Lieber Christian Thiery,

eigentlich wollte ich in diesem Frühjahr wieder ein paar Tage in die Wachau fahren und Dich besuchen. Aber auf meinem Schreibtisch türmt sich noch jede Menge Arbeit, so dass ich die Reise wohl auf nächstes Jahr verschieben muss. Ach, es war einfach so schön, den Auftritt der Wachau im April zu erleben. Es war die Zeit, in der die Blüten der Marillen einen zarten Schleier in Weiß und Rosé über die Wiesen legten. Dazu die Donau, die wie ein silberglänzender Leitfaden durch eine einmalige Kulturlandschaft führt, die zum Weltkulturerbe gehört.

Die historische Ortschaft Dürnstein ist ein Juwel in der Wachau: das Ensemble aus barocker Kirche mit blau-weißem Turm und burgähnlichem Schloss thront weithin sichtbar auf einer Anhöhe über der Donau und prägt die Silhouette des Ortes. Und hinter den Schlossmauern, an denen der Touristentrubel abprallt, verbirgt sich mit Hotel Schloss Dürnstein ein Kleinod der Gastlichkeit.

Es war wirklich spannend, wie Du von Deinen Eltern Johann und Rosemarie erzählt hast. Sie haben das Gebäude immer wieder verschönert und erweitert. Die Verantwortung für das Schlosshotel aber liegt inzwischen bei Dir und Deiner Schwester Maria Katharina, und ihr macht Eure Sache gut. Einfach genial war zum Beispiel die Idee, etwas unterhalb des Schlosses einen Grill-Heurigen einzurichten. Da waren sie wieder, die blühenden Marillen inmitten einer schönen Gartenlandschaft, zu der auch ein kleiner Teich und eine Liegewiese gehört. Spezialitäten direkt vom Holzkohlegrill habe ich dort genossen, Köstlichkeiten vom Beilagen-Büffet geholt und mal ein Bier getrunken.

Ich weiß, das war eigentlich ein Fauxpas angesichts des exzellenten Weinkellers. Doch den habe ich dann auf der Terrasse im Schlossrestaurant genossen. Es sollte ein Grüner Veltliner sein, der typische Wein der Region. Deine Empfehlung für ein Fläschchen vom Weingut Gritsch aus dem benachbarten Dorf Spitz war genau so gut wie der Tipp, doch auch mal einen Gelben Muskateller zu probieren, sehr elegant und mit einem Hauch von Marille. Dazu wird feine Hauben-Küche serviert. Das Wiener Kalbsrahmbeuscherl oder die Donauhuchen und Krebserl würde ich gleich wieder bestellen.

Wohl gefühlt habe ich mich auch in meinem Zimmer. Stilvoll und heimelig zugleich war es, eingerichtet mit Antiquitäten. Vielleicht überlege ich es mir doch noch, schaffe meine Arbeit und komme wieder ein paar Tage in die Wachau. Am liebsten wieder jetzt, im April, da blühen ja die Marillen. Wäre da überhaupt noch ein Zimmer frei? Es muss ja nicht die ­Barock-Suite sein mit dem alten ­Kachelofen, dem anmutig geschwungenem Intarsienholz und den vergoldeten Arabesken und der steinernen Kassettendecke.

Herzliche Grüße, Detlef Berg