet zum Beispiel Truls, der mit seinem vierjährigen Sohn, einem Freund und dessen Tochter hergekommen ist.

Mittlerweile ist es abends um sieben. Dämmerung? Die ist nicht in Sicht. Erst gegen 23.00 Uhr wird es langsam dunkler. Die Dämmerung taucht alles in ein bläuliches Licht. Auch das spektakuläre moderne Opernhaus direkt am Wasser, das mit seinem weißen Marmor sonst an einen Eisberg erinnert, schimmert nun in mystischem Blau. In der Ferne sieht man auf den zahlreichen Inseln kleine Feuer brennen, und auf dem Pier im herausgeputzen Viertel Aker Brygge spielt eine Mädchenband in Matrosenoutfits den perfekt zur Stimmung passenden Rolling-Stones-Klassiker „Let’s spend the night together“.

Das klingt verlockend, denn nach Schlafen ist einem bei diesem Licht wirklich noch nicht. Die Feier geht also noch einige Zeit weiter, doch irgendwann muss man sich erinnern, wie spät es ist. Immerhin verrät die Uhr, dass man in Deutschland schon längst schlafen würde. Da hilft nur eins: Schlafbrille überziehen, ins Bett legen und auf die ersten Sonnenstrahlen warten, die sicher bald wieder durch die Gardinen blitzen werden.

Informationen: Die Tourist-Information am Rathaus ist montags bis samstags von 9.00 bis 17.00 Uhr geöffnet, Tel.: 0047/815 30 555.