Die Region an der Südwestküste der Türkei begeistert mit abwechslungsreicher Landschaft, freundlichen Menschen, guter Küche, viel Kultur und niedrigen Preisen. Schöne Strände zum Baden fehlen natürlich auch nicht.

Bodrum. Es ist die Straße der Bars. Sie ist schmal und eng. In den Lokalen laufen die Klimaanlagen auf Hochtouren. Doch die Gäste sitzen draußen, genießen die leichte Brise, die vom Meer herüberweht und die Schwüle des Tages vertreibt. "Nehmen wir einen Drink", sagt Esin und verschwindet in der "Kuba-Bar". Es ist der Beginn einer langen Nacht. Die Leuchtreklamen von Bars, Restaurants, Cafés und Nachtklubs flimmern an uns vorbei. "Ali Baba", "Ora-Bar", "Sünger Pizza", "Halikarnas", Europas größte Open-Air-Disco. Die Barstraße in dem türkischen Hafenstädtchen Bodrum auf der gleichnamigen Halbinsel gehört zu den attraktivsten Vergnügungsvierteln am Ägäischen Meer. "Hier ist es schöner und lustiger als am Ballermann auf Mallorca", sagt der Entertainment-Experte Ertan Sayan. Er organisiert nächtliche Ausflüge mit einem Party-Katamaran. Mit 1000 Gästen an Bord, die sich auf einer Tanzfläche aus Glas amüsieren. "Wahnsinn", schwärmen die beiden Freundinnen Claudia und Maren. "Über uns der Sternenhimmel und unter uns das Meer und die Fische."

"Ich sehe Bodrum als eine echte Alternative zu Mallorca", sagt der Hamburger Touristik-Unternehmer Vural Öger. "Die Nachfrage für Reisen an die türkische Ägäisküste ist in den letzten Jahren bei uns um 25 Prozent gestiegen." Bodrums Bürgermeister Mehmet Kocadon geht noch einen Schritt weiter: "In diesem Jahr werden wir die Nummer 1 sein. Mallorca muss sich mit dem zweiten Platz begnügen."

Und die Urlauber? Was sagen sie? "Bodrum hat was", bestätigt die Hamburger Diplom-Psychologin und Autorin Stefanie Stahl. Sie macht zum ersten Mal Urlaub auf der Halbinsel. Ihr gefallen die freundlichen Menschen, die gute Küche, die hohe Kultur, das bunte Treiben rund um den Hafen, die faszinierende Landschaft, die niedrigen Preise.

Für den Hamburger Christian Steenbock ist das Hafenstädtchen Heimat geworden. Der 38-Jährige aus Eimsbüttel leitet seit zweieinhalb Jahren das Vier-Sterne-Hotel "Marina Vista". "Bodrum hat das beste Klima am Mittelmeer. Es ist sehr warm hier, aber nicht schwül." Er führt mich auf die Dachterrasse seines Hotels und sagt begeistert: "Schauen Sie sich diese Stadt mit ihren weißen Häusern an, alle nur zwei Stockwerke hoch, keine Hotelburgen. Überall blühen Bougainvillea und am Ausgang des Hafens das mächtige Kastell St. Peter." Die mittelalterliche Burg ist das Wahrzeichen von Bodrum. Sie war von dem Ritterorden der Johanniter im 15. Jahrhundert als Stützpunkt gegen die Osmanen errichtet worden. Zum Bau ihres Bollwerks benutzten sie die riesigen Steine des nahen Mausoleums, der letzten Ruhestätte des Fürsten Mausolos. Das monumentale Grabmal galt als siebtes Weltwunder der Antike. Übrig geblieben sind nur noch die Grundmauern.

Heute leben die meisten der 40 000 Einwohner Bodrums vom Tourismus. Eine Stadt voller Lebensfreude. Die Promenade des Hafens von Palmen gesäumt. Alle Menschen scheinen ein Lächeln auf den Lippen zu haben. Überall weht mir jene mediterrane Leichtigkeit entgegen, wie ich sie bisher nur in wenigen Städten des Mittelmeeres erlebt habe.

Die vielen kleinen Restaurants entlang dem Hafen sind schon früh am Abend gut besucht. An den weiß gedeckten Tischen haben Urlauber aus ganz Europa Platz genommen. Gegessen wird, was schmeckt. Fisch, Fleisch, Pizza. Die Preise sind angenehm niedrig. Ein Hauptgericht kostet 20 bis 30 Prozent weniger als bei uns.

Am nächsten Morgen bin ich wieder im Hafen. Fast 3000 Schiffe liegen hier, luxuriöse Segel- und Motoryachten, Holzschiffe mit zwei und drei Masten, sogenannte Gulets, bis zu 36 Meter lang, mit sechs Kabinen für jeweils zwei Gäste an Bord. "Ein Traum, mit ihnen zu reisen", erzählt mir Yilmaz. Der 49-Jährige, der ein Jahr lang auf einem Containerschiff für eine Hamburger Reederei gearbeitet hat, organisiert für seine Agentur Neyzen Travel & Yachting Ausflüge aufs Meer. Eine Woche, entlang der Küste, mit Vollverpflegung an Bord, den Alltag vergessen.

Ich buche einen Tagesausflug mit der "Arkadia", einer 24 Meter langen Segelyacht. Wir steuern verschiedene Buchten an, gehen vor Anker. Claudia und Maren aus Köln, Helena aus Aurich in Ostfriesland und die Hamburgerin Stefanie lassen sich von Yilmaz Taucherbrillen und Schwimmflossen geben und springen begeistert ins 23 Grad warme Wasser. Am Abend werden die weißen Segel gesetzt. Lautlos gleitet das Schiff übers Meer. In der Ferne machen wir die ersten Lichter der Stadt aus. Bodrum wurde jetzt in den exklusiven Kreis der zehn schönsten Häfen der Welt aufgenommen.

Humeyra Demirhan will mir ihre Heimat zeigen. Die 43 Jahre alte türkische Reiseleiterin, die lange in Deutschland gelebt hat, holt mich im Hotel zur Rundfahrt ab. Die Halbinsel ist 649 Quadratkilometer groß. Drei Millionen Urlauber kommen jährlich hierher. Wir besuchen das "Rixos-Hotel", außerhalb der Stadt in einer Bucht gelegen, eines der Vorzeigehäuser der Luxusklasse. Mit eigenem Strand, eigenen Villen und eigener Insel. Wenige Kilometer entfernt wurde kürzlich der Vita-Golfpark eröffnet. Eine 18-Loch-Anlage, die sich weiträumig im leicht hügeligen Gelände erstreckt. Das Greenfee liegt zwischen 59 und 75 Euro und ist damit relativ preiswert. Sechs weitere neue Plätze sind in den nächsten Jahren geplant.

Bodrum befindet sich im Aufbruch. Die Straßen sind in gutem Zustand, neue Kläranlagen im Bau. Wenn notwendig, werden die Strände mit Sand aufgeschüttet. Überall entstehen künstliche Badeinseln, die über Holzstege erreichbar sind. Ältere Hotels werden renoviert. Auch immer mehr Beach-Clubs bieten ihren Service an. Im Badeort Bitez besuchen wir den "Club Sarnic". Ein Treffpunkt für Einheimische, Prominente und auch Touristen. Hier kennt man sich. DJs legen Musik auf, sorgen für gute Stimmung. In einem kleinen Restaurant gibt es frischen Fisch, Salate oder ein Filetsteak. Eine Erfrischung: der türkische Weißwein Duluca, der im gekühlten Glas serviert wird. "Für die Kinder haben wir eine Segelschule eröffnet", erzählt Klubchef Levent. Eine Stunde kostet 17 Euro, zehn Stunden 125 Euro. Der Eintritt in den Beach-Club ist frei.

Am Strand von Torba an der Nordseite der Halbinsel treffen wir Edith und Gregor Gorny mit Töchterchen Vanessa aus Leverkusen. Zwei Wochen machen sie Ferien in einem kleinen Hotel. Sie sind das erste Mal hier. "Uns gefällt's. Wir kommen wieder", sagt Edith. Gute Stimmung auch in der Bucht vom Gümbet, ein quirliger Ort mit vielen Geschäften, Bars und Discos. "Erholung, Wellness, Sport und Essen - alles ist optimal", lobt Markus Hein. Der 25-jährige Kölner macht jetzt zum zweiten Mal Ferien in der Türkei, diesmal mit Freundin Diana im "WOW Bodrum Resort", einer großen Hotelanlage mit imposanter Poollandschaft.

"Sie kennen die Halbinsel aber erst, wenn Sie Türkbükü gesehen haben", ermuntert mich der Hamburger Christian Steenbock zu einem weiteren Ausflug. 25 Kilometer nördlich von der Stadt Bodrum liegt das ehemalige Fischernest, das heute noch als Geheimtipp gilt. Vor 20 Jahren war es nur auf dem Seeweg erreichbar. Keine Straße führte nach Türkbükü. In dem Ort ist Massentourismus ein Fremdwort. Viele türkische Prominente haben hier ihre eigenen Villen. Blitzschnell werden am Abend die Sonnenliegen vom Strand geräumt und die gedeckten Tische direkt neben dem Wasser in den Sand gestellt.

Wir treffen Hakan und Ibrahim bei der Arbeit. Die beiden arbeiten im Restaurant "Atilay". "Wir sind nicht billig, nehmen für ein Hauptgericht 25 Euro inklusiv Vorspeise und Beilagen. Dafür bekommen die Gäste aber einen tollen Fisch", sagt der 33-jährige Hakan. Wie zum Beweis holt er aus der Tiefkühltruhe einen riesigen Seebarsch. Langsam wird es dunkel. In Türkbükü gehen die ersten Lichter an. Später beleben sich auch die schmalen Stege und Brücken. Musik erklingt. Es wird getanzt, gefeiert und geflirtet mitten auf dem Meer - bis zum Morgengrauen.