Im Flugzeug rücksichtslos zu agieren, erzeugt Unmut. Tipps, um den Flug trotz Enge gemeinsam zu genießen

Nur wenige Menschen können es sich leisten, ganz allein im eigenen Jet oder zumindest erster Klasse zu fliegen. Die meisten müssen mit Hunderten ­anderer Fluggäste auf engem Gestühl ein paar Stunden gemeinsam verbringen. Wer nicht aufpasst, kommt schnell in Körperkontakt mit dem Nachbarn, denn selten sind Economy-Sitze heut­zutage breiter als 46 Zentimeter, und der Abstand zum Vordermann ist auf Kurzstrecken inzwischen auf unter 76 Zentimeter zusammengeschrumpft. Rentabilität geht vor Komfort, Airlines pressen immer mehr Passagiere in ihre Maschinen. Doch Massenabfertigung und eine gestresste Crew sind kein Freibrief für Rüpel.

Drängler sind nicht schneller. Egal, wie sehr manche versuchen, die beste Startposition für den Einstieg zu ergattern, erst wenn alle sitzen, geht’s los. Auch beim Aussteigen hilft es nicht – kaum hat die Maschine den Boden berührt –, aufzuspringen und sich nach vorne zu kämpfen, um möglichst als Erster die Passkontrolle zu passieren. Spätestens am Gepäckband warten alle wieder vereint auf ihre Koffer.

Wo bleibt bei Grüßmuffeln die gute Kinderstube? Grüßen wir nicht, wenn wir einen Raum mit Personen betreten? Diese Regel sollte erst recht gelten, wenn wir die nächsten Stunden Ell­bogen an Ellbogen neben Fremden ­sitzen. Selbst ganz schüchternen Menschen sollte es möglich sein, die Sitznachbarn mit einem freundlichen ­Nicken zur Kenntnis zu nehmen. Den Zwang zur Unterhaltung gibt es schließlich nicht. Im Gegenteil, an den non­verbalen Signalen des Gegenübers ist zu erkennen, ob er überhaupt angesprochen werden will.

Auch die Crew freut sich über höfliches Verhalten

Das Gepäckfach gehört allen. Terri­torialansprüche direkt über dem eigenen Sitz gibt es nicht. Natürlich sind die Airlines ein wenig selber schuld an berstend vollen Gepäckablagen. Seit sie das Check-in-Gepäck der Kosten wegen mehr und mehr beschränken, versuchen viele Reisende, das Handgepäck bis zur erlaubten Maximalgrenze auszuschöpfen. Jeder muss also seine Sachen da unterbringen, wo er Platz findet. Falls jedoch nur der Platz unter dem Sitz bleibt, sollte man darauf achten, dass das Gepäck die Beinfreiheit anderer nicht einschränkt.

Kaum sitzen alle, beginnt der stille Kampf um die Armlehnen. Meine, deine, meine – aber so funktioniert das nicht. Grundsätzlich sollten die, die in der Mitte sitzen, als erste gefragt werden, ob sie die Lehne beanspruchen wollen, sie haben ohne Zweifel die schlechteren Sitze. Wenn nur zwei nebeneinander sitzen, einigt man sich entweder oder überlässt dem anderen höflicherweise die Armstütze. Übrigens: Nicht nur Armlehnen sind klassische Kampfzone, auch Passagiere, die ihre Zeitung quasi über den Nachbarn ausbreiten, gehören zu der Spezies Egoist. Einfacher Tipp: Zeitungen lassen sich auch kleiner falten.

Über nichts regen sich Passagiere mehr auf als über eine zu weit zurückgestellte Rückenlehne. Einer Umfrage des London City Airports zufolge ärgert das 63 Prozent der Befragten. Die Gründe dafür sind offensichtlich, der Hintermann liegt einem schließlich fast im Schoß und der Betroffene kann daran überhaupt nichts ändern. Wer also seine Rückenlehne nach hinten kippen will, sollte sich netterweise umsehen. Ist der Nachbar mit dem Essen noch nicht fertig, kann man noch ein paar Minuten warten.

Sichtblende rauf, Sichtblende runter. Kein Zweifel, wer am Fenster sitzt, hat die Kontrolle über Licht und Schatten – aber auch die Verantwortung. Wenn die Mehrheit schläft, bleiben die Rollos unten. Auch der ruhende Sitzgenosse nebenan muss nicht mit einer unbedacht nach oben gezogenen Sichtblende wieder ins Diesseits geblendet werden. Gibt es eine traumhafte Aussicht, dann drückt sich der zuvorkommende Fensterplatzbesitzer schon mal in die Rückenlehne, damit die ­Reihennachbarn den Blick ebenfalls ­genießen können.

Je nach Bestuhlung gibt es zum Beispiel bis zu 20 Toiletten in einer Boeing 747 mit rund 360 Passagieren. Besonders nach dem Essen und vor der Landung bilden sich lange Warteschlangen davor. In solchen Stoßzeiten lange auf dem stillen Örtchen zu trödeln, etwa Kreuzworträtsel zu lösen oder sich komplett neu zu schminken, ist rücksichtslos. Solche und andere Aktivitäten lassen sich auch außerhalb der Rushhour erledigen. Und noch etwas: Ein möglichst sauberes WC zu hinterlassen ist nicht nur Höflichkeit, sondern Pflicht.

Ein bisschen die Beine vertreten, der Gang zur Toilette, mal nachsehen, wie die Snacklage in der Bordküche aussieht. Es gibt zahlreiche Anlässe, auf längeren Flügen aufzustehen. Viele halten sich dabei beim Aufstehen an der Vorderlehne fest und vergessen, dass dies den Vordermann erheblich stören könnte. Wer ruckartig und mit viel Gewicht die Lehne als Stütze anpackt, reißt leicht den anderen aus dem Schlaf. Wer oben an der Lehnenkante nach Halt sucht, greift nicht selten in den Schopf eines Fluggastes, der seinen Kopf angelehnt hat. Also, ein kurzer Blick auf den anderen und vorsichtigere Bewegungsabläufe sorgen für ein störungsfreies Aufstehen.

Und zum Schluss: Trotz eines bezahlten Flugtickets und dem damit verbundenen Anspruch auf eine Transportleistung mit Heißgetränk, freut sich die Crew über höfliches Verhalten. „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus“, besagt das alte Sprichwort. Arroganz und Befehlston sind also unangebracht. Die Umfrage des London City Airports bestätigt das. So fühlen sich dann nicht nur die Flugbegleiter schlecht behandelt, sondern auch über die Hälfte der Passagiere (53 Prozent der Befragten) nervt so ein Benehmen.