Immer öfter werden Besucherströme zu Sehenswürdigkeiten begrenzt, um Zerstörung zu verhindern

Was tun, wenn Tausende von Wanderern seltene Pflanzen zertrampeln? Wenn Hunderttausende Besucher durch ihre Ausdünstungen Höhlenmalereien abblättern lassen? Wenn zu viele Menschen an einem Ort die eigene ­Sicherheit gefährden oder das soziale Gefüge der Gemeinde sprengen? In so einem Fall wird die millionenfache Reiselust zur Last. Um die Kontrolle über die Massen zu behalten und zugleich Schaden zu begrenzen, greifen viele Institutionen zu einem Mittel: Sie begrenzen die Besucherzahlen.

Vor allem Nationalparks und Naturschutzgebiete wenden diese Art der Notwehr an, um ihre Naturschätze zu erhalten. Als Vorbild dient die Insel Vilm vor Rügen. Auf dem nur einen Quadratkilometer großen Naturwunder wurde die Zeit schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch das Verbot der Abholzung angehalten. Seit 1936 steht die Insel unter Naturschutz und seit 1990 ist der öffentliche Zugang beschränkt. Von März bis Oktober können nur 30 Teilnehmer täglich das verwunschene Eiland kennenlernen, und das auch nur bei einer Führung.

Nur noch 255 Wanderer täglich plant die Regierung von Teneriffa in die Masca-Schlucht zu erlauben. Wegen ihrer teilweise über 600 Meter hohen Felswände zieht diese jährlich bis zu einer Million Besucher an. Darunter leiden das 100-Seelen-Dorf gleichen Namens und die Natur.

Kein Besuchsverbot, sondern eine Beschränkung auf 150 Autos pro Tag gilt seit Anfang Februar für den Vulkan Haleakala auf Maui. Er ist berühmt für seinen stimmungsvollen Sonnenaufgang, zu dem früher bis zu 1000 Besucher pro Tag pilgerten. Oft standen die Autos Schlange, versperrten Rettungswege. Ein Grund, warum der Vulkan in den vergangenen Jahren so begehrt ist, sieht Parkaufseherin Natalie Gates in der Selfie-Kultur, die diesen Ort erst zum Renner gemacht hat. Der Nachrichtenagentur AP erklärte sie: „Bis zu drei Viertel der Besucher machen Fotos von sich und senden das sofort an ihre Freunde.“

Ruanda fordert viel Geld von seinen Touristen

Aber nicht allein der Haleakala-Nationalpark begrenzt den Zugang zu bestimmten Punkten. Wer auf den sagenumwobenen Half Dome im Yosemite Park klettern will, muss sich ebenfalls sputen. Nur 300 Wanderer pro Tag lässt die Parkverwaltung auf die Pfade. Zwei Monate Reservierung im Voraus sind Pflicht und wenn es zu viele Anmelder gibt, entscheidet das Los.

Zu der drastischen Maßnahme des Besucherverbots auf unbestimmte Zeit haben sich Ende 2016 die Behörden im Fall der Insel Koh Tachai in Thailand durchgerungen. Wegen des perfekten weißen Sandstrands, einem Korallenriff und seltenen Fischen avancierte die Similan-Insel in der Andamanensee zu einem beliebten Tagesausflugsziel. Wissenschaftler empfahlen aus Naturschutzgründen, maximal 70 Besucher pro Tag an den Strand zu lassen. In Spitzenzeiten – so berichtet die Zeitung „Bangkok Post“ – wurden allerdings bis zu 1000 Menschen gezählt. Die Folge: Müll, Abwasser und die schiere Überpräsenz von so vielen Menschen waren dabei, die Insel zu zerstören.

Zu viel Schweiß und Atem schaden Kunstwerken. Pilzbefall droht. Mit diesem Problem kämpfen die Konservatoren von prähistorischen Höhlenmalereien. Deshalb wurden bereits 1963 die Höhlen von Lascaux in Südfrankreich geschlossen. Auch die Nachbildung, Lascaux II, musste wegen zu hohen Besucheraufkommens schließen und wurde 2016 durch ein neues Zentrum für prähistorische Malerei ersetzt. Lediglich die Höhlen von Tito Bustillo mit Malereien, die teilweise auf ein Alter bis zu 25.000 Jahren geschätzt werden, sind noch im Original zu besichtigen. Allerdings wurde der Besuch auf täglich 360 Gäste beschränkt. Wer nicht rechtzeitig reserviert, dem bleibt nur der Besuch des dazugehörigen Museums.

Weit über eine Million Reisende besuchen jedes Jahr Machu Picchu. Die Inka-Stadt auf einem fast 2500 Meter hohen Bergrücken ist fraglos sehenswert. Doch die vielen Besucher setzen den Ruinen schwer zu. Lange hat die Unesco, auf deren Welterbeliste Machu Picchu steht, auf Maßnahmen gedrängt, nun endlich hat die zuständige Kulturbehörde reagiert. Ab Juli dieses Jahres darf die Anlage nur noch mit Guide in Gruppen bis zu maximal 16 Personen im Zwei-Schicht-Betrieb besucht werden.

Hohe Nachfrage, Einmaligkeit und Arten- bzw. Umweltschutz – diese Kombination lässt sich Ruanda fürstlich bezahlen. Das afrikanische Land setzt auf Qualitätstourismus und sucht sich seine Urlauber über die Preispolitik aus. In diesem Jahr hat sich die Erlaubnis, die seltenen Berggorillas zu erleben, auf 1500 US-Dollar verdoppelt. Ein geführter Drei-Tages-Trip kommt auf rund 15.000 US-Dollar. Rabatt gibt’s für Familien. Pro Tag dürfen nicht mehr als 80 Personen in Gruppen von je maximal acht Teilnehmern Gorillas beobachten.

Ähnlich streng verfährt auch Vietnam mit der größten Höhle der Welt. Die Soon-Dong-Höhlen wurden 1991 entdeckt. Doch erst 2009 stellte ein Forscherteam die Dimensionen dieses unterirdischen Reichs fest. Vietnam hat nur einer Firma die Lizenz für Höhlentouren verliehen – Oxalis. Diese Firma bietet verschiedene mehrtägige Touren durch die Höhle an, darf aber nicht mehr als 600 Besucher pro Saison (April bis August) durch das Labyrinth unter der Erde führen. Der Vier-Tage-Trip kostet rund 700 Euro. Das ist doch im Vergleich schon fast geschenkt!