Wer anderen die Vorfahrt nimmt, muss bis zu 92 Euro Strafe zahlen.

Der Mann ist schnell unterwegs. Zu schnell, wie Carabiniere Stefano Russo findet. Kurz entschlossen verfolgt der 26-Jährige den eiligen Skifahrer und stellt ihn nahe einer Skihütte. Ein kurzes Gespräch, dann winkt Russo den Raser durch. "Wir versuchen tolerant zu sein", sagt er fast entschuldigend. "Die Leute sind schließlich im Urlaub, und wir wollen ihnen den Spaß nicht verderben."

In den Dolomitentälern wird Sicherheit großgeschrieben. Gleich drei Sorten Polizei sind auf den Pisten unterwegs, als Retter und Helfer wie als Ordnungshüter: Alpini, Polizia und Carabinieri. Denn seit 2003 gibt es in Italien ein Pistengesetz, bisher das einzige in Europa. Es orientiert sich an den FIS-Pistenregeln, geht aber darüber hinaus. So gilt für Kinder bis 14 Jahre Helmpflicht, und das Aufsteigen auf der Piste ist verboten. Fehltritte können teuer werden. Wer einem anderen Skifahrer die Vorfahrt nimmt, muss mit 30 bis 92 Euro Strafe rechnen. "Normalerweise kassieren wir das Minimum", beruhigt Russo. Aber bei der Gefährdung anderer hört der Spaß für ihn auf. Flavio Soldatich (45), seit 20 Jahren bei der Polizia und seit zwei Jahren auf der Piste, sieht durchaus Parallelen zum Straßenverkehr. Ein Zusammenstoß wird geahndet wie ein Straßenunfall, erklärt er. "Wir hören Zeugen und ziehen den Schuldigen zur Verantwortung." Und Alkohol auf Skiern? Soldatich lacht. "Das ist das geringste Problem. Wenn einer nur lustig ist, machen wir nichts. Das ist ja nicht verboten." Bei unkontrolliertem Fahren schreiten die Ordnungshüter aber ein. "Entweder wir begleiten den Betrunkenen ins Tal, oder er muss die Ski abschnallen und mit dem Lift hinunterfahren." Auch Pistenrowdys werden ermahnt. Soldatich hat am Tag zuvor drei Strafen verhängt, weil Skifahrer trotz Lawinengefahr außerhalb der Piste unterwegs waren.

Die Strafen an den Mann (oder die Frau) zu bringen ist nicht immer einfach. "Wenn einer schnell flüchtet, hat er schon gewonnen", ärgert sich Carabinieri Russo. Einzige Chance: ein Kollege bremst den Delinquenten aus. Ungute Erfahrungen mit aggressiven Skifahrern hat der braun gebrannte Sonnyboy auch schon gemacht. Trotzdem ist er sicher, dass bereits die bloße Präsenz der Ordnungshüter für Abschreckung sorgt. "Das ist wie im Straßenverkehr. Und die Strafen sprechen sich herum."

Wenn Soldatich, Russo und Kollegen unterwegs sind, ist der schwere Rettungsrucksack immer dabei. Drin stecken Pflaster, Halskrause, Lawinensonde, Schaufel und Formulare - Handschellen sind nicht dabei. Zwischen 9 und 17 Uhr kann man die Ski fahrenden Ordnungshüter auf den Pisten treffen.