Susanne Hatje aus Norderstedt lebt seit zwei Jahren in der US-Metropole. Sie leitet als Generaldirektorin das Fünf-Sterne-Hotel “Mandarin Oriental“ und weiß, warum es sich auf jeden Fall lohnt, hierherzureisen.

Tradition, Geschichte, Kultur, das Kosmopolitische, der Hafen, das Aroma der Seeluft und immer wieder neu gefühlte Lebensqualität. "Boston hat was von Hamburg", schwärmt die 37-jährige Susanne Hatje aus Norderstedt - ihr Elternhaus ist das "Hotel Neuberg". Gründe genug, um sich von der Metropole Neu-Englands, der Hauptstadt des US-Bundesstaats Massachusetts angezogen zu fühlen. Also nahm sie das Angebot ihres Arbeitgebers, der Luxushotelgruppe Mandarin Oriental aus Hongkong, an, das jüngste Hotel in Boston als Generaldirektorin zu leiten.

Heiß, staubig und laut war es im August 2007 in der ansonsten eleganten, lebendigen Boylston Street 778. Wo Betonmischer und Presslufthämmer dröhnten, sollte sich 16 Monate später wie ein Phönix aus dem Zementstaub das 5-Sterne-Hotel "Mandarin Oriental Boston" erheben. Zuvor hatte Susanne Hatje als Generaldirektorin schon die Eröffnung des "Mandarin Oriental Landmark Hotels" in Hongkong gemanagt. Das "Atlantic" in Hamburg war die erste Adresse ihres steilen Berufsweges. In München integrierte sie als Generaldirektorin als das noble "George Rafael Hotel" in die asiatische Gruppe.

"Ein paar Tage stromerte ich wie ein normaler Tourist herum und wusste, Boston ist meine Stadt. Sie hat das Flair eines Schmelztiegels der Nationen und Kulturen. Wie New York oder Chicago, aber nicht so groß, in keinem Fall erdrückend!"

Die roten Socken! In Deutschland Politschelte, in Boston sakrosanktes Markenzeichen mit großer Strahlkraft: Das Baseballteam "The Red Sox" ist für die Bostonians so viel wie für die Hamburger HSV und FC St. Pauli zusammen. Man muss als Baseball-Unkundiger gar nicht in die Arena, um etwas zu erleben. Für Susanne Hatje liegt der Reiz in dem Partytrubel um das Stadion herum: "Im Fenway Park herrscht bei den Spielen eine Riesenstimmung." Und man sollte einen Hotdog probieren, weil der nirgendwo besser schmeckt, dazu ein Bier. Schließlich braut man in Boston Biere, die verwöhnten deutschen Kehlen sicher schmecken. Eines ist nach dem Bostoner Samuel Adams benannt. Ihn machte allerdings ein anderes Getränk berühmt. Anno 1773 führte er 5000 wütende Menschen zum Hafen, die gegen Londons Teesteuer protestierten. Dort warfen sie Teeladungen von den englischen Schiffen ins Wasser. Die Boston Tea Party war das Signal zur amerikanischen Revolution.

Jedes Jahr am 4. Juli, dem amerikanischen Unabhängigkeitstag, erwacht ein Prachtstück der Seefahrtsgeschichte zu neuem Leben: die "USS Constitution". Der Dreimaster galt, als er 1797 mit 54 Kanonen bewaffnet zu seiner ersten Fahrt ins Mittelmeer (um dort amerikanische Handelsschiffe vor Piraten zu schützen!) aufbrach, als das modernste Kriegsschiff. Heute ist der Segler mit dem Eichenholzrumpf das älteste noch schwimmfähige Kriegsschiff der Welt. Am Unabhängigkeitstag dreht die "USS Constitution" eine Ehrenrunde durch den Hafen. Die Versuche, sie abzuwracken, hat sie genauso siegreich überstanden wie 42 Seegefechte. Ein Museum an ihrem Liegplatz erzählt ihre Geschichte.

Als Verkehrsmittel empfiehlt Susanne Hatje bequeme Schuhe. Man kann Boston in kleineren oder größeren Etappen mühelos durchqueren. Schmerzen irgendwann einmal die Waden, hilft das überschaubare U-Bahn-Netz. Es ist das älteste in den USA, in Betrieb seit 1895. Die Rückgewinnung der Energie nach einem halben Stadt-Wandertag funktioniert in den Cafés und Restaurants in charmanter Lage, ähnlich wie im Schanzenviertel. Einen heißen Tipp hat Susanne Hatje quasi mitkreiert. Im Restaurant "Asana" in ihrem "kleinen Grandhotel", wie sie das "Mandarin Oriental" mit seinen 148 Zimmern nennt, gibt es jeden Mittag ein Büfett mit vier verschiedenen Curries, frisch zubereitet von Calvin, dem kambodschanischen Koch. Dazu Reis und ein Dessert, für umgerechnet zwölf Euro pro Person.

Boston, das Seafood-Paradies. Hier wurde der Lobster, der Hummer, einst vom Armeleuteessen in den Adelsstand der Delikatesse erhoben. Fangfrisch landen gerne auf den Restauranttischen: scallop, die Jakobsmuschel, haddock, der Schellfisch oder clam chowder, die Venusmuschelsuppe. Die Gastronomieszene hat hohe Qualität, ohne Kleiderordnung. In der Tremont Street Nr. 550 und 552, nur durch die Einmündung einer Seitenstraße getrennt, empfiehlt Susanne Hatje zwei Restaurants, die zurzeit richtig "angesagt" sind: "B&G Oysters", das vom Boston Magazine 2007 und 2008 für "Best Seafood" in Verbindung mit einer sehens- und trinkenswerten Weinkarte mit 70 Positionen ausgezeichnet wurde. Im benachbarten "The Butcher Shop" lagern hinter den Glastüren mannshoher Eisschränke die fleischernen Köstlichkeiten, die zu mediterran inspirierten Gerichten verarbeitet werden.

Die Agrarprodukte Neu Englands sind für ihre Qualität in den USA berühmt, und längst hat dort auch der biologische Landbau seine Anhänger. Auf dem "Copley Place" gegenüber der "Public Library" kann man sich mit Proviant eindecken. An kleinen Marktständen bieten die Erzeuger ihre Produkte an: Brot, Gebäck, Obst und Gemüse, Käse, Isemarkt-Stimmung, nur fährt die U-Bahn unten drunter durch. Hatje, die sportlich schlanke Surferin und Anhängerin des Körpertrainings nach der Pilates-Methode, sündigt gerne mal im Eissalon "Ben&Jerries" in der Newberry Street 174. Sie kann sich die faustgroßen, fantasievoll parfümierten Eiskugeln leisten.

Gerne zeigt sie Freunden "Beacon Hill", das vornehmste Wohnviertel im vornehmen Boston mit sündhaft teuren Backstein-Reihenhäusern (eine Fünfzimmerwohnung gibt es nicht unter einem zweistelligen Millionen-Dollar-Betrag) mit Messingbeschlägen und weißen Zäunen. Besonders beliebt bei US-Touristen ist das Haus von John Kerry, der 2004 bei den Präsidentenwahlen gegen George W. Bush unterlag. "Dann hinunter zur Charles Street, die unter Denkmalschutz steht. Dort ist in Haus 44 das 'Paramount', wo ein echt amerikanisches Frühstück serviert wird, Eierspeisen mit Speck und Waffeln mit Sirup, Kalorienbomben, aber das muss ab und zu sein!", sagt die schlanke Hoteldirektorin. Auf die Zeit zwischen Oktober und April freut sich Susanne Hatje, dann spielt das Boston Symphony Orchestra Dienstag, Donnerstag und Sonnabend. "Unlängst bin ich dem Chef des Orchesters, James Levine, auf der Straße begegnet, wir haben uns herzlich begrüßt. Wir kennen uns aus München."

In Boston erscheinen zahlreiche kostenlose Stadtmagazine mit Tipps und Anregungen. Die Blätter sind einen Blick wert - und Boston allemal eine Reise.