Sophia Bergqvist lebt mit britischem Pass in Portugal, hat einen schwedischen Namen – und Hamburger Vorfahren

Der kleine Weinort Pinhão liegt im Dourotal im Norden Portugals. Auf dem Weingut Quinta de la Rosa ist Leben zwischen all den Fässern und Maschinen. Es duftet nach verbranntem Rebschnitt. Über der gewaltigen Flussbiegung mit dem Anleger für Passagierschiffe breitet sich diesige Ruhe aus. „Später wird die Sonne durchkommen“, sagt Sophia Bergqvist, 53. Sie wirkt sportlich, trägt eine Steppjacke und Jeans. Wind weht und zerzaust immer wieder ihre schulterlangen, blonden Haare. Eine Gruppe schwedischer Touristen will einige Portweine verkosten und exzellente Tafelweine, die seit Jahren ebenfalls dort kultiviert werden.

Geboren in Beirut, aufgewachsen in Italien, hängt ihr Herz am Dourotal

Sophia stellt sich den Gästen vor. Ihr schwedischer Nachname bringt Schwung ins Gespräch. Doch gleich gibt Sophia auf Englisch zu, dass sie leider gar kein Schwedisch spricht „My husband is swedish...“, aber Sophia im Herzen eine Tochter des Dourotals. Für sie ist das hier eine der schönsten Landschaften der Erde. Sie kam in Beirut zur Welt und wuchs in Italien auf. Ihr Vater Tim war als Ingenieur in vielen Ländern unterwegs.

Besonders stolz aber ist Sophia Bergqvist auf ihre Hamburger Vorfahren. Wie von selbstverständlicher Ehrfurcht umflort, hängen deren Ölporträts in den gemütlichen, mit Familien-Memorabilia und anderen Antiquitäten prall dekorierten Privaträumen.

Die Familiengeschichte lässt sich bis etwa 1700 zurückverfolgen. Ein schriftlicher „Bürger Eyd“ aus dem Jahr 1822, in dem Sophias Vorfahren der Hansestadt den Rücken kehrten, gehört zu den Originalen in Familienbesitz. In den Wirren des Nordischen Krieges, so gegen 1721, wurde an einem offenen Feuer ein schwedisches Baby gefunden. Ein deutscher Soldat nahm das Findelkind mit nach Leipzig. Der Junge wurde Schneider. Wegen seines Fundortes nannte man ihn Feuerheerd. „Dessen Sohn, Dietrich Matthias, zog nach Hamburg und heiratete die Tochter des Bürgermeisters Klaus Martell. Und auch er wurde Bürgermeister.“ Sophia ergänzt: „Er hat, wie berichtet wird, die Stadtschlüssel an Napoleon übergeben.“

Dank der Schlüsselübergabe hatte er die Schändung der Frauen und die Verschleppung der Kinder verhindert. Dietrich Matthias Feuerheerd hatte daran gedacht, daraufhin nach Amerika auszuwandern, aber dann verschlug es ihn, wie auch andere mutige Kaufleute, in den Norden Portugals, nach Porto. Dort begann er als Händler, unter anderem auch mit Wein.

Hermann Lorenzo Feuerheerd, Sophias Ururgroßvater, war eine schillernde Persönlichkeit, den alle nach seinen Vornamen „HL“ nannten. Er hatte viele Kinder, machte gute Geschäfte. Nicht nur mit dem Wein. Er besaß einige Minen, eine Reederei, er war ein Glückskind. Sein Hund hatte ihn einst durch lautes Bellen auf den Eingang zu einer verlassenen Mine aufmerksam gemacht, und fortan hatte HL eine neue Einnahmequelle.

Anno 1988 füllte Sophias Vater Tim den ersten eigenen Portwein in Fässer. Ohne jede Vertriebserfahrung unterstützte Sophia ihn. „Das waren harte Zeiten, denn der Portwein musste zwei Jahre im Fass liegen, bevor er überhaupt zum Verkauf angeboten werden konnte“, erinnert sie sich. Im Mutterland der Portweinfans hatte La Rosa keinen Importeur. Sophia reiste also nach England und verteilte Flaschen an Gastronomen. Es passierte etwas Unerwartetes. Sie bekam einen Anruf: „Wir wissen nicht, wer Sie sind, aber Sie haben gerade die Portwein-Blindverkostung gewonnen... Wir wollen alle Ihre Bestände aufkaufen!“ Portwein von La Rosa ist inzwischen der Rolls-Royce unter den Ports.

Seit 2002 arbeitet einer der talentiertesten Nachwuchswinzer Portugals, Jorge Moreira, auf La Rosa. Mittlerweile produzieren Sophia und Jorge herausragende Tafelweine wie den tiefroten „Passagem“. Der Weinexperte Stuart Pigott lobte jüngst in einer Zeitungskolumne, in der er die Preiswürdigkeit der Bordeauxweine infrage stellte, den 2009er La Rosa Tinto: „...solche Qualität findet man zu diesem Preis in Bordeaux leider nicht mehr“. Der Wein von Sophia kostet zwölf Euro.

Und so ganz nebenbei erwähnt Sophia: „Ich bin für 2014 ‚Winemaker of the Year‘ im Züricher Luxushotel Baur au Lac.“ Und dort befindet sich einer der bestsortierten Weinkeller der Schweiz.