In der Altstadt gibt es Historisches zu bestaunen. Und im nagelneuen Ozeaneum dürfen die Kinder durchs Seegras krabbeln.

Wenn es Abend wird am Alten Markt, erwartet man, dass gleich der Bürgermeister Wulflam aus seinem Haus tritt, in prächtigem Ornat und mit schwerer Amtskette, und man sieht, mit etwas Fantasie, wie die Wache am Knieper- und am Küstertor aufzieht und die feinen Kaufleute zur letzten Messe in St. Nikolai streben. Wenn es Nacht wird in Stralsund - dann werden alle Türme der Hansestadt kunstvoll in weiches, geradezu goldenes künstliches Licht getaucht, und das Mittelalter lebt wieder auf.

Und wenn es im Hafenviertel endlich richtig dunkel ist, dann kann man sich leicht vorstellen, wie Claus Störtebeker, der Seeräuber und Rächer der Armen, mit seinen Getreuen um die Häuser schleicht und im Gasthaus an der Fährstraße, genau da, wo Hanni Höpner heute ihre Kneipe im alten Stil führt, das Bier der Gerechten trinkt. Es trägt übrigens noch immer seinen Namen, nordisch-herb oder schwarz, wie die Nacht am Hafen.

Das Haus der Familie Wulflam stammt aus dem 14. Jahrhundert. Und es ist bis heute das bekannteste, vielleicht auch das schönste der vielen alten gotischen Kaufmannshäuser im Herzen von Stralsund. Sein Giebel mit den vier grünen Mützchen passt sich wunderbar dem Rathaus an, das gleich gegenüber liegt. Ossenreyerstraße, Mühlenstraße, Külpstraße, Mönchstraße, Frankenstraße. Da stehen sie, liebevoll saniert, mit jungen Ideen hinter alten Mauern wieder zum Leben gebracht, die schönen Häuser aus der Blütezeit der Hanse.

Ansehnliche Kirchen und Klöster, die meisten im charakteristischen Backsteinrot der Ostseeküste, künden von dieser Periode des Wohlstands: St. Marien am Neuen Markt aus dem Jahre 1384, wuchtig und neben dem gleichnamigen Gotteshaus in Danzig die größte Backsteinkirche im Hanseraum. St. Nikolai am Rathaus, die Kulturkirche St. Jacobi, in der Ausstellungen, Lesungen, Konzerte stattfinden. Weltkulturerbe ist das alles.

Alte Geschichten, neue Entdeckungen: Man lässt sich am besten treiben durch die Gassen und Kopfsteinpflasterstraßen. So sind wir in "Quaakini`s Kaffekop" gelandet, einem Hinterhof-Cafe, das Mittelalter mit jugendlichem Charme verbindet. Fragen Sie doch mal Steffi Friesecke, die Inhaberin, was es mit dem Brustfeuerofen und dem Kemladen, so nennt man den Seitenflügelanbau, auf sich hat. Spannend!

Und erst recht spannend geht es demnächst in Nordeuropas größtem Aquarium zu: Ab 12. Juli, einen Tag, nachdem Angela Merkel das Ozeaneum auf der Hafeninsel mit einem Festakt eröffnet haben wird, kann das Publikum über Haie und kleine Fische staunen. Sie tummeln sich in einem Bassin auf über 300 Quadratmeter Grundfläche, in einen kleinen Ozean von immerhin 2,6 Millionen Liter Wasser. Im größten von mehreren Aquarien des auch architektonisch spektakulären Gebäudes wird der offene Atlantik dargestellt, mit glitzernden Heringsschwärmen und anderem Seegetier, das hinter einem zehn Meter breiten Fenster vorbeizieht und sich, so ist es gewollt, im Dunkel verliert.

Auf diese Weise wird im neuen Ozeaneum die Unendlichkeit der Meere demonstriert. Schwerpunkte sind Ostsee, Nordsee und Nordatlantik. Das bisherige Meeresmuseum, untergebracht im Katharinenkloster auf der anderen Seite der Stadt, konzentriert sich weiterhin auf die bunte Welt der tropischen Meere. Beide Einrichtungen, die auch der Forschung dienen, zeigen die Erde als Wasserplaneten, es geht um die Schönheit und den Reichtum der Meere und ebenso auch um die Gefahren, die ihnen drohen.

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Kinder, die schon in der alten Einrichtung bei den Schildkröten und Korallenfischen ihren Spaß hatten, werden im Ozeaneum noch mehr Vergnügen finden - und dabei zudem eine Menge lernen: Sie können durch Seegras-Wiesen krabbeln, auf einem Ergometer strampelnd die Geschwindigkeit von Delfinen nachvollziehen, sie können mikroskopieren oder mit Walfred, dem Museums-Maskottchen, auf die Reise durch Nemos Welten gehen und dabei immer neue Überraschungen erleben.

Überraschungen bietet aber auch die Altstadt, unter fast jedem alten Giebel und hinter jeder Hafenmauer. Bei Regina Nehmzow in der Barockbibliothek des Johannisklosters erfahren wir, dass die Pergamenthülle einer Bibel aus dem 13. Jahrhundert aus den Häuten frisch geborener Lämmer geschöpft wurde. Beim Fischhändler Henry Rasmus in der Heilgeiststraße hören wir, wie der Bismarckhering zu seinem Namen kam und warum Henry Rasmus eine Art Patent auf diese Köstlichkeit hat. Bei Ulf Quade, in seinem "Stammhaus der Whiskyfreunde" in der Wasserstraße, klönen wir uns Schluck für Schluck fest. Und bei Hanni Höpner begegnen wir schließlich Störtebeker, nachts, wenn es dunkel wird in Stralsund.

Hat man auf der Hafeninsel die neue Rügenbrücke fotografiert und ist über alle Decks der Dreimastbark "Gorch Fock" gestolpert und hat man schließlich mit den Anglern am Pier, die alles wissen, aber nicht viel sagen, ein freundliches "Moin, moin" ausgetauscht, dann gibt es reichlich Auswahl an zünftigen kleinen Pinten. Der "Steuermann", der "Klabautermann" oder die aufgehübschte "Hafenkneipe", die den alten Stralsundern noch unter ihrem Namen "Kuddeldaddeldu" in Erinnerung ist, allesamt sozusagen mit Seemannsgarn tapeziert. Aber Hanni in der "Fähre" übertrifft sie alle. Das liegt an ihren Döntjes, an ihren Stammgästen, am hausgemachten Kümmel, an den Jungs, die bei ihr Musik machen und nicht zuletzt am Störtebeker-Bier. Gut möglich, dass der alte Haudegen seinerzeit schon mal da war, denn Hannis Kneipe stammt aus dem Jahre 1332. Das war des Piraten große Zeit, genau in dieser Gegend.

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