Erinnern Sie sich noch an die antiquierte Art des Reisens mit dem Auto in einer fremden Region (hier: die Toskana), als der Begriff Navi noch nicht erfunden war? Oder anders ausgedrückt: Die weibliche Stimme, die dem Herren der Schöpfung am Lenkrad den Weg diktierte, war nicht computergeneriert, sondern gehörte zu einer Frau aus Fleisch und Blut, die auf dem Beifahrersitz saß und permanent über Übelkeit klagte, weil sie die Straßenkarte lesen musste.

Zumeist griff der Mann nach etwa einer Stunde sanft korrigierend ein, indem er sie darauf aufmerksam machte, dass sie die Straßenkarte verkehrt herum hielt. Dann sah sie ihren Göttergatten dankbar an, kramte eine Blechdose aus ihrer Handtasche hervor, in der sich mit Puderzucker bestäubte „Autofahrerbonbons“ befanden, und steckte ihm einen sauren Drops während des Wendemanövers in den Mund. Manchmal kullerte der Bonsche auch hinunter in den Fußraum, wo er am Bremspedal kleben blieb. Damals sagte man übrigens häufig noch Schatz zueinander.

Der Vater fuhr also, die Mutter sagte – so wie daheim -, wo es langging, die Kinder auf der Rückbank mopsten sich, schnallten sich ständig ab und wieder an, balgten sich, und wenn es der Mutter gelang, sie zu beruhigen, fragten sie: „Wir haben Hunger! Wann sind wir da?“ Nebenbei bemerkt, war diese Frage oftmals berechtigt.

So ist man heute mit dem Navi klar besser dran. Und die Zeit, die man vor Fahrtantritt damit verbringen muss, um dieses verfluchte Teil richtig zu programmieren, holt man durch die optimierte Streckenführung später locker wieder rein.

Doch das Navi besitzt auch einen entscheidenden Nachteil: Es hat mit dafür gesorgt, dass unser Entdeckergen verkümmert. Dabei führt nicht jedes verkehrte Abbiegen zwangsläufig in ein Industriegebiet. Plötzlich taucht ein mittelalterliches Dorf in einer verträumten Landschaft auf, und da ist, „nun sieh doch mal, Schatz!“, ein kleines Weingut mit angeschlossenem Restaurant, in dem à la Mama gekocht wird – und wo man sich ehrlich darüber freut, dass Sie sich im Grunde bloß verfahren haben.