Kleine Fluchten: Das Gutshaus Wesselstorf in Mecklenburg inmitten eines großen Parks bietet charmante Ferienwohnungen mit viel Platz

Die Allee führt an einem alten Wirtschaftsgebäude aus rotem Backstein und einem ehemaligen Stall vorbei zum Gutshaus Wesselstorf. Ein mit Blumenbeeten bepflanztes Rondell weist den Weg zum Eingang des mit Efeu bewachsenen Hauses. Ein leichter Wind weht leise durch die jahrhundertealten Bäume, Vögel zwitschern.

Der Hausherr Andreas Knoll begrüßt die Gäste und führt sie durch den Nebeneingang nach oben zu ihren Ferienwohnungen. Die drei bis fünf Zimmer großen Domizile sind individuell eingerichtet. Manche im Landhausstil, manche elegant wie im Schloss und bestens ausgestattet, bieten sie reichlich Platz für bis zu vier Personen. Im Flur steht ein Regal mit köstlicher vom Hausherrn selbst gemachter Brombeermarmelade, Honig aus der Region sowie eine Auswahl deutscher Weine. Wer für das Frühstück oder einen gemütlichen Abend etwas vergessen hat, sollte sich diesen Service nicht entgehen lassen.

Unterschieden nach „Parkblick“ und „Alleeblick“ eröffnen die Ferienwohnungen den Gästen wunderschöne Aussichten. Hinter dem Haus verbirgt sich eine einzigartige zehn Hektar große Parklandschaft. Die Flucht der einst barocken Anlage erstreckt sich über einen Teich hinweg nicht wie üblich in die Weite, sondern bergauf zum höchsten Punkt des früheren Schlossbergs.

Der Hausbesitzer bewohnt die untere Etage des Herrenhauses. „Es waren der riesige Saal, der barocke Kamin und die besondere Flucht, die mich überzeugt haben“, sagt der gebürtige Münchner. Er hatte sich mehrere Häuser angesehen und schließlich 1998 Wesselstorf gefunden. Behutsam fing er an, das Haus zu sanieren, zu renovieren, Ferienwohnungen einzurichten und den verwilderten Park freizulegen.

Wie viele Mecklenburgische Gutsanlagen blickt auch Wesselstorf auf eine jahrhundertealte Geschichte zurück. Bereits 1460 wird das Gut in historischen Beschreibungen erwähnt. Das um 1850 erbaute Herrenhaus samt Gut wechselte häufig seine Besitzer und gehörte bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs der Familie des Grafen von Bassewitz. Nach deren Enteignung wurden Flüchtlinge, Vertriebene und Einwohner im Gutshaus untergebracht. Bis zur Wende diente es als Wohnhaus, Konsum, Kindergarten, Sitz der Gemeindeschwester und für Gastronomie. Nach früheren Umbaumaßnahmen wich das barocke zweiflügelige einem L-förmigen Gebäude. Der alte Turm ist bis heute erhalten.

Drei permanente Mieter bewohnen noch heute die dritte Etage des Gutshauses. Einer davon ist Handwerker Egon Löw, der Andreas Knolls Ideen bei Renovierung und Einrichtung umsetzt. „In dem großen Saal, in dem einst zu zweit gespeist wurde, haben wir vor der Wende getanzt“, erinnert sich Löw. Seine Mutter war vor dem Krieg bei den adligen Besitzern als Schneiderin beschäftigt. Die Kinder hätten damals alle zusammen im Garten getobt, da spielte die Herkunft keine Rolle.

Der große Saal misst beachtliche 90 Quadratmeter. Andreas Knoll setzt sich gerne mit Freunden bei einem Glas vor den Kamin, nutzt ihn als Bibliothek und für große Essen. „In den 60er-Jahren hat die Gemeinde hier renoviert, deshalb sind die Decken noch Barock, während die Fenster ein bisschen an Bauhaus erinnern“, sagt der 48-Jährige, der in Berlin bei einer Stiftung arbeitet.

Die Wände und Decken wurden behutsam von den Schichten der vergangenen Jahrzehnte befreit. Da lässt sich noch viel von den alten Zeiten entdecken, was den Räumen einen besonderen und überraschenden Charme verleiht. Die Möbel stammen zum großen Teil aus dem Fundus von Knolls Familie aus Süddeutschland und aus dem Besitz eines Verwandten, der in München ein Möbelhaus führte und sich von vielen Stücken trennen wollte.

Laut Andreas Knoll kommt der Wunsch nach einem eigenen schönen Landsitz aus Südtirol, wo er Kind mit seinen Eltern immer die Ferien verbrachte. Während des Studiums setzte er diese Tradition mit Freunden fort und entdeckte ein als Hotel geführtes großes Haus einer Gräfin mit riesigem Rittersaal. „Deshalb bin ich bestimmt in Mecklenburg gelandet“, sagt er lachend. Pläne hat er noch viele. Den alten Stall hat er für Konzerte und Veranstaltungen ausgebaut, dort waren bereits die renommierten Festspiele Mecklenburg-Vorpommern zu Gast. In dem ehemaligen Wirtschaftsgebäude sollen noch zwei weitere Ferienwohnungen ihren Platz finden. Andreas Knoll hat mit anderen Gutsbesitzern den Zusammenschluss Mecklenburger ParkLand begründet, um auf diese schöne durch zahlreiche Landschaftsparks, Flüsse, alte Alleen und Wälder geprägte Region zwischen Ostseeküste und Seenplatte aufmerksam zu machen. Damit seine Gäste gleich mehrere Herrenhäuser entdecken können, gibt er gern Tipps für Führungen oder Gastronomie bei seinen Nachbarn aus der Umgebung, die ihre Besucher ebenfalls gerne in Wesselstorf ankündigen.