In 24 Fenstern auf Eiderstedt leuchten Nummern. Dahinter warten täglich Überraschungen

Es ist kurz vor 17 Uhr. Gespannt wartet eine Menschentraube vor einer Tür des "lebendigen Adventskalenders" von Garding. Beim Glockenschlag der Kirche ist es so weit: Über der Tür erstrahlt ein Stern, und sie wird geöffnet. Kinder stürmen hinein, werden still, verzaubert durch ein "Schneeparadies" aus Wattebäuschen. Musik setzt ein, die Zungen lösen sich, alles weht heraus zu den Erwachsenen, denen Tee und Punsch gereicht wird. So geschehen im vergangenen Jahr in der Apotheke.

Überraschungen warten auch dieses Jahr hinter den Adventskalendertüren von Garding, auch hinter denen von Privatleuten. In den Fenstern leuchten ihre Nummern. Zu den heißen Getränken gehört immer auch ein Imbiss; das können Plätzchen sein, Würstchen, Brötchen oder Zimtsterne, wobei sich letztere auch als Schwarzbrot mit Schmalz entpuppen können. Da haben die Gastgeber freie Hand.

Vor drei Jahren wurde der "lebendige Adventskalender" in Garding initiiert, ein zwangloser Treff zur dunklen Jahreszeit, der ohne Gelder der Kommune oder Sponsoren auskommt. Festgeschrieben ist lediglich, dass sich jeden Tag eine Tür um 17 Uhr für eine Viertelstunde öffnet und eine Darbietung läuft. Ob plattdeutsche Lieder, russische Weihnachtsmärchen, ein Flötenkonzert oder Schwänke aus der Region; der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Und vielleicht gerade deshalb gibt es mehr Bewerber für Adventskalendertüren als Tage vor Weihnachten.

Häufig bekommen die Gäste Liedtexte in die Hand gedrückt. Und wenn Rocksänger Jan-Hinrich zufällig anwesend ist und mit seiner Röhre "Alle Jahre wieder" anstimmt, reißt er auch die ungeübtesten Stimmchen mit. Da kann es sein, dass sich immer mehr Menschen dazugesellen, und plötzlich sind es 30, 40 oder noch mehr, deren Chorgesang über dem Städtchen schwebt. Dann wird aus der Viertelstunde auch mal schnell eine halbe - es soll auch schon bis drei Uhr morgens gedauert haben.

Im vergangenen Jahr verteilte Carolin Kühn die Sätze der berühmten Weihnachts-Kolumne Francis P. Churchs von der "New York Sun". Er antwortete damit auf die Frage der achtjährigen Virginia, deren Freunde behaupteten, es gäbe keinen Weihnachtsmann. Mit verteilten Rollen lasen nun die Gäste Churchs Worte. Dort heißt es u. a.: "Ja, Virginia, es gibt einen Weihnachtsmann. Er existiert so zweifellos wie Liebe und Großzügigkeit und Zuneigung bestehen, und du weißt, dass sie reichlich vorhanden sind und deinem Leben seine höchste Schönheit und Freude geben." Da plumpste so manche Träne in den Punsch.