Die galicischen Atlantikinseln gehören zu den schönsten Nationalparks auf der Iberischen Halbinsel. Schroffe Steilklippen, einsame Strände und große Vogelkolonien machen den Besuch auf den “Inseln der Götter“ zu einem unvergesslichen Erlebnis.

Vorsichtig steuert Ramón Guimerans das Segelboot durch die Miesmuschelbänke in der Ría de Vigo. Die Zuchtstationen wirken von Weitem wie kleine Schlachtschiffe, die in der fjordartigen Flussmündung vor Anker liegen. Fischer ziehen die tonnenschweren, bis zu 15 Meter langen Seile, an denen die Schalentiere hängen, mit Kränen auf ihre Boote. Danach ist der Weg zu den Cíes-Inseln frei. Kurz nach dem Kap Home schlägt der raue Nordwind in die Segel, und das Boot schießt in Querlage durch das dunkle Blau des Atlantiks. Bereits nach wenigen Minuten sind der Strand das Rodas und die dahinter liegende Landzunge zu erkennen, welche die beiden Inseln Monteagudo und Illa do Faro verbinden. Ramón holt das Hauptsegel ein, drosselt die Geschwindigkeit und geht in der Bucht vor Anker.

Das türkisblaue Wasser und der schneeweiße Sandstrand bilden einen starken Kontrast zu den Kiefer- und Eukalyptuswäldern dahinter. Bei diesem Anblick kann man verstehen, warum die britische Zeitung "The Guardian" die Praia das Rodas vor zwei Jahren zum "schönsten Strand der Welt" wählte. "Seitdem können wir uns vor Besucheranfragen kaum noch retten", versichert der Parkwächter José Manuel López. Natürlich möchte er, dass möglichst viele Menschen in den Genuss kommen, das Naturparadies kennenzulernen. Zu viele sollten es aber auch nicht sein, damit das Ökosystem nicht überfordert wird: "Deshalb dürfen maximal 2200 Personen täglich die Insel besuchen", erklärt José Manuel.

Die Cíes-Gruppe besteht aus den drei Inseln Monteagudo, Illa do Faro und San Martiño. Zusammen mit den Inselgruppen Ons, Sálvora und Cortegada sowie rund 20 kleineren Inselchen bildet sie den 2002 gegründeten Nationalpark der Galicischen Atlantikinseln. Davon liegen fast 80 Prozent unter Wasser. "Jede Inselgruppe liegt vor einem der fjordartigen Flussarme der Küste, und der Austausch zwischen dem salzigen Atlantik und dem Süßwasser der Rías Baxias sorgt für eine hohe Wasserqualität und Nährstoffkonzentration", erklärt der Parkwächter. Die Folge ist ein Unterwasserleben mit 200 Algenarten und einer Fülle von Krustentieren, Kraken und Fischen. Auch Delfine, Schildkröten und Wale tummeln sich in den Gewässern.

Die Abgeschiedenheit der Atlantikinseln zieht auch Wasser- und Raubvögel an. Besonders gut sind die großen Kolonien von Kormoranen, Trottellummen und Basstölpeln vom Boot aus an der zum Atlantik gewandten Inselseite mit ihren schroffen Steilklippen zu beobachten. Mit rund 22 000 Paaren nistet auf den Atlantikinseln auch eine der größten Möwenkolonien der Welt. Wer nicht mit dem Boot unterwegs ist, kann auf Cíes auch vom Beobachtungsplatz am Alto de Campa die Möwen aus der Nähe bestaunen. Hier in der Nähe wurden Reste von Siedlungen aus der Zeit um 3500 vor Christi gefunden. Auch die Römer siedelten im zweiten Jahrhundert nach Christi auf Cíes und nannten sie die "Insel der Götter". Seit dem 18. Jahrhundert ist Cíes unbewohnt.

Vorbei am Leuchtturm do Peito geht es von den Cíes-Inseln weiter in Richtung Norden zur Ría de Pontevedra und den vorgelagerten Atlantikinseln Ons und Onza. An ihren zur offenen See gewandten Steilküsten vorbeizusegeln könnte aufregender kaum sein. Häufig sind Einheimische hier beim gefährlichen Sammeln von Enten- und Miesmuscheln zu beobachten. Die Steinkreuze auf den Klippen erinnern daran, dass viele Fischer in der Brandung ihr Leben ließen.

Auf der Insel führen Wanderwege zu Aussichtspunkten wie dem Mirador de Fedorentos mit seinen Ausblick auf Onza und Cíes oder zum Burato do Inferno, dem "Höllenloch", an dem es steil in die Tiefe geht. Ons ist die größte und einzige bewohnte der Atlantikinseln. Noch knapp 20 Menschen erleben hier einen Alltag wie vor 50 Jahren. "Aber wir sind zufrieden. Wir haben unsere Ruhe und alles, was wir brauchen: Fisch, Kraken, Ziegen, Hühner und Gemüse", sagt Victoria und treibt ihre Ziegen in den Stall. In einem sogenannten Horreo aus Stein bewahrt sie Zwiebeln, Tomaten und Mais für die typisch galicischen Empanadas auf. Natürlich gehören in die gefüllten Teigtaschen auch frische Kraken.

Ons ist als das "Mekka der pulpos", der Kraken, bekannt. Lola Vidal bereitet sie im Restaurant "Casa Checho" mit grobem Salz, Olivenöl und Paprika zu. An den Stränden im Norden von Ons ist schon die Insel Sálvora sehen, die von Spaniens größter Kolonie von Gelbfußmöwen praktisch eingenommen ist. Vorbei an Hunderten von Miesmuschelbänken geht es per Segelboot in die Flussmündung von Arousa. Hier liegen nur wenige Hundert Meter vom Festland entfernt die ebenfalls zum Nationalpark gehörenden Inseln Malveiras und Cortegada mit ihrem Lorbeerwald.