Mainfranken bietet nicht nur viel Natur und Deutschlands ersten Fünf-Sterne-Radweg, sondern auch Spitzenerzeugnisse von modernen Weingütern.

Wilde Hefen treiben ihr Unwesen in Franken. Sie rumoren in Holzfässern und Betoneiern, lassen Weintraubenmatsch brodeln und gären. Was am Ende dabei rauskommt, weiß niemand, und manchmal geht die Sache auch fürchterlich schief. Doch läuft alles wie geplant, entstehen so Premiumweine - frisch, fruchtig, unverwechselbar im Geschmack. Vorbei sind die Zeiten, in denen minderwertige Produkte in Bocksbeutel abgefüllt wurden: Junge, experimentierfreudige Winzer übernehmen die Weingüter Mainfrankens. Sie haben die verstaubten Keltereien und Vinotheken in moderne, ansprechende Räume verwandelt und die Schatzkammern mit Spitzenerzeugnissen befüllt.

Ein Beispiel ist das Weingut Meintzinger in Frickenhausen. Dieses mittelalterliche Dörfchen südlich von Würzburg liegt im Knick des Mains, dort, wo er fast eine 180-Grad-Kurve beschreibt, bevor er in nördlicher Richtung gen Kitzingen fließt. Verschlafen kuschelt es sich an die Weinberge - viel los ist hier nicht. "Wer Rambazamba möchte, ist hier falsch", sagt auch Michaela Meintzinger, Hausherrin des Hotels im Weingut, "bei uns gibt es viel Ruhe." Die höchstens vom Schlag der Glocke der benachbarten St.-Gallus-Kirche gestört wird; jede vergangene Viertelstunde wird mit einem Doppelschlag verabschiedet, und das 24 Stunden am Tag.

Doch dies ist auch der einzige Kritikpunkt. Die Meintzingers - Michaela, Jochen und ihre beiden Kinder - haben das aus dem 15. Jahrhundert stammende Gutsgebäude in ein Kleinod verwandelt, seit sie es in den 90er-Jahren von Jochen Meintzingers Eltern übernahmen. Vinothek, Weinkeller und Festraum bestechen durch klare Linien und - dank schlichter, aber raffinierter Deko - einladende Atmosphäre.

Ebenso liebevoll und individuell sind die 29 Hotelzimmer eingerichtet. Vom kleinen, modern gestalteten Einzelzimmer über ein Feng-Shui-Appartement bis hin zur prunkvollen Fürsten-Suite samt eigener Sauna oder gar einem kleinen Selbstversorger-Häuschen ist hier für jeden Geschmack etwas dabei. Zu Gast sind hier, so Michaela Meintzinger, viele Geschäftsreisende, die in Nürnberg oder Frankfurt zu tun haben. Außerdem machen Durchreisende aus Hamburg oder Berlin, die auf der Fahrt in den Süden sind, gerne Station. Auch für Radtouristen und Wanderer ist das Weingut Meintzinger ein beliebtes Feriendomizil: "Der Main-Radweg ist nur zwei Kilometer weg, das ist der einzige Radweg Deutschlands, der vom ADFC mit fünf Sternen ausgezeichnet wurde. Jede Region hat außerdem ein Netz von Wanderwegen." Und schließlich gibt es noch die Weintouristen, die gerne die meintzingerschen Weine trinken und von Frickenhausen aus umliegende Weingüter besuchen.

Zum Beispiel Max Müller I in Volkach. Max Müller I? "Ja, früher gab es noch Max Müller II", erklärt Winzer Rainer Müller. "Die haben sich inzwischen in Karl Müller umbenannt. Wir haben die I aber trotzdem behalten." Denn Tradition wird bei Müllers großgeschrieben, auch wenn sie die Räume modernisiert und neue Keltermethoden eingeführt haben. Seit mehr als 100 Jahren werden in dem 1692 als Spital erbauten Gut, dessen Mönche mit dem Weinbau begannen, von der Familie Müller Weine hergestellt; seit 1991 machen dies Rainer und seine Frau Moni.

Letztere kümmert sich vor allem um die Verkostungen. Probiert wird in den liebevoll und mit viel Fingerspitzengefühl renovierten Räumen - alt und neu verbinden sich gekonnt, so ist beispielsweise die Stuckverzierung einer Zimmerdecke Vorlage für eine moderne Glaswand in der Vinothek.

Auch die Söhne der Müllers sind mittlerweile mit von der Partie. Christian, 26, hat gerade sein Weinbau-Studium abgeschlossen und bereits einen Wein gekeltert, der unter Kennern für Furore gesorgt hat: "Eigenart" heißt der trockene Silvaner, der in Holzfässern spontan, also ohne äußeren Einfluss, vergoren wird.

Auch sein Bruder Toni, 22 Jahre alt, hat bereits einen eigenen Wein gemacht. "Ich habe von meinem Vater einen Teil vom Weinberg bekommen, ein richtiges Filetstück am Volkacher Ratsherr", erzählt er. "Da habe ich dann während meiner Ausbildung zum Winzer gearbeitet, abends und an den Wochenenden." Die Schufterei hat sich gelohnt. "Berg", so heißt Tonis Baby, ist ein trockener Riesling: schlank, mineralisch, lecker - und bereits vergriffen.

Nur fünfeinhalb Kilometer weiter, in Sommerach am Katzenkopf, liegt der Winzerkeller. "Wir sind eine bereits 111 Jahre alte Dorfgemeinschafts-Genossenschaft, die kleinste in Franken", sagt Geschäftsführer Frank Dietrich, ein schlaksiger, jungenhafter Typ mit Charakternase. Klein, aber fein: Die Genossenschaft ist mehrfach preisgekrönt, wurde unter anderem gerade von der Zeitschrift "Weinwirtschaft" erneut zum "Besten fränkischen Weinerzeuger" gekürt.

Seit mehr als 100 Jahren wird hier von 90 Winzerfamilien Wein gekeltert - Silvaner, Riesling, Scheurebe, Weißer Burgunder, Rotling und Frizzante. Seit sechs Jahren können die Weine im "Weinreich" probiert werden - dazu gehören die stylishe Vinothek, die lauschige Sommerbar im Hof und auch die Weinschule, in der regelmäßig Geschmacksschulungen und -experimente angeboten werden.

Ebenfalls einen Ausflug wert: Iphofen. Im Gegensatz zu den eher verschlafenen Örtchen drum herum hat die mittelalterliche Stadt ein vielseitiges Angebot für Touristen aufgebaut. Es locken nicht nur historische Bauten und traditionsreiche Weingüter, sondern auch Konzerte, Stadtfeste, Galerien und das gut ausgebaute Wander- und Radwegenetz. Lohnenswert ist beispielsweise eine Wanderung oder (E-)Radtour zum Aussichtspunkt "Terroir F". Auf kleinen Asphaltsträßchen geht es durch das idyllische Weingebiet am Julius-Echter-Berg - der Ausblick vom Schwanberg über das Fränkische Weinland bis hin zum Spessart ist grandios. Weitere Informationen zu dieser und vielen anderen Touren gibt es in der Iphöfer Tourist-Info, die mitten im historischen Ortskern zu Hause ist. Im gleichen Gebäude findet man die Vinothek, in der Pächterin Heidrun Kaufmann etwa 70 verschiedene Weißweine, Rotweine, Sekte und Seccos von 21 heimischen Winzern ausschenkt.

Ein absolutes Muss für Wein- und auch Architekturfreunde ist ein Besuch auf dem Würzburger Weingut am Stein. Das traditionsreiche, aus Muschelkalkstein erbaute Gutsgebäude liegt idyllisch mitten im Weinberg und bietet einen wundervollen Blick auf Würzburg, das Maintal und die gegenüberliegende Marienfeste. Am besten ist die Aussicht - kein Witz! - von der Toilette im preisgekrönten Kubus, der hinter seiner Glas- und Holzfassade seit 2005 die Vinothek beherbergt und in seiner Klarheit und Reduziertheit eine perfekte Symbiose von moderner Architektur, Tradition und Natur ist. Ein Besuch derselben (der Vinothek samt Toilette) sei hiermit wärmstens empfohlen.

Wer etwas länger bleiben möchte, kann das Gästehaus am Gut buchen - wenn es denn frei ist, denn die Nachfrage, so Sandra Knoll, ist groß. Ausweiten möchte sie das Angebot aber nicht. "Wir konzentrieren uns auf unsere Weine", sagt sie. Denn da gebe es ja noch viel, was man ausprobieren könne. Vielleicht die wilden Hefen zähmen?