Kleine Fluchten Das moderne Art’otel Berlin City Center West huldigt dem großen amerikanischen Pop-Artisten Andy Warhol

Dieses Haus, es wäre ganz nach dem Geschmack des extravaganten Weißschopfes: Campbell’s-Suppendosen auf der Zimmerkarte, Kussmünder auf den Teppichen und überall sein Konterfei, riesengroß. Reproduktion in Reinformat also. Und der Ku’damm zum Greifen nahe. Das Art’otel Berlin City Center West hat sich bei der Gestaltung und Ausstattung seiner Räumlichkeiten ganz dem Pop-Art Künstler Andy Warhol verschrieben.

Das 152-Zimmer-Haus gehört zur PPHE-Hotel Group mit Sitz in Holland, die bisher fünf solcher Themenhotels im deutschsprachigen Raum etabliert hat, die je einem bedeutenden Künstler gewidmet sind. Hier hängen nun mehr als 250 Werke von Andy Warhol in allen Räumlichkeiten. Dazu gehören auch die vielen Fotografien von Christopher Makos im älteren Teil des Gebäudes. Er hat den Künstler lange Zeit auf Schritt und Tritt begleitet. So sind unter anderem auch viele Fotos des „Partyjunkies“ Warhol zu sehen. Der narzisstische Künstler ließ bekanntlich kaum eine Einladung aus, wobei er sich selbst zur Kunstfigur stilisierte und unzählige Male ablichten ließ.

Ausgerechnet eine Schwäbin führt das Regiment im Berliner Szene-Hotel

Von der Hotelbar über den Frühstücksraum bis in die Zimmer ist Warhol überall präsent. Das große Porträtfoto hinter dem Bett erstreckt sich sogar bis an die Decke. In dem eindringlichen Blick des noch jungen Künstlers spiegeln sich viele Empfindungen wider. Melancholie und Sensibilität, aber auch Verlorenheit und Skepsis kommen darin zum Ausdruck. Entsprechend der Pop-Ära ist das Inventar der Zimmer, seien es die knallroten Stühle oder die gleichfarbige Chaiselongue. Auch die berühmte Banane fehlt nicht – sie dient in diesem Fall als Schranköffner. Originell ist der Spiegel mit den Umrissen von Marilyn Monroes Kopf und ihren leuchtend roten Lippen im Bad.

Beliebt ist die Factory Bar im 60er-Jahre-Design. Schrill und fast kitschig wirken die Kronleuchter, die über dem langen, weißen Marmortresen hängen, an dem pinkfarbene Barhocker stehen. Bunt und poppig sind auch die samtbezogenen Sofas und Sessel.

Die verschiedenen Schaffensperioden des Künstlers Andy Warhol finden sich auf den Fluren der einzelnen Stockwerke. Auf einer „Art’our“ lernt man das Werk Warhols noch besser kennen. So hat das Hotel fast den Charakter eines modernen Museums. Bei Interesse einfach an der Rezeption Bescheid sagen.

Erbaut wurde das Themenhotel im Jahre 2002, neun Jahre später erfolgte die Erweiterung. Geführt wird das Haus von der charmanten und noch jungen Katja Hagenbucher, die hier seit vier Jahren tätig ist. Die aus Schwaben stammende Hotelfachfrau hat den gesamten Anbau begleitet und entscheidend beeinflusst. „Ich wollte unbedingt möglichst schnell Hoteldirektorin werden“, sagt sie.

Das Vertrauen ihres Arbeitgebers scheint gerechtfertigt. 30Mitarbeiter unterstehen ihrer Führung. Das überwiegend junge Team ist freundlich und kompetent; die Arbeit macht ihnen ganz offensichtlich Spaß. Die Atmosphäre ist ausgesprochen locker, wie es sich für ein Szenehotel gehört, ohne jedoch auf irgendeine Weise nachlässig zu sein. Kürzlich war auch der Fotograf Christopher Makos im Hotel zu Gast. „Er war sichtlich beeindruckt von unserem Haus“, sagt die Hoteldirektorin zufrieden lächelnd.

Die belebte Lietzenburger Straße, an der das Hotel liegt, ist eine dieser typischen Durchgangsstraßen, die gastronomisch wenig Aufregendes bietet. Aber gleich um die Ecke taucht man ein in den großbürgerlichen Stadtteil Wilmersdorf mit seinen opulenten Wohnhäusern aus der Gründerzeit.

Nach einem kurzen Spaziergang erreicht man den fast idyllischen Ludwig-Kirch-Platz. Und nebenan an der Pariser Straße lädt schon das Restaurant Weyer’s zu gutdeutscher Küche. Ein Stück weiter liegt das schöne Restaurant Gut Zeit an der Uhlandstraße, das eine ausgezeichnete Karte bietet. Im nahen Stadtteil Schöneberg am Lützowplatz lassen es die Nachtschwärmer in Ben Beckers Jazzclub Trompete ordentlich krachen. Wieder zurück im Hotelzimmer wacht Warhol himself über den Schlaf.