Heiter bis Wolkig

Ssssssssss . . . Klatsch! Sssssssss . . . Klatsch! Ssssssssssss . . . Klatsch! Das ist kein tropfender Wasserhahn, das sind Jagdszenen aus meinem Hotelzimmer. Und sie hat doch überlebt, diese Mistmücke. Genauso wie die fünfhundert anderen, die diese Nacht durch meine schwüle Behausung schwirrten. Ideale Bedingungen finden sie hier, denn es gibt keine Klimaanlage. Auch keine Fliegengitter, die den Anflug bei geöffnetem Fenster verhindern würden. So beschert mir das "Steigenberger Strandhotel" vier unvergessliche Nächte. Hautnahe Erlebnisse zwischen Mensch und Tier. Oder kurz: Zerstochen auf dem Zingst.

In der ersten Nacht habe ich noch Ambitionen, nehme den Kampf gegen die Moskitos auf. Schlage mit Badelatschen, Handtüchern und der flachen Hand auf die Insekten ein. Vergeblich. Ich habe mehr Mücken im Zimmer als der Zingst Einwohner hat. Ob ich bei offenem Fenster meine Nachttischlampe ein- oder ausknipse, ist völlig egal. Mücken sehen ihre Opfer nicht, sie riechen sie. Vor allem, wenn die Opfer schwitzen. So wie die Gäste in einem Hotelzimmer, das keine Klimaanlage hat. Deshalb lieben Stechmücken Steigenberger so. Jedenfalls das hier oben. Mich hat das Hotel im Stich (!) gelassen.

Dabei ist der Zingst zauberhaft. Nördlich die Ostsee, südlich die Boddenlandschaft. Fahren Sie hin, wirklich, aber nehmen sie in dieser Zeit ihren Apotheker mit. Allerdings nicht den, der Ihnen indische Melisse oder anderen Schnickschnack gegen die stechenden Schnaken verkauft. Mag sein, dass die Mücke nach der Melisse reflektierter sticht - aber sie sticht. Oder dieser Unsinn mit dem Ultra- schall. Ich zitiere mal aus einer Werbeanzeige: "Zwei Lautsprecher erzeugen extrem hohe Tonsignale (30 000 bis 65 000 Hz). Damit die Tiere (die Mücken sind gemeint) nicht gegen den Ton immun werden, wechselt die Frequenz ständig." Das mag funktionieren, wenn man ständig zwischen Radio Hamburg und Oldie 95 hin- und herschaltet. Aber dieses Ultraschallgerät vertreibt keine einzige Mücke. Da hat ein Presslufthammer mehr Wirkung. Doch der ist in einem Hotelzimmer nachts um drei Uhr nur bedingt zu empfehlen. Also Autan. Die haben ja ihre Produktpalette deutlich erweitert, zumindest auf dem Zingst: Es gibt Lotion, Spray, Pumpspray und Tücher für unterwegs. Und genau damit habe ich mich in der zweiten Nacht eingerieben und eingesprayt. Das hat zwar die Anzahl der Mückenstiche um die Hälfte reduziert, aber ich hatte das Gefühl, ich schlafe in einem Chemielabor.

Wäre ich bloß David Copperfield. Der macht aus der Mücke einen Elefanten. Und bis der mit dem Rüssel sticht, das kann dauern.

In der dritten Nacht probiere ich es mit gelebter Emanzipation: Bekanntlich stechen nur die weiblichen Moskitos. Da ich Gewalt gegen Frauen ablehne, erschlage ich in der Nacht keine einzige Mücke. Am nächsten Morgen sehe ich aus wie ein Streuselkuchen. Als ich nach vier Tagen den Zingst verlasse, steht der Entschluss fest: Ich komme wieder. Im Dezember bei Frost. Da kriegt keine Mücke einen Stich!