Winter in Lappland: Im Norden Finnlands gibt es kein schöneres Fortbewegungsmittel als den Hundeschlitten – wenn man ihn bedienen kann.

Luosto. Gleich geht es los, das wissen auch die Huskys. Sie stehen bereits im Wald vor den Schlitten, die sie in wenigen Momenten durch den Schnee ziehen werden. Die Hunde bellen schon ganz aufgeregt. Sie reißen an der Leine, sie wollen endlich starten. Doch noch müssen sie warten. Denn erst wenn die Bremsen gelöst sind, können die Tiere lossprinten. In den nächsten Stunden wird die Huskysafari nahe des kleinen Ortes Luosto kilometerlang durch die schneebedeckte Winterlandschaft führen. Einer der unvergesslichen Höhepunkte einer Reise nach Lappland im Norden Finnlands.

Vor der Tour erklärt Guide Mika Backman allerdings noch ein paar Regeln: „Ihr dürft nie, niemals, unter keinen Umständen euren Schlitten mit den Huskys loslassen.“ Dann könnte er von hinten auf die Tiere losrasen und sie verletzen. „Benutzt außerdem eure Bremse!“ Dafür stellen sich die Schlittenführer mit einem oder beiden Beinen auf die Metallstange am Schlittenende, dann rammen sich die Zinken darunter in den Schnee.

Das klingt zunächst einmal schwierig, ist es dann aber gar nicht. Das richtige Gespür überträgt sich schnell. Im ersten Moment überrascht der Ruck zwar noch, mit dem die Huskys den Schlitten in den Wald ziehen. Doch dann geht es schnell in ein gemächliches Tempo über. Es ist still – bis auf die Geräusche der Schlitten und Hunde. Denn während in diesem dichten Wald fernab jeder größeren Stadt nicht ein Auto zu hören ist, ratschen die Kufen des Schlittens über den Schnee und erzeugen ein konstantes, dumpfes Rauschen.

Tepa gibt den Ton an. Sie ist der Leithund. Die Huskydame ist zwar das kleinste Tier vor dem Schlitten, doch auf die Siebenjährige in der ersten Reihe hören auch die Herren des Trupps. Sie bestimmt die Richtung und das Tempo. Hinter ihr im Gespann kommen zwei schnelle Hunde und in der dritten Reihe rennen Taavi und Niilo, zwei besonders kräftige Hunde, an denen die Last des Schlittens mehr als an den anderen hängt.

Nach einiger Zeit taucht versteckt zwischen den Bäumen eine Kote auf, ein für diese Region typisches Zelt. „Zeit für die Mittagspause“, sagt Mika und lenkt die Schlitten zu einer Baumreihe, an der die Hunde festgebunden werden. Die Kote erinnert an ein großes Wigwam, nur eben mit Rentierfellen – kein Wunder, in Lappland soll es mehr Rentiere als Menschen geben.

Mika kramt in seiner Tasche und zieht ein paar dicke Würstchen heraus. „Die grillen wir jetzt, damit wir Energie für die nächste Etappe haben.“ Huskyexperte Mika ist ein bulliger Typ. Mit breiten Schultern, kurzen Haaren und Händen, an denen die gegerbte Haut von seiner jahrelangen körperlichen Arbeit erzählt. Zu Hause hat er eine Frau und zwei Kinder, doch tagsüber gehört seine Leidenschaft den Huskys.

Mika erklärt, welche unterschiedlichen Hunderassen es gibt, welche sich für Rennen und welche sich eher für ausgedehnte Touren wie diese hier eignen. „Generell lieben aber alle Huskys das Laufen, die sind ganz scharf drauf, das habt ihr ja gesehen.“ Nur im Sommer, wenn es für Lapplands Verhältnisse richtig warm wird, werden die Hunde mit ihrem dicken Fell träge. „Sie mögen es am liebsten, wenn es minus 15 Grad oder kälter ist.“

So wie heute. Für die Huskys perfekte Temperaturen – für die Menschen eher nicht. Deswegen dauert es am Ende der Pause auch etwas, bis es wieder losgehen kann. Über die mehrlagige Kleidung, die im deutschen Winter völlig ausreicht, kommt noch ein dicker Ganzkörper-Overall. Damit sieht das Laufen ein bisschen wie beim Michelin-Männchen aus, etwas unbeholfen und grobmotorisch. Doch Aussehen ist hier eh egal. Schön warm ist es, das ist wichtig.

Die Hunde merken, dass die Fahrt weitergeht. Das Dösen ist vorbei. Wie schon heute Morgen springen sie auf und ab, zerren am Schlitten. Was für ein Gebell und Gejaul! Das lässt auch die Mitreisenden nicht kalt. Die Aufregung der Hunde überträgt sich auf die Menschen. Und wieder: beide Beine auf die Bremse, das gesamte Körpergewicht draufdrücken, Hände fest an den Schlitten. Mika löst die Leine, die Huskys gehen wie ein Sprinter vor dem 100-Meter-Lauf auf ihre Hinterbeine – und als die Bremse sich löst, stürmen die Hunde los.

Weiter geht es durch menschenleere Landschaft. Mitten durch den Wald, wo seit längerem kein anderer Mensch war. Vorbei an weiten Feldern und an Tannen, die so hoch sind wie mehrstöckige Gebäude. Manchmal hängen ihre Zweige so tief, das man sich ducken muss. Die Bäume sind alle bis zur Spitze zugedeckt von einer dicken Schneeschicht, die an den Zweigen zu kleben scheint. Auch zwischen den Bäumen nichts als Schnee. Weiß, so weit das Auge reicht.

Weitere Infos zu Huskytouren im finnischen Lappland:

Anreise: Von Deutschland aus fliegt man in gut zwei Stunden nach Helsinki und mit einem weiteren Flug nach Rovaniemi. Aus der Stadt fahren regelmäßig Busse in die nördlicheren Regionen. Nach Luosto etwa dauert die Fahrt rund eineinhalb Stunden.

Reisezeit: Der Winter beginnt normalerweise Mitte Oktober, und ab November liegt meist dauerhaft Schnee. Januar und Februar ist eine gute Reisezeit, weil dann oft weniger Touristen dort sind. Schnee gibt es in der Regel bis April. Die Temperaturen können im Extremfall auf minus 40 Grad Celsius fallen, meist ist es jedoch nicht so kalt.

Planung: Huskytouren werden außerhalb von Rovaniemi und in anderen Regionen des finnischen Lapplands angeboten. Man kann sie direkt oder über deutsche Reiseveranstalter buchen. Die Touren dauern zwischen einigen Stunden und mehreren Tagen. Einen Schlitten zu lenken, ist allerdings auch körperliche Arbeit. Gerade eine mehrtägige Tour kann also anstrengend werden.

Ausrüstung: Mit warmer Kleidung – inklusive Skiunterwäsche – kommt man auch im Winter Lapplands gut zurecht. Für die Huskytouren stellen die Anbieter weitere Ausrüstung zur Verfügung, die im Normalfall im Preis enthalten ist: Über die Winterkleidung zieht man einen dicken Ganzkörper-Overall und statt der eigenen Schuhe spezielle, besonders warme Stiefel. Wer mag, kann über die Wollhandschuhe noch ein Paar Fellhandschuhe ziehen. Empfehlenswert sind auch eigene Skibrillen, um bei der Fahrt auf dem Schlitten seine Augen vor tiefhängenden Zweigen zu schützen.