Auf Reisen ist Zeit kostbar. Tickets und Ausflüge lassen sich mittlerweile bequem vorher online buchen

„Es war ein schönes Gefühl, einfach an den anstehenden Personen vorbei in den Lift zu steigen“, schreibt eine ­Nutzerin auf der Webseite von Get Your Guide über ihren Besuch auf dem ­Berliner Fernsehturm. Das Ticket hatte die Frau schon vorher über die ­Online-Plattform gekauft, mit Angabe des Datums und der geplanten Uhrzeit. So erhielt sie bevorzugten Einlass. Das ­Anstehen an der Tageskasse und langes Warten vor den Fahrstühlen entfielen.

Tickets für Sehenswürdigkeiten und Ausflüge lassen sich heute bequem online buchen. Get Your Guide, Tripadvisor und Expedia sind die größten Anbieter und arbeiten mit Museen, Ausflugszielen und Touranbietern zusammen. Auf den Portalen finden sich verschiedene Urlaubsaktivitäten: Museumsbesuche, Besichtigungen bedeutender Sehenswürdigkeiten, Touren zu Fuß, auf dem Segway oder per Bus.

Get Your Guide wurde 2009 gegründet und hat rund 30.000 Aktivitäten in mehr als 100 Ländern im Angebot. Das Portal sei genau darauf spezialisiert, erklärt Gründer Johannes Reck. Expedia hingegen ist als Reiseanbieter gestartet. Tripadvisor begann als Bewertungsportal und kaufte 2014 das Unternehmen Viator, das sich auf buchbare Touren und Aktivitäten spezialisiert hatte. Neben den großen drei gibt es noch mehrere kleinere Portale am Markt.

In Ferienzeiten lohnen sich Online-Tickets besonders

Die Angebote der Buchungsportale bieten für den Urlauber einige Vorteile. Die Reise wird planbarer, da online gebucht und gezahlt werden kann. Stornieren ist ebenfalls möglich. Das lästige Anstehen vor einer Sehenswürdigkeit fällt weg, in früheren Zeiten ein echter Zeitfresser. Vom Ticketkauf bis zum Betreten des Fahrstuhls können zum Beispiel am Eiffelturm bis zu vier Stunden vergehen, je nach Wetter und Saison. Das Ticket schon zu haben, lohnt vor allem in den Ferien und am Wochenende.

Zahlt der Reisende für die Zeitersparnis drauf? Im Prinzip nicht. Get Your Guide wirbt mit den besten Preisen. Ein Besucher zahlt also auf dem Portal nie mehr als an der Tageskasse oder beim Touranbieter direkt. Ein Preisvergleich ist dennoch empfehlenswert, denn auf den Online-Buchungsseiten können Zusatzleistungen enthalten sein. Ein Beispiel: Ein Ticket für die höchste Plattform des Eiffelturms kostet vor Ort 17 Euro. Auf Get Your Guide zahlt man für eine Karte bis zur mittleren Plattform ganze 36 Euro. Ohne Anstehen, aber mit Guide. Wer den tatsächlichen Eintrittspreis nicht kennt und keinen Führer braucht, zahlt also unnötig drauf.

Ein Vorteil der Portale: Nutzer finden womöglich Angebote, auf die sie vor Ort nie gestoßen wären. „Ein Beispiel dafür ist Siviwe Mbinda, Gründer der Vamos Township Tours in Kapstadt. Zufriedene Gäste seiner Tour haben ihn auf Tripadvisor weiterempfohlen. Inzwischen erhält er 80 Prozent seiner Kunden über diesen Eintrag“, berichtet Dermot Halpin, der bei Tripadvisor das Segment der Attraktionen verantwortet. Die großen Portale verhelfen so lokalen Tourismusanbietern zu mehr Sichtbarkeit. „Für die Anbieter touristischer ­Aktivitäten sind Get your Guide und Co. ein sehr guter Vertriebskanal“, bestätigt Christian Tänzler von Visit Berlin. Das Marketing der Hauptstadt vertreibt die Berliner Touristenkarte über einige der genannten Anbieter und zahlt dafür eine Provision. „Das ergänzt das Port­folio und funktioniert nicht anders als über die üblichen Vertriebskanäle“, sagt Tänzler.

Ob man immer auf die Empfehlungen der anderen Nutzer vertrauen kann, ist offen. Bei Tripadvisor kann jeder angemeldete Nutzer Bewertungen veröffentlichen. Es wird nicht geprüft, ob die Person tatsächlich vor Ort war oder ob es sie überhaupt gibt. Bei Get Your ­Guide dagegen können nur Menschen, die eine Aktivität auch gekauft haben, bewerten. Bei Expedia gibt es hingegen gar keine ausformulierten Bewertungen von Touren. Für einfache Eintritts­tickets spielt dies aber ohnehin keine Rolle.

Buchungs-Apps werden künftig immer wichtiger

Werden Tickets für Sehenswürdigkeiten und Ausflüge bald ausschließlich online gebucht? Sicher nicht. Doch angesichts der Portale scheint es fast wie ein ­Anachronismus, sich in Paris zwei Stunden in die Schlange vor dem Eiffelturm zu stellen. Die Zahl der online gebuchten Reisen jedenfalls steigt stetig, das Potenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft. 20 bis 30 Prozent des Reise­budgets würden vor Ort ausgegeben, sagt Johannes Reck von Get Your ­Guide. Er schätzt den weltweiten Markt für online gebuchte Urlaubsaktivitäten auf 100 Milliarden Euro, in Europa auf 40 Milliarden Euro.

„Eine immer größere Rolle dürfte in Zukunft die stetig wachsende Ver­breitung mobiler Endgeräte und passender Apps spielen, über die sich auch von unterwegs schnell und einfach buchen lässt“, sagt Iris Gleicke, Tourismus­beauftragte im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Hinzu kommt, dass WLAN auf Reisen an immer mehr Orten kostenlos verfügbar ist. Nicht nur in Hotels, sondern vielerorts bereits ­flächendeckend im City-Bereich.

Der Berliner Fernsehturm gilt bei Get Your Guide als die beliebteste ­Aktivität Berlins. Täglich werden über das Portal rund 50 Buchungen vermittelt. Insgesamt werden jedoch bisher nur 20 Prozent aller Tickets für die ­Attraktion online vertrieben. Das zeigt, welches Entwicklungspotenzial der Markt hat. Und wie viele Menschen sich im Urlaub immer noch in lange Warteschlangen stellen.