Der Herausgeber des “Relax Guide“ klagt an: Es gibt zu viele nutzlose Angebote, vieles ist zu teuer und zu oft nur ein Etikettenschwindel. Ein Experte im Gespräch.

Hamburger Abendblatt: Apfelstempelmassage, Hautbehandlung mit Schokolade, Zupfmassagen und das Bierbad vom Heilpraktiker - alles Wellness oder was?

Christian Werner: Nein, eher nicht. Leider werden in vielen Hotels immer neue Verrücktheiten gesucht, um letztlich doch nur dasselbe zu inszenieren. Manche Hoteliers glauben halt, dass Sie die Wellness-Welt ständig neu erfinden müssten. Schuld sind aber auch manche Gäste: Sie sollten nicht fragen, was es Neues gibt. Sondern: Was ist gut, was wirkt wie?

Abendblatt: Genügt ein kurzer (und meistens teurer) Sinnenrausch an einem Wochenende? Oder sollte schon etwas mehr dabei herauskommen?

Werner: Nicht nur in Krisenzeiten will jeder für sein Geld möglichst viel Gegenwert erhalten. Aber bei nichtsnutzigen Therapien wie Schoko-Massage kann das nicht funktionieren. Das sind zumeist überteuerte und völlig wirkungslose Behandlungen. Schade um die Zeit.

Abendblatt: Was verbirgt sich hinter dem neuesten Trend Medical Wellness?

Werner: Häufig nur Etikettenschwindel. Denn überwiegend fehlt dabei das "Medical", also der Arzt. Auch hier gilt zu oft: Es wird unter neuem Namen teurer verkauft, was man schon bisher hatte: Massagen, Kosmetik, Beauty, ja sogar Nonsens-Behandlungen.

Abendblatt: Sollte nicht Wellness in erster Linie Prävention sein, mit der Zielsetzung, die Gesundheit und Lebensfreude zu steigern?

Werner: Genau. Wellnessurlaub, richtig verstanden und nach kritischem Hinterfragen gebucht, soll den Alltag für eine gewisse Zeit vergessen lassen. Man möchte sich erholen und verwöhnen lassen sowie gut und gesund essen und trinken.

Abendblatt: Bewahrt das Qualitätssiegel des Deutschen Wellness-Verbandes vor Enttäuschungen?

Werner: Uns jedenfalls nicht. Es gibt zahlreiche Fälle, wo wir die Bewertungen nicht nachvollziehen können. Da geht es nicht um Kleinigkeiten, sondern um Essenzielles, zum Beispiel um die Lage an einer vierspurigen Schnellstraße oder um deutlich zu wenige Liegen im Spa. Mich wundert das nicht: Der Wellness-Verband fragt nach 700 Kriterien; da kann man doch den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr erkennen. Uns interessieren nur die Punkte, die für den Gast wirklich wichtig sind: Lage, Ausstattung, Ambiente, Dienstleistungsqualität, Küche. Im Übrigen kann ich einen Verband nicht ganz ernst nehmen, dessen wichtigster Geschäftszweig es ist, Zertifizierungen zu verkaufen.