Ach, das waren noch Zeiten, als schon ein Blick auf den Geldschein genügte, um zu erkennen, in welchem Land man gerade Urlaub machte.

Auf den ziemlich abgegriffenen Papierlappen prangte neben vielen Nullen das Konterfei von Atatürk, und der freundliche Bankangestellte verwickelte den Urlauber beim Geldtausch meist noch in ein nettes Gespräch, um ihm zu erzählen, dass er einen Onkel in Stuttgart und einen Schwager in Wanne-Eickel habe. Heute ist alles anders. Zwar hat die Türkei inzwischen neue, handliche Geldscheine mit weniger Nullen, aber die bekommen die meisten Urlauber gar nicht zu Gesicht. Denn schon bei der Busfahrt vom Flughafen ins Hotel erklärt die Reiseleiterin: "Also, in der Türkei brauchen Sie kein Geld mehr zu wechseln, hier können Sie alles mit dem Euro bezahlen."

Willkommen im neuen Euro-Land! Auch wenn die Mitgliedschaft der Türkei in der EU noch in weiter Ferne liegt - im Tourismus scheint der Beitritt bereits vollzogen zu sein: Der Euro ist das Zahlungsmittel Nummer eins. Kein Kellner in den Strandrestaurants, kein Händler in der Basargassen zwischen Bodrum und Alanya, der dem Urlauber die Rechnung noch in Landeswährung präsentiert. Lira? Nein danke - Euro bitte! Und die meisten Urlauber scheinen das inzwischen als völlig selbstverständlich hinzunehmen. Ist ja auch viel bequemer - brauchen sie doch, wenn es ans Bezahlen geht, den Preis nicht mehr umzurechnen. Sie können sich wie zu Hause fühlen. Anders ist nur, dass vieles so schön billig ist - auf- oder abgerundet auf die glatte Summe von einem Euro: die Tasse Mokka ebenso wie der frische Orangensaft in der Strandbar, die kleine Portion Döner an der Straßenecke und sogar die Fahrt im überfüllten Dolmus zur nächsten Stadt.

Das Eurozeichen steht auf Speisekarten und leuchtet auf allen Preisschildern der unzähligen Teppichläden, Mode- und Ledershops. Ja, sagt Achmed, der in der Haupteinkaufsstraße von Antalya die kopierten T-Shirts und Jeans aller gängigen Nobelmarken verkauft (alles zwischen 5 und 15 Euro), selbst die englischen Türkei-Urlauber würden ihre Pfunde inzwischen in Euro tauschen. Und die Russen, die jetzt immer zahlreicher kämen, sogar ihre Rubel.

Hat die Türkei für den Tourismus ihre pekuniäre Identität aufgegeben? Nein, eine Ausnahme gibt es noch: Wer erleben möchte, dass das Land außer preiswertem Shopping auch kulturell einiges zu bieten hat, braucht türkisches Geld. Denn der Eintritt in staatliche Museen, Amphitheater oder archäologische Ausgrabungsstätten muss in Landeswährung bezahlt werden. Aber Sie können sicher sein: Auf dem Weg zur Kasse wird Sie ein netter Türke ansprechen, der Euro-Münzen sammelt, um sie Ihnen in Lira für das Ticket zu wechseln.