Rund 160 Kriterien entscheiden über die Bewertung. Doch nicht immer ist der Vermieter mit dem Urteil einverstanden.

Für den Tag der Prüfung war Vermieter Ralf Hinnerichs bestens gewappnet: Sein Ostsee-Ferienappartement am Schönberger Strand konnte mit einem nagelneuen DVD-Player aufwarten, dazu Computer mit unbegrenzter DSL-Internetflatrate, Faxgerät und Telefon - für die Gäste im deutschen Festnetz kostenlos nutzbar. Und auch bei der Einrichtung hatten die Hinnerichs "nichts dem Zufall überlassen", wie der Schleswig-Holsteiner betont: "Wir haben sogar die Bilderrahmen gestrichen und alles im blau-weißen, maritimen Stil eingerichtet."

Für die Unterhaltungselektronik vergibt der Deutsche Tourismusverband DTV in Bonn Punkte, jeweils vier für ein Gerät. Die zeitgemäße hochwertige, harmonisch aufeinander abgestimmte Einrichtung wird mit 48 Punkten belohnt. Das sind nur zwei von über 100 Kriterien, die am Ende über die begehrten Sterne entscheiden und die im Internetauftritt des DTV nachzulesen sind. Auch Ralf Hinnerichs hatte sich die Kriterien zur Klassifizierung von Ferienwohnungen ausgedruckt und sie Punkt für Punkt durchgearbeitet: "Bei unserer erster Ferienwohnung hatten wir die vier Sterne nur knapp verfehlt, jetzt wollten wir noch besser werden." Für den 43-Jährigen ist der DTV-Qualitätsstandard eine gute Sache: "Die Gäste können sich darauf verlassen und der Vermieter wird vergleichbarer." Ein Marketinginstrument, das bares Geld wert ist: Für sein Vier-Sterne-Appartement verlangt Ralf Hinnerichs pro Tag drei Euro mehr als für die Drei-Sterne-Wohnung im selben Haus.

Immer mehr Ferienhausanbieter in Schleswig-Holstein lassen sich klassifizieren, betont Catrin Homp, Geschäftsführerin im Kieler Tourismusverband. "Relativ gesehen sind wir Spitze." Zwar sind in Bayern noch mehr Ferienunterkünfte klassifiziert, aber dort gebe es auch viel mehr Quartiere. Werden Sinn und Nutzen von einigen Vermietern erkannt, ziehe häufig der ganze Ort nach. "Das schafft Transparenz."

Ganz anders sieht das Vermieter Karlheinz Przybylla. Seit fast fünf Jahren befindet sich der 86-Jährige im "Krieg der Sterne". Weil seine Ferienwohnung in Osterhever zunächst drei Sterne zugesprochen bekam, Przybylla sie aber nach den Anforderungen für vier Sterne eingerichtet hatte, klagte er - und bekam in der Nachprüfung nur noch zwei Sterne: "Das war geschäftsschädigend", sagt der Vermieter. Im Dezember 2008 ließ er seine Ferienwohnung erneut klassifizieren und erhielt die ersehnten vier Sterne. Für den Eiderstedter allerdings kein Grund zur Freude: "Es wird nach Gutdünken entschieden", meint Przybylla, der sich inzwischen sogar fünf Sterne ausgerechnet hat.

"Der Zeitgeist ändert sich und auch unsere Kriterien", erklärt Claudia Gilles, DTV-Geschäftsführerin. So seien Rauchmelder und Spülmaschine inzwischen weniger wichtig als Safe und Telefon. Was in welchem Zustand vorhanden ist und wie der Gesamteindruck der Ferienunterkunft ist, überprüfen einheitlich geschulte Prüfer. Die DTV-Chefin weiß, dass bei auch noch so klaren Kriterien ein Rest Subjektivität bleibt und so manche Ferienwohnung für den Tag der Prüfung mit einer teueren Kaffeemaschine bestückt wird, welche die Gäste nie zu Gesicht bekommen. Dennoch ist für Gilles die 15-jährige DTV-Klassifizierung eine Erfolgsgeschichte: "Drei Viertel der Gäste kennen die Klassifizierung. Davon begrüßen 90 Prozent das System und orientieren sich daran."

Im Spitzensegment sei die Auswahl allerdings gering: Nur 3,5 Prozent der 66 000 bisher klassifizierten Objekte dürfen sich mit fünf Sternen schmücken. Vielleicht auch, weil das ganz besondere, individuelle Angebot durch die Schablonen fällt: Adolf Bollmann, Betreiber des Ostsee-Stranddorfes Augustenhof, hat sich jedenfalls ganz bewusst gegen die Teilnahme an der Klassifizierung entschieden: "Das System bringt Orientierung in den Massenmarkt und es treibt Vermieter an, in ihre Wohnung zu investieren." Aber ein ökologisch orientiertes Feriendorf finde seine Zielgruppe nicht über Sterne: "Unsere Gäste fragen nicht danach."