Kurs auf Bora Bora und Tahiti: An Bord einer gemieteten Yacht entdeckt der Urlauber die Südsee aus einer attraktiven Perspektive.

Sie spielen mit uns. Und haben ganz offensichtlich großen Spaß. Jedenfalls, wenn man ihre übermütigen Luftsprünge, ja olympiawürdigen Salti entsprechend deuten darf. Man darf: Die Delfine sind da. Am zweiten Tag unseres Urlaubs - wir passieren soeben die östliche Riffeinfahrt der Insel Tahaa in Französisch Polynesien - umzingeln uns die Meeressäuger, als wollten sie uns ein "Maeva, manava" (Willkommen) zuschnattern. Sie eröffnen gar ein Wettrennen mit unserer - so glaubten wir zumindest - schnittigen 17-Meter-Yacht, die nun nicht die Spur einer Chance hat gegen diese eleganten Wellenreiter.

Nach zehn Minuten ist alles vorbei. Wir finden zurück in die Wirklichkeit. Aber kann das jemand alles begreifen, was in diesem 360-Grad-Kino zum Besten gegeben wird? Da ist die Lagune zwischen Riff und Insel, mal tintenblau, mal grünlichblau, mal smaragdgrün schimmernd - je nach Tiefe des Wassers. Da sind die kleinen, palmengesäumten Inselchen, die sogenannten Motus mit zuckerweißem Sandstrand, unbewohnt. Ihr Anblick erscheint fast kitschig. Da ist der Rochen, der mit langsamen Flügelschlägen scheinbar schwerelos unter dem vor Anker liegenden Boot dahingleitet. Und da sind die bunten Südseefische, die wir vom Schiff aus bestaunen.

Beim anschließenden Tauchgang sehen wir auch noch mal ganz aus der Nähe, was die Gewässer Französisch-Polynesiens so alles zu bieten haben. "Das ist ja fast wie Ankern im Aquarium," begeistert sich mein Freund Klaus, der zu Hause als Künstler und Maler wirkt. Das Farbenspiel ringsum macht ihn "ganz fertig". Denn hinzu kommt die ferne, sattgrüne Vulkanspitze der Hauptinsel inmitten des Riffgürtels, und auch die pittoresk bepinselten Häuser der Einheimischen leuchten wie bei Friedensreich Hundertwasser. Doch still ist es nicht. Dafür sorgt das Brüllen und Donnern der mächtigen Pazifikbrandung, die auf den vorgelagerten, schützenden Korallenring einhämmert und deren Gischtfahnen der Wind meterhoch treibt.

Wie viel Paradies kann der Mensch eigentlich ertragen? Offensichtlich eine ganze Menge. Jedenfalls, wenn man am Ende der Welt für zwei oder drei Wochen, neun Flugstunden entfernt vom smoggequälten Los Angeles, den Seelen-Akku neu lädt. Mehr als die Hälfte der Deutschen träumt davon, ein einziges Mal im Leben Urlaub in der Südsee zu machen. Nur wenige leisten es sich. Denn die Welt der "Trauminseln" gilt gemeinhin als besonders teuer. Und in der Tat: Wer auf den Gesellschaftsinseln in Französisch-Polynesien ein halbwegs komfortables Hotel mit guter Lage bucht, muss für einen zweiwöchigen Urlaub durchaus mit 6000 Euro rechnen - pro Person. Ganz abgesehen einmal von den in die Lagune übers Riff gebauten Fünf-Sterne-Bungalow-Resorts mit den nachts beleuchteten Glasfußböden. Dort schlägt eine Übernachtung schon mal mit 1000 Euro oder mehr zu Buche.

Sicher, auch wenn Segeln als eine eher teure Art gilt, nicht unbedingt komfortabel zu reisen, ist doch in diesen Breiten das Schippern unter weißem Tuch genau die richtige und vergleichsweise preiswerte Art, sich angemessen fortzubewegen. Ab gut 2500 Euro mit Flug lässt sich solch ein Törn pro Person finanzieren. Zudem lernt der Reisende auf einem Segeltörn auf äußerst angenehme Weise viele Inseln des Archipels kennen. Zum anderen bieten die modernen Charteryachten mittlerweile (fast) jeden Komfort, vom Tiefkühlaggregat über den Backofen bis hin zum CD-Player. Dusche und Toilette sind meist für jede Kabine Standard. Und wen das Stampfen von Einrumpfyachten stört, der kann die Reise weitestgehend ohne Schaukelei und mit enormem Platzangebot auf einem der breitbeinigen Katamarane genießen.

Einen eigenen Segelschein muss man für diese Art von Urlaub nicht haben. Denn alle Schiffe lassen sich, zum Beispiel für einen Freundeskreis, mitsamt Skipper - und sogar Köchin - mieten oder man nutzt das Angebot einer Flottille und bucht lediglich eine Kabine oder Koje.

Am nächstenTag nehmen wir Kurs auf Bora Bora, nach Weltbestsellerschreiber James Mitchener "die schönste Insel der Welt". Bei gutem Wind erreichen wir die Riffpassage in fünf Stunden. Überhaupt: Unser Revier der nordöstlichen Inseln von Tahiti (Raiatea, Tahaa, Bora Bora, Maupiti und Huahine) erfordert keine übermäßig langen Segelzeiten. Auch gibt es hier keine Armada aus Tausenden von Charterschiffen, wie zum Beispiel in der Karibik, wo man bisweilen glaubt, über die ankernden Schiffe an Land laufen zu können.

Auf Raiatea bedienen nur wenige Charterunternehmen mit ihren insgesamt etwa 150 Yachten die weitgereiste internationale Klientel. In der Nähe des Insel-Flughafens, wenn man die Piste so nennen will, liegt zum Beispiel die Basis von Moorings, dem weltgrößten Charterunternehmen mit rund 40 Booten.

Hier haben wir unsere Yacht übernommen, zuvor wurden wir vom Basispersonal am Flughafen mit einem Blumenkranz begrüßt. In der Marina weist uns der örtliche Chef höchstpersönlich auf der Yacht ein. Die Betten sind gemacht und der Willkommens-Drink wartet, Eis, Bier und Coca-Cola sind im Kühlschrank, und auch alle anderen hundert Dinge, die so zum Beginn eines Törns zu tun sind, gehen flüssig von der Hand. Man muss es ihnen lassen: Auf der internationalen Charterskipper-Skala würde diese Basis sicher mit acht oder gar neun von zehn möglichen Punkten abschneiden.

Doch jetzt rauschen wir kurz vor der Ansteuerungstonne von Bora Bora um die Ecke. Noch drei traumhafte Seemeilen vor der dramatischen Kulisse dieses Eilands. Unsere "Tapio", zu Deutsch "Papageienfisch", gleitet in die große Lagune, die sich um die gesamte Insel erstreckt. Die Erwartungen der Gäste sind mindestens so hoch wie der heilige, 700 Meter steil emporragende Berg Oteanu und sein basaltener Nachbar Pahia. Wir sind - auf Bora Bora!

Abends, auf dem Ankerplatz zu Füßen des Vulkans, nach dem in diesen Breiten üblichen, beinahe schnulzig-unwirklichen Sonnenuntergang, gehen die Meinungen dann allerdings auseinander. Einige haben eine Inselrundfahrt mit dem Fahrrad unternommen und klagen über die vielen knatternden Mopeds, Trucks und Hotel-Shuttles, über die Fülle an neu gebauten Hotelresorts - mittlerweile säumen sie nahezu die gesamte Ostseite der etwa zwölf Kilometer langen Insel - und über die vielen Besucher von Kreuzfahrtschiffen. Unsere Schnorchler hingegen schwärmen vom Revier nahe dem traditionsreichen "Bora Bora Hotel" - wohl einem der schönsten der Welt.

Einig ist man sich schließlich aber wenigstens über den Sonnenuntergang: Im "Bloody Marys", südlich des quirligen Hauptortes Vaitape, kommt er wirklich gigantisch gut rüber.

Nach zwei unbeschwerten Segel-, Bade-, Schnorchel- und Tauchtagen geht es zurück nach Raiatea, wo die Bootsmannschaft während eines kurzen Stop- overs in der Moorings-Basis Trinkwasser, frische Bettwäsche, Handtücher und viel Würfeleis (auch für die Longdrinks) entgegennimmt - alles im Charterpreis enthalten. Danach folgen noch unvergessliche Tage und Nächte auf den vom Tourismus weitgehend verschonten Inseln Huahine und Tahaa.

Der letzte Abend gehört Leo und Lolita mit ihrem Restaurant "L'Hibiscus". Der Rhythmus der Trommeln und das Lachen der Gäste locken uns an Land. Wir kosten noch einmal Poisson Cru, das Nationalgericht aus rohem Fisch mit einer Marinade aus Limonensaft, Zwiebeln, Knoblauch, grünem Pfeffer, Tomaten und - am wichtigsten - der Kokosnussmilch. Wir genießen noch einmal das leckere Hinano-Bier und stoßen auf die gelungenen Tage und den Sonnenuntergang an, wonach wir alle in ein zufriedenes Schweigen übergehen. Am nächsten Morgen - und das ist jetzt kein Seemannsgarn - auf dem letzten Schlag zurück zur Basis, an der Einfahrt von Tahaa, sind sie wieder da: die Delfine. Sie schlagen ihre Purzelbäume und rufen uns (scheinbar) zu: "Parahi, nana" - auf Wiedersehen.