Montreal: Ende Oktober gibt sich die kanadische Metropole morbide. Zu Halloween sind rastlose Seelen und Monster unterwegs.

Dumpfe Trommelschläge hallen durch das Labyrinth der Altstadt von Montreal. Der Mond wirft ein fahles Licht, Schatten huschen über die Häuserfassaden. Plötzlich gellt ein Schrei durch die Nacht, die Trommeln werden lauter. Wer Montreal in der kanadischen Provinz Queebec in den letzten Oktobernächten besucht, kann erleben, wie Alpträume wahr werden: Sobald die Sonne versinkt, geistern in den Nächten vor Halloween Monster, Hexen, Vampire und rastlose Seelen durch das Viertel am Hafen.

So ist es auch an diesem Abend: Am Ende der Straße tragen grimmige Gestalten in knöchellangen Mönchskutten Laternen vor sich her. Dahinter marschieren schwarzgekleidete Sargträger mit einer in weißes Tuch gehüllten leblosen Gestalt auf einer Bahre. Skelette tanzen hinterher, im Takt der schauderhaft scheppernden Musik.

Am Sonnabend vor Halloween zieht diese Beerdigungs-Prozession durch Montreals "Vieux Ville", in diesem Jahr am 29. Oktober. "La Grande Mascarade" heißt das Spuk-Spektakel. Für Angsthasen ist das nichts - die sollten an Halloween lieber einen Bogen um die Stadt machen.

Das Wort Halloween stammt vom altenglischen "All Hallows eve", dem Wort für den Vorabend von Allerheiligen. Die Tradition, die im 19. Jahrhundert mit irischen Einwanderern nach Nordamerika kam, geht auf das Neujahrsfest der Kelten zurück. Doch nicht nur die Druiden in Irland und Schottland, sondern auch in Nordfrankreich beheimatete Kelten feierten das finstere Fest, betonen die Franco-Kanadier. Besonders Verrückte pilgern in Montreal mitternächtlich zum alten Friedhof auf dem 223 Meter hohen Mont Royal und lauern dort auf Gespenster. Das Archäologie-Museum Pointe-Callière hat Schauspieler angeheuert, die in finsteren Gewölben Spukgeschichten erzählen. Wer sich traut, begibt sich auf einen "Ghost Walk" (Geister-Spaziergang) durch die Altstadt, wo von Blut überströmte Gestalten aus dem Dunkel hervortreten und von Mord und Totschlag in der französischen Kolonialzeit erzählen - die Gänsehaut ist im Tour-Preis inbegriffen.

Auf der Place Jacques-Cartier ist das Zentrum des Grauens mit bizarren Happenings wie den "Leegendes Insolites": Figuren, die aus überlebensgroßen Büchern herausgucken und ihre Horrorgeschichten mit schriller Stimme erzählen, so daß einem kalte Schauer über den Rücken laufen. Im historischen Marche Bonsecours, einem Prachtbau von 1847, steigt ein extravaganter Kostümball. Zum Tanz der Vampire erklingt neben Technoklängen die Musik eines Streichquartetts.