Bedient, verwöhnt, umworben: In der Turracher Höhe in Österreich fühlt sich der Gast tatsächlich wie ein VIP

Wie bei einer Luxussafari in der Savanne erscheint plötzlich eine Fata Morgana, die einen weiß gedeckten Tisch vorgaukelt, an dem ebenso weiß behandschuhte Kellner eisgekühlten Champagner ausschenken. Ein vermeintliches Trugbild, das sich beim Heranpirschen als reale Szene entpuppt. Vorausgesetzt, man zahlt genug Geld.

Ebenso unvermittelt taucht auf den Schneehängen der Turracher Höhe in Österreich ein Motorschlitten als „Butlermobil“ auf, ein Tisch auf Kufen, an dem ein livrierter Lakai, bzw. eine schmucke Kollegin, Perlendes in Gläser füllt, um es den perplexen Wintersportlern zu reichen. Eisgekühlt ohne Not, nicht minder dekadent, aber ungleich preiswerter als auf der Safari. Nämlich zum Nulltarif.

Und zwar für alle Wintersportler, die gerade des Wegs kommen. Die weiteren Dienste der drei Pistenbutler Gertraud, Ulrich und Elmar darf allerdings nur kostenlos in Anspruch nehmen, wer als Gast in einem von elf gekennzeichneten Hotels gebucht hat, die diesen exklusiven Service anbieten – als Butler-Sharing gewissermaßen. Teurer wird es beim „Rent a Butler“ für einen Privattag mit Diener.

Ein Zeitsprung in die Feudalherrschaft der k. u. k. Monarchie? „Auf keinen Fall“, beteuern die Tourismusleute vor Ort. Um einen Marketinggag würde es sich handeln, um eine Luxuszugabe für den umworbenen Urlauber. Damit die Turracher Höhe unvergesslich bleibt. Zweimal pro Woche dürfen Gäste der elf Hotels an Aktivitäten teilnehmen, zu denen der Butler sie einlädt: zum Kennenlernen des mit 38 Pisten-Kilometern überschaubaren Skigebiets, zum Boarden im Snowpark und auf der 850 Meter langen Funslope oder zu einer rasanten Fahrt im Ganzjahres-Alpincoaster „Nocky Flitzer“. Zweimal die Woche geht er mit den Gästen zum Nachtrodeln an der Sonnenbahn und setzt sich zu jenen auf die Schlitten, die sich ohne ihn fürchten würden.

Stilecht in Livree mit Goldknöpfen verrichten die „Diener“ ihre Dienste

Er kennt die besten Abfahrten und Aussichtspunkte, auch den „Einkehrschwung“ in Hütten mit erstaunlich feiner Küche beherrscht er bestens. Mittwochs stapfen er und ein Zweitbutler mit Urlaubern in aller Herrgottsfrühe zum Sonnenaufgang mit anschließendem Almfrühstück auf der Hütte. Vorher probt er schon mal den Kniefall, um den morgenmüden Ladys die sperrigen Schneeschuhe zuzuschnallen. Schön dekadent eben. Die ganze Aktion nennt sich blumig „Morgenstund-Trilogie mit dem Pistenbutler“, macht aber das zeitige Aufstehen auch nicht leichter.

Elmar heißt der Butler, der uns mit dem „First Ride“ zu motivieren versucht, sprich, frische Spuren von der Hütte durch den jungfräulichen Schnee zu ziehen, lange bevor die Seilbahn vom Tal die ersten Skifahrer heraufbringt.

Angetan mit goldbetresster Uniform, versehen mit sämtlichen Insignien, die einen Diener auszeichnen, zumindest wie ihn sich weniger Privilegierte, die sich einen Home-Lakaien nicht halten können, gemeinhin so vorstellen. In Fantasieuniform verrichtet er seinen Außendienst am Hang und auf dem zugefrorenen Turracher See, durch den die unsichtbare Grenze zwischen Kärnten und der Steiermark verläuft. Ein Seetaxi, an das sich die Skiläufer hängen können, um von einer Seite, von einem Skigebiet zum anderen zu kommen, überquert den See im ständigen Pendeldienst.

Einen Goldknopf hat er jüngst verloren, vor lauter „Gästekümmern“ sei er noch nicht zum Annähen gekommen. „Lieber jetzt nicht fotografieren“, bittet er, „der Ruf!“

Einen Lederhelm trägt er, der eigentlich eher fürs Motorrad taugt, aber recht nostalgisch wirkt – wie auch die riesige runde Schneebrille, eingefasst in Leder und Metall, scheinbar der uralten Requisitenkammer eines Luis-Trenker-Films entsprungen. An die Füße hat er lange Latten im Holzlook geschnallt, aus dem Rucksack zückt er Lutscher und Himbeerwasser für Kinder, Taschentücher und Traubenzucker für entkräftete Erwachsene. Im Frühjahr verteilt er Eis – natürlich nicht irgendeine Null-acht-fuffzehn-Marke, sondern nur Bio-Gefrorenes vom Bergbauernhof.

Seit nunmehr 14 Jahren gibt es den ungewöhnlichen Service schon, im Winter 2014/15 ist Elmar zum zweiten Mal im Einsatz. „Vorher war ich Skilehrer“, sagt der Umsteiger. „Aber wer kann schon von sich behaupten, Pistenbutler zu sein?“ Im Sommer mutieren er und seine Kollegen zu Almbutlern auf der Turracher Höhe. „Doch ob mit oder ohne Schnee“, weiß der kernige Kärntner, „flexibel musst halt schon sein in dem Job.“