Das Hotel Ringelnatz in Warnemünde bringt Gästen seinen Namenspatron auf viele Arten nah. Der deutsche Schriftsteller ist im Konzept fest implementiert und Frühstück gibt es auch für Langschläfer.

Im Café bleibt an diesem Vormittag kein Platz frei. Die Gäste haben es sich auf den roten Sofas und dunklen Holzstühlen bequem gemacht und lassen sich die verschiedenen Marmeladen, Käse- und Schinkensorten, Fischhäppchen, Rühreier und Obst schmecken. Das Frühstück im Hotel Ringelnatz in Warnemünde wird auf einer Etagere am Tisch serviert und ist längst nicht nur bei Hotelgästen beliebt.

An den Wänden hängen alte Schwarz-Weiß-Fotografien von Joachim Ringelnatz und seiner Frau, die er mit einem Augenzwinkern „Muschelkalk“ nannte. „Ich bin so knallvergnügt erwacht, ..., aus meiner tiefsten Seele zieht, mit Nasenflügelbeben, ein ungeheurer Appetit nach Frühstück und nach Leben“, schreibt Ringelnatz in seinem Gedicht „Morgenwonne“, das ebenfalls gerahmt an der Wand hängt und die Gäste schmunzeln lässt.

„Wir entschieden uns für Ringelnatz als Namensgeber, weil er als Seemann auch in Warnemünde war“, berichtet der Hotelpächter Norbert Ripka. Der gebürtige Warnemünder, der mehrere Jahre im Kurhaus des Seebads beschäftigt war und eine Catering-Firma leitet, kam nach einem Besitzerwechsel über Kontakte zu dem kleinen, feinen Haus an der Alexandrinenstraße, die parallel zu der bekannten Flaniermeile Am Strom verläuft. Einst war im Erdgeschoss des Hotels das traditionsreiche Café Meyer ansässig, das schon Joachim Ringelnatz besuchte, wenn er in Warnemünde war. Dem Café Meyer folgte das Café Wegner, das später eine Ecke weiter zog und sich heute gegenüber dem Hotel befindet.

Joachim Ringelnatz, der 1883 in der Nähe von Leipzig geboren wurde und 1934 in Berlin starb, arbeitete als Schiffsjunge und Matrose und absolvierte seinen Militärdienst bei der Marine. Bekannt wurde er als deutscher Schriftsteller, Kabarettist und Maler vor allem mit seinen humoristischen Gedichten um die Kunstfigur, den Seemann Kuttel Daddeldu. Laut Norbert Ripka, der sich viel mit Ringelnatz beschäftigt hat, ist ein Teil der Gedichte in Warnemünde entstanden.

Das kleine weiße Hotel im Stil der Seebadarchitektur, das um die vorletzte Jahrhundertwende gebaut wurde, eröffnete im Mai 2011. Eine Designerin aus Rostock entwickelte das Logo aus dem Konterfei und Namenszug von Ringelnatz, das sowohl die Außenwand des Hotels als auch dezent die Bettwäsche ziert. Innenarchitekten gestalteten die vier Zimmer und zwei Appartements in modernem Design: Wandbilder auf goldenem Untergrund, moderne Beleuchtungskonzepte kombiniert mit altem Stuck, unverputzte Wände, Möbel in Weiß und dunklen Holztönen. Nach Ringelnatz heißen sie beispielsweise „Muschelkalk“, „Kuttel Daddeldu“ und „Morgenwonne“.

Ein Paar aus Dortmund hat sich für das romantische Zimmer Muschelkalk mit Whirlpool-Wanne entschieden. Ein Vers von Ringelnatz darüber bringt sie zum Lachen: „Die Badewanne prahlte sehr. Sie hielt sich für das Mittelmeer.“

„Alles ist sehr modern, es gibt ein tolles Bad und das bequemste Bett, das wir je hatten“, schwärmt Steffi Rößler. Ihr Partner Dirk Stickeln weiß außerdem die Holzböden mit Fußbodenheizung zu schätzen. Ein verlängertes Wochenende lang genießen sie die zentrale Lage, von der sie in Warnemünde alles zu Fuß erreichen können. Jeden Morgen, vor einem späten und ausgiebigen Frühstück, joggen die beiden zum Leuchtturm und an dem weiten und breiten Strand entlang. Nachdem sie Warnemünde erkundet, eine Fahrradtour in die Umgebung und eine Schiffsfahrt gemacht haben, planen sie noch einen Ausflug nach Rostock.

Im Raum hinter dem Café befindet sich eine Galerie mit einer Ausstellung über Ringelnatz, die sich etwa viermal im Monat in einen Veranstaltungsraum für Lesungen und Konzerte verwandelt. Außerdem bereitet der Chef Norbert Ripka regelmäßig unter dem Motto „Ringelnatz kocht“ für seine Gäste ein dreigängiges Menü zu.

Die beiden Dortmunder haben ihre Ausflugspläne geändert und sind noch einmal am Strand entlangspaziert. Vielleicht haben sie da ein Segelboot gesehen – wie Ringelnatz es beschreibt: „Es rauscht wie Freiheit. Es riecht wie Welt. Natur gewordene Planken sind Segelschiffe. Ihr Anblick erhellt und weitet unsre Gedanken.“ Den Abend lässt das Paar in der Weinlounge ausklingen und schmiedet Pläne für den nächsten Tag.