Gründer Rickmer Clasen Rickmers wurde auf der Insel geboren und lernte dort auf einer Werft sein Handwerk als Schiffbauer. Viele Orte erinnern heute noch an ihn.

Irgendwo ins grüne Meer hat Gott mit leichtem Pinsel, lächelnd wie von ungefähr, einen Fleck getupft - die Insel. (James Krüss, Onkel von Detlev Rickmers)

"Hier in der Green Line Bar, benannt nach den grünen Schiffen der Reederei", sagt Detlev Rickmers, "hat die Werft von Jacob Andresen Siemens gestanden, wo Rickmer Clasen Rickmers in die Lehre gegangen ist." Von 1823 bis 1826 war das, bis zu dem Jahr, als der visionäre Schiffbauer Siemens mit der Eröffnung einer Badeanstalt Helgoland zum Seebad machte.

Auf Spurensuche des berühmten Reeders R.C. Rickmers, der auf dem gut 60 Meter hohen Felsen Geschichte geschrieben hat, begibt sich jetzt der Hotelbesitzer Detlev Rickmers mit seinen Gästen. Man braucht nicht weit zu gehen, denn überall im Designerhotel "Insulaner" am Südstrand begegnet man dem berühmten Vorfahren dieser weit verzweigten Familie, mit dem er "irgendwie verwandt" ist. Auch James Krüss lebt als virtueller Gast mit Büchern und Zeichnungen im Hotel, denn Detlev Rickmers ist Neffe des bekannten Dichters und Kinderbuchautors.

Um 16.30 Uhr, wenn die "Eintagsfliegen" Helgoland verlassen haben, gehört der nur einen Quadratkilometer große Felsen samt vorgelagerter Badedüne wieder den Robben, den Insulanern und jenen Urlaubern, die die pollenfreie Luft und die autofreien Straßen auf Deutschlands einziger Hochseeinsel länger und intensiver genießen wollen. Dann zieht Detlev Rickmers mit seinen Gästen in den Tunnel, der im Hotelgarten mündet und vor über 100 Jahren als Anfang der Festungsanlagen des Deutschen Reiches gebaut wurde. Dort erklärt er per Multimedia-Show die Erfolgsstory des Familienclans, der hier seine Wurzeln hat und aus dem die Hamburger Reederei Rickmers hervorgegangen ist.

Nach der Einstimmung im Schrägtunnel führt die Zeitreise als Erstes zur Husumer Straße 90. Hier stand bis zur britischen Bombardierung aller Häuser 1945 das Geburtshaus von R.C. Rickmers, wo er am 6. Januar 1807 als Sohn eines Fischers zur Welt kommt. Es ist das Jahr der britischen Kolonialisierung der bislang dänischen Insel; die Engländer unterlaufen damit von Helgoland aus die Kontinentalsperre, mit der Napoleon den Handel mit England unterbinden will. Der rote Felsen wird zum Schmugglerparadies. Englands Handel im Süden läuft über Gibraltar, im Norden über Helgoland. Nie wieder sieht man hier einen solchen Reichtum an Geld und Waren wie in diesen Jahren. Doch 1814, nach der Niederlage Napoleons, platzt die schillernde Seifenblase, es folgt die große Katerstimmung. Auf Elbe und Weser will man keine "Ausländer" mehr als Lotsen. Leer sind die Lagerhallen, leer ist auch mancher Teller. Da ist Rickmer Clasen sieben Jahre alt.

1823 kann der junge Rickmers von Glück sagen, eine Lehrstelle als Schiffbauer anzutreten. Zumal der Werftbesitzer ihm als Vorbild für unternehmerischen Mut, Weitsicht und kluge Finanzierungen dient. Optimale Voraussetzungen für seine eigene Werft, die er 1831 in Bremerhaven gründen wird. Vorher beweist er noch seine Unabhängigkeit, als er Etha Reimers gegen den Willen des Vaters in Nordfriesland heiratet, weil der Helgoländer Pfarrer den Aufmüpfigen die Trauung verweigert. Wie tief verwurzelt die Familie Rickmers auf dem Hochseefelsen ist, zeigt die Häufigkeit des Namens. Schon 1514 hat ein Peter Ryckmers als Seemann und Fischer auf Helgoland seine Steuern gezahlt. Der Name Ryckmers bzw. Rickmers zieht sich durch alte Kirchenbücher und verwittert auf Grabsteinen.

Von einem Fahrstuhl hat R.C. Rickmers damals wohl noch nicht mal geträumt. Heute katapultiert er für 60 Cent Besucher zu verschiedenen Stationen seines Lebens vom Unter- ins Oberland. Wo ein Rundweg zum Wahrzeichen der Insel - der Langen Anna - führt und zu den roten Lummenfelsen, wo im Juni Hunderte von Jungvögeln zum "Lummensprung" in die Tiefe ansetzen.

Viele Wege führen zu dem bekannten Sohn der Insel - einen der interessantesten hat ein evangelischer Pfarrer gelegt. Pastor Mathias Dittmar ist seit letztem Oktober auf Helgoland im Einsatz. Neben Segeln ist die Internet-Schnitzeljagd "Geocatching" seine große Leidenschaft. Auf dem von ihm ins Netz gesetzten "Helgoländer Micro Pilgerpfad" führt der ehemalige Marinepastor mit dem Cachernamen "Aestiva" zu zehn Orten mit biblischem Bezug: "Damit möchte ich Gott und die Welt einander näherbringen", sagt er.

Vielleicht ruft er mit seiner Aktion verstärkt auch junge Besucher auf den Plan, die der Insel bislang noch fehlen. "Mit einer Viertelmillion verzeichnen wir jetzt wieder die Zahlen von 1957", sagt Detlev Rickmers. Über rund 870 000 Gäste konnte sich das "Capri der Nordsee" 1968/69 freuen. Inzwischen wurden viele Schiffsverbindungen eingestellt. Ein Teufelskreis. Doch es gibt Hoffnung. Mitte 2010 soll die Entscheidung fallen, ob eine Zuschüttung zwischen Helgoland und der Düne, die bis 1721 durch einem Naturdamm mit der Hauptinsel verbunden war, mehr Fläche bringen soll - für Hotels, für Geschäfte und Restaurants. Der Hamburger Bauunternehmer Arne Weber plant die Neulandgewinnung, die auch neue Arbeitsplätze schaffen würde. Nur 1200 Einwohner und 300 Saisonarbeiter leben heute auf der Insel.

Seit über 100 Jahren ist der einstige "Friseur mit Duft" - die heutige Parfümerie Frisia - mit hochwertigen Produkten "im Dienste der Schönheit" an der Hauptstraße Lung Wai ansässig. Trotz des drastischen Besucherrückgangs zeigt sich Geschäftsführer Andreas Cohrs im Großen und Ganzen zufrieden: "Mit Produkten im höheren Preissegment versuchen wir, Marktnischen abzudecken. Viel weniger gefragt sind allerdings Mitnahmeartikel wie preiswerte Düfte." Längst sind Butterfahrten ins zollfreie Paradies nicht mehr attraktiv.

Stürme toben auf den Original-Gemälden in der neuen Restaurant-Galerie des "Rickmers Insulaners", wo bestimmte "Gerichte mit Geschichte" den Gast näher an die Vergangenheit der Insel heranführen sollen - mit Stürmen war auch R.C. Rickmers in seinem Leben konfrontiert.

Live können auch Helgolandbesucher die Naturgewalten erleben. "Storm Watching" heißt die Kampagne, die Detlev Rickmers eingeläutet hat. Wer sich anmeldet, wird benachrichtigt, sobald ein Sturmtief aufzieht. Wo die Brecher besonders dramatisch an die Westmole krachen, stellen sich die Sturmbeobachter dann mit Kameras auf. Bisher, sagt Detlev Rickmers, sei allerdings noch jedes größere angekündigte Unwetter im Sande verebbt.