In Japan schon lange ein Trend: Schnurrende Katzen sorgen in Cafés für Entspannung. Eine Japanerin importierte die Idee nun nach Wien.

Wien. Die Nase lässt sich nicht austricksen. Bevor das erste Tier im Blickfeld auftaucht, ahnt auch der unwissende Besucher, was das Besondere an dem kleinen, hellen Café nahe dem Stephansdom in der Wiener Innenstadt ist. Der Geruchssinn signalisiert: „Katze“. Nicht penetrant, aber unverkennbar. Kein Wunder, gehören doch fünf Katzen zum Inventar des Café Neko (japanisch für Katze). Aufgabe der Tiere: sich streicheln lassen und Geduld mit den Menschen haben.

Eröffnet hat dieses Café der neuen Art Anfang Mai die Japanerin Takako Ishimitsu, eine kleine, ernste Frau mit Brille und einem Faible für Katzen. Seit Tagen erklärt sie zwischen den Gästen ihre Idee: „Ich kenne Katzencafés aus Japan und finde, es ist etwas Tolles für ältere Menschen, die keine eigenen Katzen haben können.“

Eigentlich wollte Ishimitsu zehn Katzen aus dem Tierheim ins Café holen. Die Verhandlungen mit dem Gewerbeamt, der Tierschutzbehörde, dem Tierheim, der Wirtschaftskammer und weiteren Anlaufstellen in der an Behörden nicht gerade armen Stadt Wien dauerten länger als ein Jahr. Genehmigt wurden sechs Katzen. Die Anforderungen: ausgeglichen, lärm- und stressresistent, gruppentauglich, häuslich, stubenrein und menschenfreundlich.

+++Prunk und Prominenz: Wien feiert berühmten Opernball+++

+++Contantin dreht Kampusch-Film in München und Wien+++

Trotz eines umfangreichen Auswahlverfahrens aus 700 Katzen im Tierheim musste Ishimitsu ein Tier zu Hause statt im Café einquartieren. „Er war zu scheu. Er kann hier nicht glücklich sein“, sagt sie und guckt dabei so traurig, als ob sie selber gerade auf Hundetrainerin umsatteln müsste.

Im Katzenkaffeehaus blieben zwei Kater der amerikanischen Rasse Maine Coon mit langem, buschigen Schwanz sowie drei europäische Hauskatzen. Sie laufen über Bretter an den schlichten Wänden und springen auf die mit Filz beklebten silbernen Belüftungsrohre unter der Decke.

Um Gäste nicht zur Tierfütterung zu verleiten, bietet die Speisekarte Reisbällchen, Tofutaschen und Eis – nicht gerade das Lieblingsfutter von Katzen. Ebenso ungewöhnlich für Wien: Es gibt nur eine Kuchensorte. Dafür aber neben japanischem Tee bekannte Kaffeespezialitäten wie Melange, Einspänner oder kleiner Brauner.

Auf der Karte werden die Katzen mit Namen, Foto und Charakter vorgestellt. Gründliches Lesen lohnt sich. Über Sonia, tiefschwarz, heißt es: „Nichts für Anfänger. Sie sitzt gerne auf dem Schoß, zeigt aber genau, was sie nicht möchte. In diesem Fall beißt sie.“

Ganz vertraut das Café aber weder der Vernunft der Menschen noch der Geduld der Katzen. Man habe „immer ein Pflaster und Desinfektionsmittel verfügbar“, steht auf der Speisekarte. Angesichts katzenbegeisterter Rentnerinnen und katzenunerfahrener Kleinkinder kann Verbandszeug nötig werden.

An einem der ersten Tage entscheidet sich eine Katze auf der Flucht vor einem begeisterten Zweijährigen allerdings gegen den Einsatz der Krallen und für die Flucht auf einen Birkenstamm, der als Kletterbaum im Café steht.

Eine andere Katze verirrt sich auf ein Podest an der Wand. Eine ältere Dame springt auf und zieht sie, begleitet von den Worten „Komm Schatzi, komm Schatzi, wir retten dich“, wieder herunter. Etwas Fauchen reicht aber und die Katze gewinnt ihre Freiheit zurück. Tier und Mensch sind zufrieden.

Touristen fotografieren die Katzen, als seien sie vom Aussterben bedroht. Noch größer ist die Begeisterung bei weiblichen Gästen in höherem Alter. „Die Idee ist ganz, ganz sensationell“, sagt eine gut gekleidete Frau. Eine andere spricht über veganes Katzenfutter.

Die Katzen lassen sich von dem Trubel nicht in ihren Rückzugsraum vertreiben. Vielleicht beruhigt sie auch eine feste Café-Regel: Hunde müssen draußen bleiben.

Café Neko (Blumenstockgasse 5, 1. Bezirk, 1010 Wien, Österreich)