Die Bergedorfer Schifffahrtslinie punktet mit einfachem Konzept

Schon mit seinem ersten Satz sorgt Heiko Buhr für gute Laune. „Sollten wir untergehen, spazieren Sie einfach in Schwimmstiefeln an Land“, bittet der Inhaber der Bergedorfer Schifffahrtslinie seine 40 Passagiere. Der Tiefgang von 1,10 Metern bei einer Wassertiefe von zwei Metern taugt nicht dazu, Schreckensszenarien durchzuspielen. Und der ausgebildete Binnenschiffer Buhr, 43, ist stets unfallfrei wieder an Land gekommen. „Umso besser“, sagt Reiseleiterin Sybille Bode, 59, die mit ihrer 32-köpfigen Gruppe gespannt den Ausführungen des Kapitäns lauscht: „Wir wollen uns ja alle entspannen.“

Das hört der Chef gerne. „Die Leute sollen bei uns entschleunigen“, sagt Buhr und lenkt seine „Serrahn Queen“, ein Fahrgastschiff mit Oberdeck,das 86 PassagierenPlatz bietet, souverän in den Alten Schleusengraben, eine der ältesten Wasserstraßen Hamburgs. Mit der Erweiterung seines Programms um sogenannte Mini-Kreuzfahrten hat sich Buhr, der sich 2004 mit der Bergedorfer Schifffahrtslinie selbstständig machte, einen Traum erfüllt. Mini-Kreuzfahrten, das sind ein- bis dreitägige Reisen auf einem der vier Fahrgastschiffe. Die Preise bewegen sich zwischen 73 und 279 Euro pro Person. Angelaufen werden die Häfen in Bleckede, Lübeck, Mölln und ab August sogar in Wolfsburg. „Heute geht es nach Mölln. Das sind 95 Kilometer Wasserstraße. Fünf Schleusen werden wir passieren. Wir machen das ganz gemütlich“, sagt Buhr. In acht Stunden schippert die auf der Lux-Werft gebaute „Serrahn Queen“ mit 15 Kilometern je Stunde zunächst durch die Vier- und Marschlande (Alter und Neuer Schleusengraben sowie Dove Elbe), dann die Norderelbe aufwärts bis zur Bunthausspitze und auf der Mittelelbe über Geesthacht bis Lauenburg. Die Fahrt über den Elbe-Lübeck-Kanal rundet die Reise ab.

Buhrs Konzept ist so einfach wie verlockend. Die Gäste haben Zeit für einen schönen Schnack und das Baumelnlassen der Seele. Bei gutem Wetter tanken sie Sonne auf dem Oberdeck. Eine Etage tiefer, neben der geschmackvoll eingerichteten Bar und dem Computerbildschirm, auf dem der aktuelle Standort über eine Navigationskarte verfolgt werden kann, sorgen leckere kulinarische Genüsse für fröhliche Gesichter und verstärken das maritime Kreuzfahrtgefühl. Im Preis enthalten ist bei den zweitägigen Fahrten auch ein Bustransfer. Am Abend des ersten Tages zurück nach Bergedorf, am Morgen des zweiten Tages zurück zum Schiff. Übernachtungen im Hotel können alternativ gebucht werden.

An Deck betätigt sich Buhr erfreulicherweise nicht als dauerbespaßender Animateur. Das zeigt die Fahrt nach Mölln. Bereits in den Vier- und Marschlanden – die durch ihre eindrucksvollen grünen Landschaften daran erinnern, warum die EU-Kommission Hamburg 2011 den Titel Umwelthauptstadt Europas verlieh – meldet sich Buhr nur dann charmant zu Wort, wenn er wirklich etwas zu sagen hat. Wie zum alten Gutshof direkt nach der Krapphofschleuse. Dieser wurde dem Gartenhaus des Dichterfürsten Johann Wolfgang von Goethe nachgebaut. Oder zur Allermöher Dreieinigkeitskirche (1611– 1614) mit ihrem drei Jahrhunderte älteren Glockenturm. Oder den vielen Tieren, die das Auge des Betrachters erfreuen. Schafe, Enten und Kühe – Letztere von Buhr liebevoll als „Marschländer Wasserbüffel“ tituliert – säumen Deiche und Ufer ebenso wie Kanadagänse. Wer genau hinsieht, kann auch Eisvögel entdecken.

Ebenfalls nicht fehlen darf das Zollenspieker Fährhaus an Hamburgs südlichstem Punkt. Dort können in einem kleinen ehemaligen Pegelturm zwei Menschen Platz nehmen und beim Blick auf die Elbe ein gemeinsames Dinner nur für sich genießen. Hier wurde Buhr im März von Bürgermeister Olaf Scholz und seinen Senatoren überrascht. Diese hatten eine Fahrt vom Zollenspieker Fährhaus in die Hamburger Innenstadt gebucht. Ohne Presse. Der erste Mann der Stadt habe fünf Minuten lang sein Schiff gelenkt. „Er hat das gut gemacht und war richtig begeistert“, erzählt Buhr.

Als die „Serrahn Queen“ nach etwas über der Hälfte der Fahrtzeit die malerisch gelegene Lauenburger Altstadt passiert und auf den Elbe-Lübeck-Kanal einbiegt, haben Buhr und sein eifriges Serviceteam die Herzen ihrer Gäste längst gewonnen. Die sind größtenteils von weit her gekommen. Die Reisegruppe von Sybille Bode stammt aus dem niedersächsischen Northeim. „Ich freue mich über alle Gäste, nur kennen uns leider die meisten Hamburger nicht“, sagt Buhr. Der Bergedorfer Stadthafen stehe längst nicht so im Fokus wie die Barkassenfahrten an den Landungsbrücken. Reiseleiterin Bode versteht das nicht: „So abschalten zu können in grüner Umgebung bei schöner Luft ist einfach herrlich. Unsere Leute wollen wiederkommen.“

Buhr hofft, dass sich seine Idee nun nicht nur in Northeim weiter herumspricht. „Eines Tages möchte ich gerne eine Mini-Kreuzfahrt von Hamburg nach Berlin anbieten. „Das“, sagt er, als die „Serrahn Queen“ nahe am Ziegelsee im Hafen von Mölln festmacht, „ist mein nächster ganz großer Traum“.