Barcelona. Street Art: In Barcelona prangen kunstvolle Graffitis an Hauswänden – und Star-Köche geben Kurse auf dem Markt. Hier die besten Tipps.
Und der Fisch, der zeigt hier Zähne. El Pez trägt sie mitten im Gesicht: an zahllosen Rollläden in Barcelonas bunten Vierteln, in Raval, Barri Gotic und in Born, dem derzeit gefragtesten Quartier um die gotische Kirche Santa Maria del Mar. Der Zähnefisch entstammt den Sprühdosen des Street-Art-Künstlers El Pez.
Mit Namen ist das in der Graffiti-Szene so eine Sache. Früher hätte ein Betrachter „Schmierfink“ gesagt. In der Kunstmetropole Barcelona – neben Berlin und São Paulo weltweit die Hochburg der Straßensprüher – ist El Pez einer der Auffälligsten. Seine Fische halten länger als Durchschnittsgraffitis, die flüchtigste aller Künste.
„Man übermalt oder übersprüht nicht einfach, was ein Kollege gemacht hat“, sagt Mike Frankos, der Tourguide auf diesem fast zweistündigen Fußmarsch, der den Blick auf Barcelona völlig neu schärft. Die Stadtverwaltung reinigt gerade mal Wände oder Schilder. Was auf Verteilerkästen, Rollläden und an unzugänglichen Hausecken prangt, wie die sorgfältig eingedrückten Blechdosen mit den positiven Botschaften („True Romance“), überdauert Monate.
Künstler malen, sprühen, kleben und kacheln Werke an die Wände
Mike ist ein Amerikaner mit Hang zum Schnellsprech. Er sieht in der Street-Art die Alltagsmentalität der Katalanen reflektiert: „Happy, offenherzig, bunt, ein bisschen naiv.“ Ein Landsmann, der für den Job aus den USA nach Barcelona verpflanzt wurde, hat aus Frust über seine Fernbeziehung den Siebabdruck eines Fotos seiner Freundin an Dutzende Hauswände gepostet. Das hat seiner Flamme natürlich imponiert, als sie zu Besuch kam. Es war ihr aber auch etwas peinlich.
Kunst und Kochen in Barcelona
"Piece" oder "Throw up": Die Graffiti-Szene hat ihre eigene Sprache
Südamerikanische, skandinavische, asiatische Künstler malen, sprühen, kleben und kacheln ihre Werke an die Häuser. Sie heißen HNRX, Dixon, Vegan Bunnies oder SM172. Die Zahl entstammt der Zimmernummer eines billigen Künstlerhotels. Manchmal ist es nur ein „Tag“, eine Signatur, bisweilen ein etwas aufwendigeres „Throw up“, was auch „hinkotzen“ bedeutet, oder ein „Piece“, ein Meisterwerk, das größere Arbeit und Ausmalen vor Ort erfordert. Wegen Sachbeschädigung geschnappt werden wenige. Straßenkünstler fallen tagsüber am geringsten auf. Mike weiß: „Verdacht erweckt nur, wer nachts mit Leiter unterwegs ist.“ Das größte Museum der Stadt ist nichtsdestotrotz ein 24/7-Betrieb.
Berühmt für seine beiläufigen, teils selbstauflösenden Meisterwerke ist Francisco de Pajaro („Kunst ist Müll“). Die Legende besagt, dass er als junger Surrealist ohne jeden Erfolg blieb. Dazu muss man wissen: Surrealist in Barcelona – das ist wie Schiffsmaler in Hamburg: gibt’s wie Sand am Meer. Er soll vor Jahren aus einer erfolglosen Vernissage gestürmt und durchgedreht sein. Er wütete im Sperrmüll. Dann sortierte er Weggeworfenes neu, klebte hier etwas an, sprühte dort über und ließ alles am Straßenrand stehen.
Francisco de Pajaro schuf ganze Ensembles von „Kunst ist Müll“. Das wiederum fiel dem Galeristen Robert Burt auf, einem Amerikaner, dessen Sohn auf einem Skateboard mit Tutanchamun-Bemalung durchs Viertel kreuzt. Burt holte den durchgeknallten Künstler in seine Galerie, ließ ihn geschützt arbeiten, begeisterte internationale Kunden für den scheuen Mann. Heute verkauft Francisco de Pajaro Werke für fünfstellige Summen, Tendenz steigend.
Was Only-apartments so besonders macht
Robert Burt und seine Klienten kamen halbwegs sicher durch die Wirtschaftskrise, weil seine Galerie an der Schnittstelle zwischen den Touristenströmen der Ramblas und den In-Vierteln liegt. Am Leben hielt ihn nur die Laufkundschaft, die sah, dass es außer Picasso, Dalí und Gaudí in Barcelona eine Kunst zu entdecken gibt, die ihresgleichen sucht. Auch die in den 90er- und Nullerjahren gestiegene Besucherzahl hat nur einen Grund: Olympia.
Die Spiele 1992 bewirkten einen Erneuerungsboom, der Altes mit Modernem verband, der zeitgemäße U-Bahnen und Busse hervorbrachte, behindertengerechte Rampen an den Bürgersteigen und neue Unternehmen mit umweltgerechten Ideen ansiedelte. Die Olympischen Spiele lösten einen volkswirtschaftlichen Effekt aus, von dem die Katalanen im arg gebeutelten Spanien noch heute profitieren.
Wie Barcelona von den Olympischen Spielen 1992 profitierte
Hinter Paris und London gehört Barcelona in Europa zum Städtequartett mit den meisten internationalen Gästen (7,8 Millionen). 1990 war es ein Fünftel davon. Die katalanische Stadt ist die Lokomotive des europäischen Städtetourismus, zumal wegen der direkten Mittelmeerlage und der Kreuzfahrer.
Vor Olympia eine Hafenstadt, die international in etwa so bekannt war wie La Coruna, steht Barcelona heute selbstverständlich auf Flugplänen reisefreudiger Chinesen, Russen, US-Amerikaner.
Google: Barcelona als Suchbegriff aufgewertet
Bei Google hat der kombinierte Suchbegriff „Barcelona Olympia“ unter den beliebtesten Schlagworten die etablierten Sehenswürdigkeiten mit Namen Sagrada Familia, die unvollendete Kathedrale, Gaudí und Picasso abgelöst. Bestenfalls ein postmoderner Fuß-Künstler namens Messi kann bei Google in Kombination mit dem Stadtnamen und einem FC davor noch mithalten.
Vueling – eine ungewöhnliche Airline
Noch heute singen die Barca-Fans in Erinnerung an den Verlust der Unabhängigkeit im Jahr 1714 und die unerbetenen Bourbonen-Herrscher bei jedem Spiel des FC Barcelona nach 17 Minuten und 14 Sekunden die Hymne der Katalanen. Die Privatbrauerei Moritz füllt ein Bier ab, das „Barcelona Born 1714“ heißt. Auch das Gastro-Unternehmen profitiert von der wachsenden Stadt. Zum Restaurant, der Weinbar und den erdigen Bieren aus der Mikrobrauerei kommt jetzt ein Eventkeller mit einer Bar, die sich aus dem Untergrund in die Lounge hochfahren lässt. Die Schlangen vor der Tür werden immer länger.
Wer noch enger mit dem Alltag der Katalanen verbunden sein will, bucht kein Hotel, sondern ein Apartment. Auf dem heimischen – und inzwischen auch auf einem gewaltigen internationalen – Markt hat sich ein Unternehmen breitgemacht, das von Barcelona aus geführt wird: Only-apartments. Managerin Lucia Casado Menéndez spricht von 125.000 Apartments in 2000 Städten, die übers Internet buchbar sind.
Neuster Trend sind Markttouren mit lehrreichen Kochkursen
Aber man hat noch längst nicht das Lokalgefühl, wenn man nicht selbst auf dem Markt Fisch oder Fleisch, Gemüse und Gewürze eingekauft hat. Mit einer spritzigen Geschäftsidee engagieren verschiedene Anbieter herausragende Köche, mit denen man in kleinen Teams direkt im La Boqueria Markt schnippeln und brutzeln kann. Und essen selbstredend.
Bei bcnkitchen.com bindet sich bisweilen Alvaro Brun die Schürze um, wenn er mit einer Gruppe und seinem Einkaufstrolley vom Markt die Treppen zum dritten Stock emporsteigt. Dann hat er schon erklärt, warum gute spanische Schweine schwarz sein müssen, auf welche Textur man beim Schinken achten sollte, welcher Stand den besten Fisch hat und dass er keine Pilze sammelt, sondern sie „jagt“.
Alvaro streut in einem Singsang aus Englisch mit spanischen Einschlägen Fachbegriffe ein wie den Weißwein Xarel (sprich: Scharel) und Crema Catalana. Das ist die bessere (Was denn sonst?) Crème brûlée. Er gibt Anweisungen, zeigt, wie man ohne großes Heulen Zwiebeln schneidet, wie man Knoblauch und Tomaten auf kross angebackenes Weißbrot reibt und den Reis („Nur Bomba, nie Risotto!“) für die Paella leicht brät und mit dem Schwarz der Tintenfische färbt.
Star-Koch Alvaro Brun zeigt, wie man Paella zubereitet
Der Koch, der in London und Brasilien in Sterne-Restaurants auftischte, unterbricht sich selbst nur mit kurzen Rufen nach seinem stillen Helfer Abdul. „Abdul! Das Salz ist alle!“ Sein Assistent füllt nach. „Abdul! Wo sind die schärferen Messer?“ So einen Abdul hätten viele gerne, die sich hier mit den Langusten abmühen oder Tomaten häuten. Abdul kann wohl auch kochen, und sogar Alvaro gesteht: „Es gibt Köche, die sind besser als ich, wenige natürlich. Aber die können nicht so gut Englisch.“
Die kleinen Tipps im Workshop sind so hilfreich wie die großen Weisheiten, die Alvaro Brun in die Küche streut. Sie erinnern an das Motto von Gusteau, dem Koch aus dem Animationsknüller „Ratatouille“: „Jeder kann kochen!“
Hier klicken und die Rezepte für die Gazpacho, die Paella und weitere Gerichte herunterladen und nachkochen
Anreise: Flüge von Hamburg nach Barcelona zum Beispiel günstig mit Vueling, Germanwings oder Ryanair.
Übernachten: Hotels in allen Kategorien und Preisklassen, Apartments von Only-apartments.com
Touren und Tipps: Graffiti und Street Art bei barcelonastreetstyletour.com. Kochen bei bcnkitchen.com. Für Moritz Brauerei und Restaurant hier klicken
Barcelona-Tipps von Star-Koch Alvaro Brun:
Wo die Katalanen hingehen:
Tapas:
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Teuer: