In meinem idealen Hotel übernachtete schon Napoleon, aber die Matratze von heute ist Zweilagen-Kaltschaum vom Feinsten. Der Portier entreißt mir nicht als Erstes die Kreditkarte, sondern bietet mir einen Stadtplan an und empfiehlt drei Lokale, in denen er selbst gern isst. Er oder sie ist jung oder alt, hübsch oder nicht, aber stets kundig und souverän. Er zaubert bei Wolkenbruch wie aus dem Nichts einen Regenschirm, sie schafft es nachts, feiernde Australier auf Zimmerlautstärke zu dimmen.

Auf meinem Zimmer wartet zur Begrüßung eine Flasche Wasser, die ich nicht später mit 7,50 Euro auf der Rechnung wiederfinde. Beim Duschen verbrühe ich mich nicht, weil die Armaturenbatterie ohne Studium eines Handbuchs zu bedienen ist.

Wenn ich zum Frühstück am dritten Tag wieder Spiegeleier bestelle, lächelt die Köchin und sagt: „Wollen Sie nicht mal Rührei mit Räucherfisch probieren? Ich hätte Zeit und könnte das machen.“

Versteht sich, dass die Gäste zu meinem idealen Hotel passen. Das silberhaarige Paar, das per Motorrad mit Seitenwagen durch Europa reist. Die Pharmavertreterin mit asiatischen Gesichtszügen und Pfälzer Dialekt. Wenn mir der Monteur aus Braunschweig an der Bar seine Lebensgeschichte erzählt, ist die so spannend, dass ich bis nachts um eins sitzen bleibe, um nichts zu verpassen.

In meinem idealen Hotel stellt sich nie das Gefühl ein, in einer Abzockmaschine zu sitzen. Ich habe freies Internet, werde nicht hinterher zu finanziellen Höchststrafen verdonnert. Ins Netz komme ich problemlos. Mein ideales Hotel hat keine technischen Geheimnisse. Andere aber sehr wohl. Es atmet. Es lebt. Mit etwas Glück ist nachts eine weiße Frau aus Napoleons Zeiten unterwegs und sieht nach dem Rechten. Ist das zu viel verlangt?