Restaurants müssen schließen, Kinos sind in Gefahr, immer mehr Modeketten kommen - die Prachtallee verändert ihr Gesicht.

Paris. Die Champs-Élysees erstrahlen in diesen Tagen in hellem Glanz, und Touristen fotografieren in Scharen die blinkende Lichterflucht zum leuchtenden Riesenrad am Place de la Concorde. Eine halbe Million Menschen hat die Silvesternacht auf der "schönsten Avenue der Welt" gefeiert. Doch die "echten" Pariser machen sich rar. Denn die alte Schlendermeile hat für sie viel von ihrer Anziehungskraft verloren, weil immer mehr internationale Ketten die alteingesessenen Geschäfte und Restaurants vertreiben.

"Die Avenue der Champs-Élysees steht auf der Kippe", sagt der Bürgermeister des 8. Pariser Arrondissements, François Lebel. "Sie ist nicht mehr außergewöhnlich, aber noch nicht banal." Drastischer sieht es der Londoner "Telegraph": "Mein Gott, die Champs-Élysees werden zur Oxford Street", jammert das Blatt - die Londoner Einkaufsstraße ist von Fast-FoodKetten und Sportläden verschandelt.

McDonald's bietet hier seine Gerichte im Wettbewerb mit Pizza Pino und Planet Hollywood. Benetton und Gap streiten mit Naf Naf und Lacoste, mit Celio und Zara um die Kunden. Gerade hat Adidas seinen größten Laden auf den Champs-Élysees eröffnet und es damit Nike nachgemacht. Und jetzt drängen Nespresso, Esprit und H&M auf die Prachtallee und suchen einen Platz zwischen den Schauräumen von Mercedes, Peugeot und Toyota.

Wo Neues kommt, muss Altes weichen. Esprit wird in die Räume des Restaurants "Les Cascades" ziehen. Die Modekette soll 9100 Euro Jahresmiete zahlen - pro Quadratmeter. Wer da mithalten will, muss selbst Luxuswaren feilbieten oder die Ausgaben als Werbeinvestition ansehen. Denn 100 Millionen Besucher im Jahr bieten einen hohen Aufmerksamkeitsgrad.

Restaurant Le Fouquet's als "Ort des Gedächtnisses"

Jetzt ruft der Trend die Pariser Politiker auf den Plan. Denn der Mythos der Flaniermeile ist in Gefahr. Disney-Stores und Marlboro-Classics bieten keinen Ersatz für schließende Kinos und Restaurants. Fast schon verloren wirkt das Restaurant Le Fouquet's, das als "Ort des Gedächtnisses" gerettet wurde. Das Traditionskino UGC Triomphe will wegen einer Mieterhöhung schließen. Auch das Schwesterkino UGC Normandie gleich neben dem Lido hat Probleme.

Die Stadt Paris soll jetzt ein Vorkaufsrecht bei Geschäftsaufgaben erhalten. Bereits 39 Prozent der 332 Geschäfte an den Champs-Élysees sind Bekleidungsläden. Ein Entwicklungskonzept soll auch Sportveranstaltungen und Feste mit einbeziehen. Erstes Opfer könnte H&M werden: Ein neuer 2800 Quadratmeter großer Laden darf vorerst nicht öffnen.